Fehlplanung im Erbrecht: Pablo Picasso – ein prominentes Beispiel

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Fehler können sich im internationalen Erbrecht bitter rächen. Das bekannteste Fallbeispiel eines verkorksten spanischen Erbfalls mit Auslandsbezug ist insoweit der bekannteste Spanier überhaupt und reichste Künstler aller Zeiten: Pablo Picasso, am 25. Oktober 1881 in Málaga (Autonome Region Andalusien, Spanien) geboren und am 8. April 1973 in Mougins (Département Alpes-Maritimes, Frankreich) verstorben. Picasso erwarb von seinem Vater José und seiner Mutter Maria zunächst die andalusische Landeszugehörigkeit. 

Nach dieser richtet sich grundsätzlich auch das anwendbare Erbrecht eines Spaniers. Als er zehn war, zog die Familie nach La Coruña in Galicien um, wo eine andere Erbrechtsordnung gilt, aber Pablo nahm sein Herkunftsrecht mit. Doch als Pablo vierzehn wurde, zog die Familie mit ihm nach Barcelona, der Hauptstadt Kataloniens. Hier bestand er die Aufnahmeprüfung zur Kunstakademie und pendelte nun zwischen Barcelona und Madrid, wo er ein Studium begann und wieder abbrach. Ein Spanier erwirbt nach zehn Jahren ununterbrochener Niederlassung in einer Provinz deren Gebietszugehörigkeit, wenn er nicht den Behörden gegenüber etwas anderes ausdrücklich und förmlich erklärt. 

Nach Auffassung einiger seiner Biographen (und einiger Rechtsanwälte seiner Hinterbliebenen) malte Picasso mehr als zehn Jahre in Barcelona, wurde dadurch vom Andalusier (mit der Folge der Geltung gemeinspanischen Erbrechts) zum Katalanen (mit einer eigenen provinziellen Erbrechtsordnung), ohne sich dessen Zeit seines Lebens je bewusst zu werden. Andere verweisen auf die Unterbrechungen seines Barcelona-Aufenthaltes durch die Madrid-Aufenthalte und sehen ihn zeitlebens als Andalusier, denn bald darauf geht der junge Künstler nach Paris. Durch einen Wohnsitzwechsel ins Ausland wird die Zugehörigkeit zu einem spanischen Bundesland aber nicht abgeändert.

Picasso sammelte indes nicht nur Preise und Anerkennungen, eigene und fremde Kunstwerke, Villen und zuletzt Schlösser, sondern auch Frauen und Sprösslinge. Mit Olga hat er seinen Sohn Paulo, mit Marie-Therese die Tochter Maya, mit Françoise den Sohn Claude und die Tochter Paloma. Zuletzt heiratet er Jacqueline, die Ehe bleibt kinderlos.

Als Picasso am 8. April 1973 im Alter von 91 Jahren stirbt, hinterlässt er nicht nur ein menschliches Trümmerfeld (Paulo stirbt kurz nach seinem Vater als Trinker, Olga stirbt lange vor ihrem Exmann an Krebs, Jacqueline erschießt sich einige Jahre nach dem Tod ihrer Mannes), sondern auch ein erbrechtliches Chaos: Die dringende Empfehlung seines Rechtsanwalte, ein Testament zu machen, hat er stets abgelehnt. Viele Fragen bleiben offen. 

1.300 Skulpturen, 2.000 Gemälde, 12.000 Skizzen und zahlreiche Villen und Schlösser wollen unterdessen verteilt sein. Der Erbschaftsstreit artet zu einem vier Jahre dauernden spanischen Erbfolgekrieg aus, bei dem von einem ca. 500 Millionen Dollar betragenden Nachlass mehr als 25 Millionen Dollar für die Kosten der Rechtsanwälte aufgewendet werden. Nimmt man den Anstieg des Goldpreises von 1973 bis 2016 von 100 auf 1.200 Dollar je Feinunze als Anhaltspunkt für die reale Dollar-Inflation, so wurden nach heutigem Geld 300 Millionen Dollar unnötige Anwaltskosten ausgelöst – durch eine unzureichende Nachlassplanung, die auch ein Milliardärsvermögen wie das von Picasso nachhaltig beeinträchtigen kann.

Experten bringen Ordnung ins Chaos

Aus der vorstehenden Einführung und dem vorgestellten Fallbeispiel erschließt sich mühelos, dass eine transnationale Erbschaft mit Spanienbezug eine schwierige und anspruchsvolle juristische Angelegenheit ist, die man nur in die Hände ausgewiesener Experten legen sollte.

Dieser Rat setzt sich fort, wenn man vom Erbrecht zum Erbschaftsteuerrecht übergeht: Einen Großteil des Erbes von Picasso hat die Republik Frankreich angetreten, weil Picasso dort verstarb und der Staat im Wege exorbitanter Erbschaftsteuer den größten „Kunstraub“ aller Zeiten (das Finanzamt ließ sich in Skulpturen und Bildern bezahlen) durchführen konnte. Als die Republik 2015/2016 das 30jährige Bestehen des Museums Picasso feierte, beging sie zugleich den Triumph der Erbschaftsteuer über die fehlende Nachlassplanung des Künstlergenies, denn für die Bilder des Meisters hatte sie keinen Franc ausgeben müssen.

Für weitere Informationen lesen Sie auch unsere anderen Artikel in der Serie „Spanisches Erbrecht“ oder besuchen Sie unseren YouTube-Kanal und lassen Sie sich alles von Rechtsanwalt Burkhardt Jordan persönlich und vor bezaubernder spanischer Kulisse erklären.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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