Haftungsrisiko Selbstanzeige für steuerrechtliche Berater verschärft

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Die Abgabe von Selbstanzeigen für Mandanten beinhaltet nicht selten ein Haftungsrisiko. Dies hat sich mit einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg nun noch weiter verschärft!

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat mit Urteil v. 24.2.2017, 5 U 1687/16, entschieden, dass der Steuerberater bei einer verspäteten Selbstanzeige für sämtliche Sanktionen, die dem Mandanten auferlegt werden, haftet:

Die den Steuerberater deswegen treffende Schadensersatzpflicht, weil er es versäumt hat, rechtzeitig eine Selbstanzeige zu stellen, umfasst auch die Erstattung der gegen seinen Auftraggeber wegen Steuerhinterziehung verhängten Geldstrafe einschließlich etwaiger Verteidigerkosten. Ein Verbot, die strafrechtliche Sanktion zivilrechtlich auf den Steuerberater zu überwälzen, gibt es nicht.

Der Fall

Der Steuerberater wurde im Beratungsgespräch zur Selbstanzeigemandatierung durch seinen Mandanten darüber in Kenntnis gesetzt, dass der deutsche Fiskus (bereits) über eine Steuer-CD der Bank des Mandanten in der Schweiz verfügt. Der Steuerberater versäumte es daraufhin – trotz konkreter Kenntnis vom Besitz dieser aktuellen Steuer-CD des deutschen Fiskus – unverzüglich nach Abschluss des Beratungsgesprächs eine – zumindest mit vorläufig geschätzten Einkünften zum bislang verschwiegenen schweizerischen Bankdepot – Selbstanzeige zu erklären. Stattdessen versandte der Steuerberater erst, ein Aufforderungsschreiben an die Bank mit der Bitte um Überlassung der Bankunterlagen. In der Zwischenzeit wurde nach erfolgter Auswertung der Steuer-CD durch die Steuerfahndung dem Mandanten die Eröffnung des Strafverfahrens bekannt gegeben mit der Folge, dass die Selbstanzeige gesperrt war.

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Nürnberg führte aus, der beklagte Steuerberater habe seine Pflichten deshalb verletzt, da er seinem Mandanten nicht eine Selbstanzeige dem Grunde nach (gestufte Selbstanzeige) empfohlen habe. Sein Mandant habe jedenfalls grobe Informationen über die Kapitalanlage liefern können, die ausgereicht hätten, um als erste Stufe einer sogenannten mehrstufigen Selbstanzeige auf der Grundlage einer Schätzung noch am Tag des Beratungsgesprächs eine Selbstanzeige zu formulieren und spätestens am folgenden Tag bei dem zuständigen Finanzamt einzureichen.

Allein dadurch, dass sich die Steuer-CD im Besitz des deutschen Fiskus befunden habe, habe noch kein Sperrgrund für eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 Abs. 2 AO vorgelegen. Nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO tritt Straffreiheit dann nicht ein, wenn zum Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung die Steuerstraftat ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Nürnberg genügt der Ankauf des die Steuerdaten enthaltenden Datenträgers nicht für den Eintritt der Sperrwirkung nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO. Für die Entdeckung im Sinne des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO sei vielmehr zu verlangen, dass die Finanzbehörde Kenntnis von der in auffälliger Weise verschleierten Steuerquelle durch Auswertung der Steuer-CD erlangt habe.

Einer Verurteilung zum Ersatz der Geldstrafe und der Strafverteidigerkosten stehe nicht entgegen, dass eine rechtmäßig verhängte Strafe grundsätzlich keinen zum Ersatz verpflichtenden Umstand bilden könne, sodass es schon an einem ersatzfähigen Schaden fehle. Im vorliegenden Fall habe der Steuerberater das Mandat gerade in Kenntnis der Verwirklichung der steuerstrafrechtlichen Tatbestände angenommen, um im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten den Mandanten Straffreiheit zu verschaffen. Aus diesem Grunde komme auch ein Mitverschulden des Mandanten aufgrund des Fehlens von Unterlagen über das Bankdepot nicht in Betracht, da der Steuerberater das Mandat gerade in Kenntnis des Umstandes, dass solche Bankunterlagen, die eine sofortige Erstellung einer exakten Nacherklärung ermöglichten, nicht zur Verfügung standen, übernommen hatte.

Tipp

Diesem Umstand kann der Steuerberater nur dadurch entgehen, dass er unverzüglich nach Kenntnis der Steuerhinterziehung durch den Mandanten eine gestufte Selbstanzeige (dem Grunde nach) erklärt unter hinreichender Schätzung der Einkünfte.

Zu beachten ist, dass eine bei der Finanzbehörde eingehende gestufte Selbstanzeige mithin einen strafprozessualen Anfangsverdacht begründen kann, der aufgrund der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens dann eine weitere Selbstanzeige bzw. die Vervollständigung der gestuften Selbstanzeige ausschließt. Deshalb sollte bei einer solchen Selbstanzeige dem Grunde nach vorsorglich die noch nicht genau bezifferbaren Beträge großzügig geschätzt werden. Andernfalls ist nicht auszuschließen, dass die Finanzbehörde mit Ermittlungen beginnt, bevor es gelingt, die genauen Beträge zu beschaffen. Fehlberechnungen oder -bewertungen bei im Übrigen vollständiger Selbstanzeige werden unter § 371 AO – entgegen dem (eindeutigen) Wortlaut – zwar bis zu einer Höhe von 5 % toleriert. Diese Toleranzwerte können aber (leicht) überschritten werden, was zu einem Ausschluss der strafbefreienden Selbstanzeige führt.

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