Filesharing - Wer haftet für das WLAN?

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Immer wieder stellt sich die Frage, wer eigentlich haftet, wenn Filesharing über ein offenes WLAN betrieben wird. Ist das neben dem meist unbekannten Täter etwa auch der Anschlussinhaber? Eine Reihe von Urteilen und Gesetzesänderungen haben hier Klarheit gebracht.

„Sommer unseres Lebens“

Die erste Entscheidung des BGH, die sich überhaupt mit Filesharing beschäftigte, war die Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ (Urt. v. 12.05.2010, Az. I ZR 128/08), und gleich ging es um ein WLAN. Neben der wesentlichen Feststellung, dass zunächst vermutet wird, dass der Anschlussinhaber auch Täter des Filesharings ist, er diese Vermutung aber erschüttern kann, meint der BGH, dass der Anschlussinhaber als Störer hafte, wenn er sein WLAN nicht absichert.

Wenn jemand einen WLAN-Anschluss betreibt, muss er sicherstellen, dass dieser ausreichend geschützt ist, um Urheberrechtsverletzungen durch unbekannte Dritte zu verhindern. Auch Privatpersonen müssen ihr WLAN durch ein individuelles Passwort schützen, um Missbrauch durch andere zu verhindern. Ein voreingestelltes Standardpasswort soll nicht ausreichend sein. Der BGH hat später in seiner Entscheidung „WLAN-Schlüssel“ (Urt. v. 24.11.2016, Az. I ZR 220/15) konkretisiert, dass ein voreingestelltes individuelles Passwort jedenfalls ausreichend ist.

Das WLAN muss schon bei der Installation gesichert werden. Sicherungspflichten entstehen nicht erst, wenn die erste Abmahnung da ist.

Es ist jedoch nicht notwendig, dass Privatpersonen ständig ihre Netzwerksicherheit aktualisieren oder viel Geld dafür ausgeben. Und dann kam der EuGH und änderte alles.

Der EuGH (McFadden / Sony)

Ein Geschäftsinhaber stellte ein kostenloses WLAN zur Verfügung, um Kunden anzuziehen. Der entschied, dass er einen sog. Dienst der Informationsgesellschaft erbringt. Er haftete nicht für Rechtsverletzungen, die Dritte über sein WLAN begehen. Der Geschäftsmann muss keine Abmahn- oder Gerichtskosten erstatten und keinen Schadensersatz leisten.

Der EuGH (Urt. v. 15.09.2016, Rechtssache C-484/14) hält es aber für mit europäischem Recht vereinbar, dass der Geschäftsmann verpflichtet wird, sein WLAN mit einem Passwort zu schützen Damit könne Rechtsverletzungen wie Filesharing vorbeugt werden. Die Nutzer müssten dann ihre Identität offenlegen, um Zugang zum Netzwerk zu erhalten; damit würde vor Filesharing abgeschreckt.

heutiger Rechtsstand

Das betraf aber nur Geschäftsleute. Für Privatpersonen galt weiter "Sommer unseres Lebens" und daher die sofortige Passwort-Pflicht. Dies führte zu einer breiten Diskussion, weil es nicht verständlich war, warum Geschäftsleute bessergestellt sein sollten als Privatpersonen. Am Ende wurde dann das Telemediengesetz (TMG) geändert:

Heute gilt in Deutschland jeder, der ein offenes WLAN anbietet, als Diensteanbieter im Sinne des TMG, also Private und Geschäftsleute. Nach § 8 Abs. 1 TMG sind sie für Filesharing, das über ihr WLAN begangen wird, nicht verantwortlich.

§ 8 Abs. 4 TMG bestimmt darüber hinaus, dass WLAN-Anbieter nicht verpflichtet werden dürfen, ihr WLAN mit einem Passwort zu schützen oder gar Nutzerdaten zu speichern. Diese Zwangsmaßnahmen, die mit europäischem Recht vereinbar wären, sind nach deutschem Recht verboten.

Das ist zwar nicht das Ende der sog Störerhaftung, wie immer wieder behauptet wurde, aber doch das Ende der Störerhaftung des WLAN-Anbieters.

Dann ist ein offenes WLAN sicher?

