Gesetzliche Erbfolge - was ist das?

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Falls eine Privatperson kein (wirksames) Testament errichtet hat oder die darin benannten Erben vor dem Erblasser verstorben sind, greift die gesetzliche Erbfolge.

Das gesetzliche Erbrecht in Deutschland lässt sich am besten verstehen, wenn man die dahinterliegende Geschichte kennt. Unsere germanischen Vorfahren vertraten die Auffassung: „Das Gut folgt dem Blut“. Erben waren immer der Clan oder die Sippe, vor allem männliche Nachfolger. Frauen gingen meist leer aus.  

Die Römer hingegen, von deren Rechtsordnung wesentliche Teile in das Bürgerliche Gesetzbuch eingeflossen sind, vertraten die Ansicht: „Wie er es über seine Angelegenheiten verfügt hat, so soll es Recht sein.“ Während also unsere germanischen Vorfahren die Familienerbfolge praktizierten, plädierten die Römer für die persönliche Wahlfreiheit, was oftmals dem Gegenteil der gesetzlichen Erbfolge entsprach, wenn die Abkömmlinge dadurch leer ausgingen. Daher stärkte das römische Recht nicht zuletzt das Erbrecht der Ehegatten. Die Kommission, die das zum 1. Januar 1900 in Kraft getretene Bürgerliche Gesetzbuch entwickelte, spaltete sich dann auch in zwei Lager: Auf der einen Seite standen diejenigen Vertreter, die dafür plädierten, dass der Erblasser völlige Wahlfreiheit hatte in Bezug auf seine späteren Erben. Auf der anderen Seite die Vertreter des „ius sanguinis“, dem Recht des Blutes.

Geeinigt haben sich die beiden Lager dann in der Mitte: Ist kein Testament vorhanden, erben als nächste Angehörige die Kinder, Enkel oder Urenkel, wobei die noch vorhandenen weiter entfernte ausschließen sowie der überlebende Ehegatte.

Hierbei musste der Gesetzgeber auch die Erbfälle im Blick behalten, die keine Max-Mustermann-Familie darstellen, also beispielsweise verheiratet, zwei Kinder. Oft sterben Personen, ohne dass sie direkte Abkömmlinge hinterlassen oder verheiratet sind. Manchmal sind auch schon deren Eltern und die Geschwister verstorben.

Damit klar geregelt ist, wer vor wem erbt, hat der Gesetzgeber die gesetzlichen Erben in sogenannte Ordnungen aufgeteilt, der so genannten gesetzlichen Erbfolge.

In der 1. Ordnung stehen Kinder und Enkelkinder des Erblassers, § 1924 BGB.

In der 2. Ordnung, § 1925 BGB sind Eltern, Geschwister sowie Nichten und Neffen aufgeführt, die immer dann erben, wenn in der ersten Ordnung keine Erben vorhanden sind.

In der 3. Ordnung, § 1926 BGB stehen Großeltern, Onkel und Tanten sowie Cousinen und Cousins des Erblassers.

In der 4. Ordnung dann die Urgroßeltern, Ur-Onkel und Tanten, etc.

Aus dem Prinzip unserer germanischen Vorfahren, wonach das Gut dem Blut folgt, resultiert noch immer, dass Stiefkinder und nicht adoptierte Pflegekinder nicht als gesetzliche Erben gelten. Wenn der Erblasser sie nicht explizit in einem Testament als Erben benennt, erben sie nach dem Tode des Stiefelternteiles nichts.

Anders verhält es sich bei der Adoption Minderjähriger, wodurch das Kind eine rechtliche Verwandtschaft mit dem Erblasser erlangt und damit zu den Erben 1. Ordnung gehört.

Aus dem Prinzip der rechtlichen Verwandtschaft erklärt sich auch, dass Kinder, die während bestehender Ehe von der Ehefrau des Ehemannes geboren wurden, als dessen Kinder gelten. Selbst wenn feststeht, dass sie nicht von dem Ehemann abstammen, gilt hier die Vermutung für die Vaterschaft des Ehemannes, § 1592 BGB. Sofern keine Vaterschaftsanfechtung erfolgt, hat dies zur Konsequenz, dass auch nicht leibliche Kinder voll erbberechtigt sein können.

Ein Relikt aus germanischer Zeit aber in der Bevölkerung weitgehend unbekannt ist: kinderlose Ehepaare werden gesetzliche Erben nur zu ¾ des verstorbenen Ehegatten. Das restliche Viertel wird in die 2. Ordnung an die Eltern bzw. Geschwister vererbt. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich insbesondere für kinderlose Ehepaare, ein Testament zu errichten, worin Sie sich wechselseitig zum Alleinerben einsetzen.


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