Haftbefehl?

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Ein Haftbefehl wird vom Haftrichter erlassen, wenn aus seiner Sicht 1) ein dringender Tatverdacht besteht und 2) ein Haftgrund vorliegt und 3) die Anordnung der U-Haft (Freiheitsentzug!) nicht unverhältnismäßig ist.

Tatverdacht

Ein dringender Tatverdacht liegt vor, wenn nach aktuellem Stand der Ermittlungen der begründete Verdacht besteht, dass der Mandant eine bestimmte Straftat begangen hat.

Hier lässt sich ansetzen, indem die Ermittlungsergebnisse hinterfragt werden: Sieht man auf dem Video wirklich, wie der Mandant etwas entwendet? Ist die jugendliche Zeugin glaubwürdig? Ist der Sachverhalt wirklich als versuchter Totschlag zu bewerten, oder nur als gefährliche Körperverletzung?

Haftgrund

Drei Haftgründe sind möglich: Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr, Wiederholungsgefahr

In den meisten Fällen wird ein Haftbefehl begründet mit angeblicher Fluchtgefahr. Die Staatsanwaltschaft ist dabei der Überzeugung, dass der Beschuldigte sich dem Strafverfahren nicht stellen will.

Hier hilft es gar nichts, wenn der Mandant beteuert und schwört, dass er gar nicht flüchten will (Richter: „Das kann ja jeder sagen“).

Häufig wird die Fluchtgefahr behauptet, obwohl sich aus der Akte dazu gar nichts ergibt. Hier lohnt es sich, einen erfahrenen Verteidiger einzuschalten: Oft lässt sich die behauptete Fluchtgefahr mit einem gut formulierten Antrag widerlegen.

„Verdunkelungsgefahr“ heißt, dass der Staatsanwalt davon ausgeht, der Mandant wolle Beweismittel vernichten oder verschwinden lassen oder auf Zeugen einwirken. Je nach Einzelfall kann der Verteidiger hier erreichen, dass durch geeignete Maßnahmen eine Verdunkelungsgefahr ausgeschlossen werden kann und damit als Haftgrund nicht mehr vorliegt.

„Wiederholungsgefahr“ liegt vor, wenn der Staatsanwalt befürchtet, der Beschuldigte werde zeitnah weitere, ähnliche Straftaten begehen (typisches Beispiel: Sexualdelikte). Dieser Haftgrund ist genau genommen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass Ziel des Strafrechts die Verfolgung bereits begangener Straftaten ist.

In besonderen Fällen kann ein Haftbefehl schneller erlassen werden (Mord, Totschlag).

Angehörige sind gefragt

Bei der Verhaftung muss eine Kopie des Haftbefehls ausgehändigt werden.

Dabei muss die dem Mandanten vorgeworfene Tat bezeichnet werden. Darüber hinaus muss der angebliche Haftgrund benannt werden sowie die Tatsachen, aus denen sich Tatverdacht und Haftgrund ergeben. Häufig heißt es nur „Der Tatverdacht ergibt sich aus dem Ergebnis der Ermittlungen“ – diese lapidare Formulierung ist eine Einladung, gegen den Haftbefehl vorzugehen!

Falls gegen Sie ein Haftbefehl vorliegt, sollten Sie uns sofort kontaktieren: „U-Haft schafft Rechtskraft“ – wer einmal in die Mühlen der Justiz gerät, gilt als schuldig und vorverurteilt („wenn da nichts wäre, wäre er ja nicht in Haft“).

Umso wichtiger ist es, die U-Haft zu vermeiden!

Sobald der Beschuldigte festgenommen wird, sind die Angehörigen gefordert, möglichst umgehend einen erfahrenen und kompetenten Verteidiger zu beauftragen. Und das sollte schnell gehen: Wenn der Betroffene nicht schnell genug einen Anwalt benennt, wird ihm vom Ermittlungsrichter ein Pflichtverteidiger beigeordnet. Die Gerichte wählen dabei jedoch nur selten einen Fachanwalt für Strafrecht aus.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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