Trotzdem raten wir dazu, ein WLAN mit einem Passwort zu schützen. Obwohl WLAN-Betreiber in bestimmten Fällen nicht mehr für Unterlassung und außergerichtliche Kosten haftbar gemacht werden können, bleibt ein grundlegendes Problem bestehen: Sie können nämlich immer noch abgemahnt werden. Bei Filesharing über das heimische WLAN wird der Anschlussinhaber abgemahnt, da er den Internetzugang bereitstellt und von den Rechteinhabern über seine IP-Adresse ermittelt wurde. Wir hatten hier dazu berichtet.

Abmahnkanzleien wie Frommer Legal können nicht wissen, dass Filesharing über einen offenen WLAN-Zugang erfolgt ist. Der WLAN-Betreiber muss daher darlegen, dass er die Urheberrechtsverletzung nicht selbst begangen hat, sondern lediglich ein offenes WLAN angeboten hat und dass es für Dritte möglich war, dieses WLAN zu nutzen. In einem vom LG Köln entschiedenen Verfahren (Urt. v. 23.09.2021, Az. 14 S 10/20) wurde die Anschlussinhaberin verurteilt, weil ihr Vortrag zum WLAN zu dürftig war. Sie hatte nämlich nicht dargelegt, dass Dritte von außerhalb ihrer Wohnung auf ihr WLAN zugreifen konnten. Sie hatte seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt und wurde trotz des offenen WLAN als Täterin des Filesharing angesehen. Ausdrücklich stellt das LG Köln fest, es sei erforderlich, 

„dass der Anschlussinhaber die ernsthafte und nicht nur theoretische Möglichkeit darlegen muss, dass ein Dritter die Tat begangen hat. Dies ist allerdings mit der bloßen Behauptung der Beklagten, sie habe einen Freifunk-Knoten eingerichtet, indem sie Freifunk-Firmware auf ihren (einzigen) Router aufgespielt habe, nicht gegeben. […] Denn nur wenn feststeht, dass Dritte über WLAN den Anschluss der Beklagten nutzen konnten […], mag das Haftungsprivileg aus § 8 TMG eingreifen. Das Amtsgericht hat jedoch zutreffend angenommen, dass auch auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten gerade nicht feststeht, dass Dritte auf den Anschluss der Beklagten zugreifen konnten, sei es über WLAN, sei es über einen Freifunk-Knoten oder auf sonstige Weise, die ernsthaft als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen.“

Was soll ich tun?

  • Sichern Sie Ihr WLAN ab, um die Gefahr von Filesharing-Abmahnungen zu minimieren.
  • Filesharing-Abmahnungen dürfen auch bei WLAN-Konstellationen nicht ignoriert werden.
  • Grundsätzlich haften Sie nicht für Filesharing, dass Dritte über Ihr WLAN begehen. Sie müssen aber darlegen, dass das Filesharing durch Dritte überhaupt möglich war.
  • Reagieren Sie bei einer Filesharing-Abmahnung ruhig
  • Lassen Sie sich nach Erhalt einer Filesharing-Abmahnung von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten.

Filesharing-Abmahnungen – kostenlose Ersteinschätzung

Die Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte bietet allen Betroffenen einer Filesharing-Abmahnung von Frommer Legal oder anderen Kanzleien eine kostenlose Ersteinschätzung an. Hierbei können den Anschlussinhabern Wege sowie Chancen und Risiken einer Verteidigung aufgezeigt und weitere Fragen schnell und kompetent beantwortet werden. Die Anwälte der Kanzlei stehen Betroffenen bis 19.00 Uhr persönlich zur Verfügung und helfen gerne weiter.


Die Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte unterstützt:

  • Seit nunmehr 15 Jahren aktiv
  • Mehr als 10.000 Filesharing-Mandate
  • Kennt die Gegner auch aus Gerichtsverfahren
  • Weiß stark zu verhandeln
  • Ist transparent und berechnet fair

Die Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte kämpft für Anschlussinhaber. Selbst wenn sich keine Fehler in der gegnerischen Aufstellung finden lassen, können unsere Anwälte gerade in WLAN-Fällen eine erfolgreiche Verteidigungsstrategie erarbeiten, für Sie in den Kampf gehen und den Schaden minimieren. Rufen Sie uns an und erfahren Sie mehr. Gerne dürfen Sie uns auch eine E-Mail schreiben oder die Homepage der Kanzlei besuchen. Hier gibt es neben weiteren Tipps zu Filesharing-Abmahnungen auch zahlreiche Informationen zu anderen spannenden Themen. Die Telefonnummer der Kanzlei finden Sie oben rechts neben diesem Beitrag im Kästchen.

Foto(s): Adobe Stock

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