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Jenoptik 5350 - „Beweisverwertungsverbot“ laut Amtsgericht Kassel!

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Immer wieder ist in der anwaltlichen Praxis zu beobachten, dass die Auswertung von Geschwindigkeitsmessungen nicht durch Behörden sondern faktisch durch private Firmen durchgeführt wird. In einem solchen Fall hat das Amtsgericht Kassel nun ein „Beweisverwertungsverbot“ für die fragliche Messung mit dem Gerät „Jenoptik 5350“ ausgesprochen. Die Folge: der betroffene Autofahrer vom Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung freigesprochen (Az.: 350 OWi – 9863 Js 1377/15).

Auswertung durch Firma Jenoptik

Im entschiedenen Fall war ein Autofahrer auf einer Bundesstraße mit 75 km/h an Stelle der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h „geblitzt“ worden. Nach Abzug der Toleranz wurden ihm 22 km/h zu viel vorgeworfen.

Der Betroffene wehrte sich gerichtlich gegen die Messung. Im Verfahren stellte sich nach der Vernehmung des Sachbearbeiters bei der Polizei heraus, dass die Aufbereitung der Messdaten des Geräts lediglich durch die Firma Jenoptik erfolgte. Die dafür zuständige Behörde hingegen spielte bei dieser Aufgabe – obwohl es eigentlich ihre Aufgabe war – keine Rolle.

Zudem überprüfte der Sachbearbeiter nach eigener Aussage auch später nicht, ob die Daten bei der Bearbeitung in irgendeiner Form manipuliert wurden oder ob sie beschädigt waren. Er folgte hierbei stets nur der Einschätzung von Jenoptik und übertrug die von Jenoptik als verwertbar eingestuften Datensätze ohne Aufklärung dieser Fragen in das „System zur Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten“.

Behörde überprüfte Datensätze nicht – Gericht spricht Fahrer frei

Das Gericht sah es damit als erwiesen an, dass in diesem Fall faktisch ein Privatunternehmen die alleinige Auswertung der Datensätze übernommen hatte, obwohl dies eigentlich ureigene hoheitliche Aufgabe ist. Diese Aufgabe hätte nach Ansicht des Gerichts keineswegs vollständig an die Firma Jenoptik delegiert werden dürfen.

Pikant: Der Sachbearbeiter sagte aus, dass die Firma Jenoptik lediglich dann Geld für die Auswertung bekam, wenn sie verwertbare Datensätze lieferte. Es lag also auch im Interesse der Firma, dass die Datensätze auch stets verwertbar waren. Aus anwaltlicher Sicht ist es zweifelhaft, dass die Behörde in solchen Fällen dann keinen Anlass sah, die gelieferten Daten nachträglich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

Das Gericht folgte dieser Auffassung und sprach den betroffenen Fahrer frei.

Keine Ruhe um das Thema Geschwindigkeitsmessungen

Der aktuelle Fall zeigt, dass auch weiterhin keine Entspannung um das Thema Blitzer & Co. zu erwarten ist: Zu hoch sind die Fehlerquellen, zu fahrlässig scheint in Behörden mit den generierten Datensätzen umgegangen zu werden. Betroffenen hingegen kann dies nur Mut machen: Mit der immer neuen Technik und den sich ständig verändernden Verfahrensweisen bleibt, wie der Fall zeigt, genug Raum, um die Messungen anzugreifen und den Führerschein gerichtlich zu erhalten. Wichtig: Wer rechtsschutzversichert ist, ist hier klar im Vorteil. Denn die Versicherung übernimmt in aller Regel die Kosten der Verteidigung sowie etwaige Sachverständigenkosten.

Tim Geißler

Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Strafrecht


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