Gesetzliche Erbfolge in Spanien

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Dies ist der fünfte Teil unserer kleinen Serie zum spanischen Erbrecht. Alle Teile finden Sie hier auf anwalt.de oder auf YouTube: Rechtsanwalt Burkhardt Jordan erläutert alle Details vor der Kulisse Mallorcas. Klicken Sie einfach auf das Video über diesem Artikel.

Findet spanisches Erbrecht des spanischen Zivilgesetzbuches und nicht ein Provinzialrecht Anwendung, so gilt in Grundzügen folgendes:

Erben können natürliche Personen (Menschen) und juristische Personen (Körperschaften wie eine GmbH oder eine Stiftung).

Erbunfähigkeit

Es gibt im spanischen Erbrecht zahlreiche Erbunfähigkeitstatbestände, die sich vom deutschen Recht z.T. erheblich unterscheiden, und die auf historische Ursachen zurückzuführen sind. So gibt es ausführlichste Regelungen zur Erbunfähigkeit von Priestern und deren Angehörigen sowie kirchlichen Gemeinden und Anstalten, die in einem lange von der katholischen Kirche dominierten Land Missbräuchen vorbeugen sollen. Dies kann aber dazu führen, dass gemeinnützige Absichten eines Deutschen, der in Spanien verstirbt und testamentarisch eine kirchliche Einrichtung bedenken wollte, vereitelt werden, weil die Kirche im Einzelfall schon gesetzlich erbunfähig sein kann.

Erbunwürdigkeit wegen Unzuverlässigkeit?

Außer der Erbunfähigkeit kennt auch das spanische Recht die Erbunwürdigkeit. Dabei knüpft das spanische Recht nicht wie das deutsche Recht an eine Verurteilung an, sondern an zahlreiche, auch nicht immer ganz klare Voraussetzungen. Diese müssen nur für sich genommen vorliegen, um die Erbunwürdigkeit einer Person auszulösen. So kann z. B. die verspätete Ablieferung eines Testaments an den Richter als Unterdrückung der Existenz eines Testaments interpretiert werden und – auch dann, wenn sie aus Nachlässigkeit geschehen ist – den Verlust aller Erbansprüche bei dem „Unterdrücker“ auslösen.

Erbfolge nach Linien

Anders als das deutsche Erbrecht, das sich nach Ordnungen vollzieht, die einander ausschließen (erste Ordnung: Kinder des Erblassers, zweite Ordnung: seine Eltern und deren Abkömmlinge, dritte Ordnung: seine Großeltern und deren Kinder usw.), vollzieht sich das spanische Erbrecht in Linien. Die absteigende Linie, also die Kinder des Erblassers und deren Kinder, ist mit der deutschen ersten Ordnung weitgehend deckungsgleich, während die aufsteigende Linie, also Eltern, Geschwister usw., alle weiteren Ordnungen des deutschen Erbrechts in einer einzigen Gruppe erfasst werden. Innerhalb der Ordnungen wird dann nach Verwandtschaftsgrad differenziert.

Ehegattenerbrecht

Wie im deutschen Recht hat auch im spanischen Recht der überlebende Ehegatte ein Erbrecht, das sich – im Gegensatz zum deutschen Pflichtteilsrecht – in einem echten Noterbrecht fortsetzt und daher nicht komplett ausgeschlossen werden kann (wobei hier je nach Provinzialrecht Unterschiede bestehen können).

Eine Einschränkung ergibt sich aber für den Fall, dass Abkömmlinge oder Vorfahren des Erblassers vorhanden sind: In diesem Fall beschränkt sich das Ehegattenerbrecht auf ein gesetzliches Nießbrauchsrecht am Nachlass. Dieses kann – muss aber nicht – abgelöst werden. Die Eintragung in einem spanischen Erbzeugnis ist obligatorisch, die Eintragung in einem deutschen Erbschein hingegen umstritten, und mit dem Europäischen Nachlasszeugnis bestehen ein Jahr nach dessen Inkrafttreten noch wenig praktische Erfahrungen. Bereits die Rechtsdurchsetzung des überlebenden Ehegatten gegenüber den anderen Erben ist also im deutsch-spanischen Erbfall ein Feld mit viel Konfliktpotential und hohen praktischen Anforderungen an das anwaltliche Geschick.

Unklare Regelungen bei Trennung und Scheidung

Das Ehegattenerbrecht fällt weg, wenn die Ehegatten sich scheiden lassen oder getrennt leben. Im Gegensatz zum deutschen Recht, das mit Scheidung oder Scheidungsantrag eindeutig ist, birgt das spanische Recht eine Vielzahl von Ambivalenzen, wie das Fallbeispiel Picasso zeigt: Das Künstlergenie lebte oft mit zwei oder drei Frauen gleichzeitig in einer Ehe und daneben geführten Liebschaften zusammen, ohne dass sich anhand von Tagebüchern, Briefen oder Bildern der Frauen genau sagen lässt, wo die eine Beziehung endet und die andere anfängt. Nach spanischen Erbrecht führt aber bereits die rein tatsächlich gelebte Trennung ohne Scheidung oder Scheidungsantrag zum Wegfall des Ehegattenerbrechts. In der bunten und lebenslustigen Gesellschaft der Gegenwart eine „butterweiche“ Regelung, aus der sich im Rechtsstreit möglicherweise streitentscheidend viel machen lässt.

Da sich im Ehegattenerbrecht erbrechtliche Regelungen (für welche die Europäische Erbrechtsverordnung) und eherechtliche Regelungen (für welche z.T. spanisches bzw. deutsches Recht gelten kann) überschneiden, bieten sich hier wohl die meisten Gestaltungsmöglichkeiten und Konfliktfelder.


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