gGmbH – Wie weit lässt sich die Abfindung begrenzen?

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Fragen der Abfindung nach Aussscheiden aus der GmbH beschäftigen immer wieder Gerichte. Da die Höhe der Abfindung für ausscheidende Gesellschafter eine hohe finanzielle Bedeutung haben, sind diese Fragen sehr streitanfällig. Es stellt sich die Frage, ob die Regeln für die klassische GmbH auch auch für die gGmbH gelten. 

Nennwert des Geschäftsanteils vs. allgemeiner Verkehrswert

Neben der allbekannten „normalen“ GmbH existiert in Deutschland auch die sogenannte gGmbH. Damit gemeint ist eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß §§ 52 ff. AO. Unternehmen, die sich als gGmbH verstehen, verfolgen einen gemeinwohlorientierten Zweck. Ein Unterschied zur normalen GmbH: gGmbHs dürfen grundsätzlich keinen Gewinn zurücklegen, da alle Überschüsse allein dem Gesellschaftszweck dienen sollen. So weit, so gut.

ABER: Das heißt im selben Atemzug, dass der Gewinn nicht an die einzelnen Gesellschafter ausgeschüttet werden darf. In der Folge kommt es regelmäßig dazu, dass gGmbHs in der Praxis eine Begrenzung des Abfindungsanspruchs in der Satzung festlegen, sodass Gesellschafter bei Ausscheiden lediglich den Nennwert ihrer Stammeinlage als Abfindung fordern können.

Das Oberlandesgericht Hamm hat im Frühjahr darüber entschieden, ob eine solche Begrenzung der Abfindung in gGmbHs rechtens oder sittenwidrig ist (OLG Hamm, Urteil vom 13.04.2022 – 8 U 112/21).

Wie hoch ist der Abfindungsanspruch in der gGmbH?

Im dem OLG Hamm vorliegenden Fall ging es um das Insolvenzverfahren einer GmbH, welche ihrerseits Gesellschafterin einer gGmbH war. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wollten die Gesellschafter von einer Satzungsbestimmung Gebrauch machen, die für den Fall der Insolvenz eines Gesellschafters die Einziehung ihrer Geschäftsanteile ermöglichte.

Allerdings sah diese Regelung vor, dass Gesellschafter bei Einziehung der Geschäftsanteile lediglich den Nennwert der Stammeinlage erstattet bekämen – und nicht etwa den wirtschaftlichen Wert des Anteils. Dagegen erhob die insolvente GmbH Klage und forderte die Erstattung des vollen wirtschaftlichen Werts der Geschäftsanteile.

Begrenzung der gGmbH-Abfindung – Satzungsautonomie oder Sittenwidrigkeit?

Die Richter aus Hamm entschieden, dass gesellschaftsvertragliche Beschränkungen des Abfindungsanspruchs von der Satzungsautonomie in der GmbH gedeckt und somit grundsätzlich zulässig seien. Ausnahmen ergäben sich, wenn die Begrenzung des Abfindungsrechts sittenwidrig im Sinne des § 138 I BGB ist oder auf eine Gläubigerbenachteiligung abzielt. Zur Situation bei Abfindungsansprüchen in einer klassischen GmbH finden Sie hier weiterführende Informationen: https://www.rosepartner.de/gmbh-abfindung-gesellschafter.html

Zu beachten ist hierbei, dass eine Satzungsbestimmung, welche zur Erreichung des Gesellschaftszwecks erforderlich ist, nicht sittenwidrig sein kann. Die Eigenart der gGmbH, dass das Gesellschaftsvermögen ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke eingesetzt werden darf, sorgt dafür, dass den Gesellschaftern selbst kein Vermögen zufließen darf. Das gilt auch dann, wenn Gesellschafter aus der gGmbH ausscheiden sollten oder wenn die gGmbH aufgelöst wird.

Abfindungsrecht bei Ausscheiden aus der gGmbH gesetzlich begrenzt

Die Abgabenordnung regelt ausdrücklich in § 55 I Nr. 2 AO für den Fall, dass Gesellschafter aus der gGmbH ausscheiden oder diese aufgelöst wird, nicht mehr als die eingezahlten Kapitalanteile und der gemeine Wert der geleisteten Sacheinlagen erstattet werden darf. Eine satzungsgemäße Beschränkung des Abfindungsanspruchs auf den Nominalbetrag der Einlage ist also lediglich die Verankerung dessen, was ohnehin steuergesetzlich geregelt ist.

Begrenzung des Abfindungsanspruchs in der gGmbH rechtens

Fazit: Selbst in dem Fall, dass Nennwert und allgemeiner Verkehrswert der Geschäftseinlage in einem groben Missverhältnis zueinander stehen, ist die satzungsgemäße Begrenzung des Abfindungsanspruchs in der gGmbH nicht sittenwidrig, sondern vielmehr zulässig und geboten. Eine unzumutbare Kündigungserschwernis lasse sich den Richtern zufolge aus einer solchen Abfindungsregelung ebenfalls nicht ableiten.

Hält die gGmbH-Satzung keine abweichenden Regelungen für verschiedene Ausscheidensgründe parat, können einer solchen Regelung außerdem keine Erwägungen bezüglich des Gläubigerschutzes entgegenstehen.


ROSE & PARTNER – Hamburg, Berlin, Hannover, München, Köln, Frankfurt a.M., Köln 

Dr. Boris Jan Schiemzik, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht 

Der Verfasser dieses Artikels, Dr. Boris Jan Schiemzik ist mit seinem Team auf das Gesellschaftsrecht und Corporate Litigation spezialisiert. 

Weitere Informationen zu Untermehmensbewertungen und Anteilsbewertungen finden Sie hier: https://www.rosepartner.de/abfindung-unternehmenswert-gesellschafter.html


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