Hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit?

  • 2 Minuten Lesezeit

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nach einer Entscheidung aus dem Jahr 2021 besteht ein solches Mitbestimmungsrecht nicht, wenn

  • wenn in dem betreffenden Betrieb ein Tarifvertrag gilt, der Regelungen zur wöchentlichen Arbeitszeit vorsieht und
  • im Tarifvertrag der Abschluss abweichender Betriebsvereinbarungen nicht ausdrücklich zugelassen wird.

Zugrundeliegender Fall:

In dem entschiedenen Fall betrug die wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen nach dem geltenden Tarifvertrag 35 Stunden. Im Betrieb gab es zugleich eine Betriebsvereinbarung, die eine 40-Stunden-Woche vorsah. Die Arbeitnehmer arbeiteten auf Grund dieser Betriebsvereinbarung 40 Stunden in der Woche. Ein Mitarbeiter war jedoch der Auffassung, dass die BV, die die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden vorsah, unwirksam sei. Er klagte auf Zahlung einer Überstundenvergütung.

Das Bundesarbeitsgericht gab ihm Recht.

Begründung des Gerichts:

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und einer Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit. Bei der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit jedoch kann er nicht mitbestimmen und daher auch keine Betriebsvereinbarungen abschließen, soweit in einem Betrieb ein Tarifvertrag gilt, der die Arbeitszeit regelt und der Tarifvertrag nicht ausdrücklich vorsieht, dass abweichende Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden können.

Begründet hat das Bundesarbeitsgericht das damit, dass die wöchentliche Arbeitszeit sich nach dem Tarifvertrag richtet und nicht durch eine Betriebsvereinbarung hochgesetzt werden kann. Eine entsprechende Betriebsvereinbarung ist wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam, nach dem Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein können.

Die Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit sei auch keine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit nach § 87 Abs. 1 BetrVG. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats erstrecken sich nach Ansicht des BAG nicht auf die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Der Betriebsrat habe nur über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen mitzubestimmen. Lediglich bei einer vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit wird dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht eingeräumt.

Fazit:

Zusammenfassend gilt folgendes:

  • Ist die wöchentliche Arbeitszeit durch einen Tarifvertrag geregelt, können Regelungen über die wöchentliche Arbeitszeit nicht in einer Betriebsvereinbarung sein, es sei denn, der Tarifvertrag lässt Abweichungen vom Tarifvertrag ausdrücklich zu (sog. Regelungssperre).
  • Die Regelungssperre gilt dann nicht, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, bei denen der Betriebsrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht. Ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht allerdings bei der Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit nicht.

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Susanne Hermle

Beiträge zum Thema