Ist die fristlose Kündigung des Mietvertrags / Gewerbemietvertrags während Corona wirksam möglich?

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Die Antwort ist – wie so oft im Recht – entweder einfach und nicht ganz richtig oder richtig und nicht ganz so einfach.

Für diejenigen Leser mit wenig Zeit, hier das vorweggenommene Fazit:

  1. Für alle Miet- und Pachtverträge gilt: Ein Kündigungsverbot besteht bis 30.06.2022 für die Kündigung wegen Mietrückständen aus dem Zeitraum 01.04.2020 bis 30.06.2020, wenn der Mieter den Zusammenhang zwischen Pandemie und Nichtzahlung der Miete glaubhaft macht.
  2. Für vermietete Grundstücke und Räume, die keine Wohnräume sind, gilt zudem: Der Mieter kann grundsätzlich die Anpassung des Mietvertrags (z.B. die Senkung der Miete) fordern, wenn die Mietsache infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar ist.


Hintergrund

Stets kommt es bei der Frage der Berechtigung einer fristlosen Kündigung darauf an, ob ein vom Gesetz akzeptierter Kündigungsgrund für eine fristlose Kündigung vorliegt.

Die außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ist für beide Parteien dann möglich, wenn ihnen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zumutbar ist. Die Parteien benötigen also jeweils einen wichtigen Grund. Das Gesetz formuliert es wie folgt:

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann“ (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB)

Das Gesetz listet sowohl für Mieter als auch für Vermieter beispielhaft einige solcher Gründe auf. Für den Vermieter besteht nach dem Gesetz die Möglichkeit zur außerordentlichen fristlosen Kündigung unter anderem dann, wenn der Mieter

  • für 2 aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete (Betrag, der die Miete für einen Monat übersteigt)  im Verzug ist,
  • in einem Zeitraum, der sich über mehr als 2 Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für 2 Monate erreicht, oder
  • mit einer Sicherheitsleistung in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der der zweifachen Monatskaltmiete entspricht.

Viele Mieter, private wie gewerbliche, sind aufgrund der Corona-Krise und den in der Pandemie angeordneten staatlichen Maßnahmen in eine finanzielle Schieflage geraten. Teilweise wurden deshalb Mieten nicht, nur teilweise und/oder mit erheblicher Verspätung gezahlt. Die Rechtsfolge wäre also nach Vorgesagtem eine mögliche Kündigung des Mietverhältnisses.

Der Gesetzgeber hat mit Art. 240 EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) korrigierend eingegriffen und mit den §§ 2 und 7 Bestimmungen sowohl für das Wohnraum-Mietrecht also für das gewerbliche Mietrecht getroffen.


Art. 240 § 2 EGBGB

Diese Regelung gilt für alle Mietverhältnisse über Grundstücke oder Räume

Nach § 2 gilt, dass der Vermieter Mietverhältnisse über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen kann, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet.

Voraussetzung ist, dass die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Diesen Zusammenhang muss der Mieter glaubhaft machen (nicht beweisen!).

Die Regelung ist auf Pachtverhältnisse entsprechend anzuwenden und von ihr darf nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden. Außerdem sind die Regelungen nur bis zum 30.06.2022 anzuwenden. Ausdrücklich bestimmt § 2 aber auch, dass sonstige Kündigungsrechte unberührt bleiben.

Eine Kündigungsverbot besteht also nur

  1. bis zum 30.06.2022,
  2. wenn wegen Mietrückständen für den Zeitraum 01.04.2020 bis 30.06.2020 gekündigt werden soll
  3. und der Mieter den Zusammenhang zwischen Pandemie und Nichtzahlung glaubhaft macht.

In allen anderen Fällen kann der Vermieter trotzdem wirksam kündigen.

Achtung: Auch wenn der Vermieter aus obigen Gründen nicht kündigen kann, darf er dennoch die Mietzahlung außergerichtlich und gerichtlich geltend machen und gegebenenfalls auch im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen!


Art. 240 § 7 EGBGB

Diese Regelung gilt nur für vermietete Grundstücke oder Räume, die keine Wohnräume sind.

Mit § 7 hat der Gesetzgeber eine Vermutung eingeführt. Diese rechtliche Vermutung gibt vor, dass bei Mietverträgen und Pachtverträgen über Grundstücke oder Räume, die keine Wohnräume sind, vermutet wird, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert hat, wenn die angemieteten Räume oder Grundstücke

  • infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
  • für den Betrieb des Mieters nicht
  • oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind.

§ 313 Abs. 1 BGB wiederum regelt, dass die Vertragsparteien über eine Anpassung des Vertrags verhandeln müssen bzw. jeder Vertragsteil eine Anpassung des Vertrags verlangen kann, wenn sich Umstände, die zu Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien in Kenntnis der Umstände den Vertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätten.

Anders ausgedrückt bedeutet das:

Ist die Mietsache wegen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie nicht oder nur erheblich eingeschränkt verwendbar, so wird vermutet, dass eine Anpassung des Vertrags vom Mieter verlangt werden kann.

Es soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass Gerichte hierzu bisher sehr unterschiedlich beurteilt haben. Selbst Oberlandesgerichte haben in nahezu gleich gelagerten Fällen nahezu gegensätzlich entschieden. Teilweise wird vertreten, dass es dem Mieter grundsätzlich trotz allem zumutbar sei, weiterhin die volle Miete zu zahlen, wenn nicht besondere Härtegründe im Einzelfall vorliegen. Teilweise wird vertreten, dass regelmäßig eine Mietanpassung dahingehend gefordert werden kann, dass die Miete um die Hälfte zu reduzieren ist.

Diese Regelung wirkt sich also gegebenenfalls erheblich auf die Frage aus, ob überhaupt ein kündigungsrelevanter Rückstand vorliegt, oder ob die Miete nicht im fraglichen Zeitraum teilweise herabzusetzen war.

Die Frage, ob im Einzelfall aufgrund während der Pandemie nicht gezahlter Mieten gekündigt werden kann, bedarf also einer umfassenden Würdigung des Sachverhalts. Sie sollten sich deshalb möglichst frühzeitig zu einer erhaltenen Kündigung oder vor dem Ausspruch einer Kündigung beraten und gegebenenfalls vertreten lassen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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