Kann ein Arbeitnehmer bei heimlicher Videoüberwachung am Arbeitsplatz Schadensersatz verlangen?

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In einem Betrieb war es zu 2 Sabotageakten gekommen. Von Unbekannten wurden Metallnägel in 2 Gewürzpackungen gelegt. Diese Produkte wurden ausgeliefert und letzten Endes beim Kunden mit den Metallnägeln gefunden.

Die sich anschließende Untersuchung ergab, dass die Fremdkörper aufgrund der Beschaffenheit der vorgefundenen Verpackungen nur im Verlauf des Produktionsprozesses in die Gewürzpackungen gelangt sein konnten. Daraufhin entschloss sich der Arbeitgeber, eine Videoüberwachung in den Produktionsräumen einzuführen, ohne jedoch die Mitarbeiter darüber zu informieren.

Einer der Produktionsmitarbeiter erhob daraufhin Klage vor dem Arbeitsgericht und begehrte Schadensersatz i. H. v. 750 €, da er sich in seinem Persönlichkeitsrecht – insbesondere in seinem Recht am eigenen Bild – verletzt sah.

In 2. Instanz entschied das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt mit Urteil vom 10.11.2015, Az.: 6 Sa 301/14, dass dem betreffenden Mitarbeiter kein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz wegen der Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte zustehe.

Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch die Verletzung der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen bliebe, mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde.

Im Vordergrund steht die Genugtuung des Opfers. Ferner soll die Entschädigung der Prävention dienen. Bei der Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls seien insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, des Weiteren Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen.

Für einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers spricht, dass der Arbeitgeber gegen das Datenschutzgesetz verstoßen hat. Nach § 32 Bundesdatenschutzgesetz dürfen zur Aufdeckung von Straftaten personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der betroffene Arbeitnehmer im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Daten zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Daten nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.

Gegen einen Schadensersatzanspruch zugunsten des Arbeitnehmers sprachen jedoch nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts folgende Gründe:

  1. Der Umstand, dass sich die Videoüberwachung auf einen relativ kurzen Zeitraum des Arbeitsverhältnisses bezogen hat.
  2. Die Videoüberwachung bezog sich ausschließlich auf den Produktionsbereich.
  3. Eine Beobachtung des Arbeitnehmers in Bereichen, die seine Privatsphäre tangiert hätten (z. B. Umkleideräume oder Pausenräume) fand nicht statt.
  4. Aufgrund der vorangegangenen „Sabotageakte“ waren alle Mitarbeiter ohnehin sensibilisiert. (Es herrschte eine gesteigerte Aufmerksamkeit im Produktionsablauf und die Mitarbeiter wurden durch den Vorarbeiter überwacht.)
  5. Auch die vorangegangenen „Sabotageakte“ in Form der Verunreinigung von Gewürzpackungen mit Metallnägeln, dürfen nach Ansicht des Gerichts nicht außer Betracht bleiben. Aus den vorgelegten Kundenbeschwerden war zu entnehmen, dass die beiden Vorfälle zu einer Gefährdung der jeweiligen Vertragsbeziehungen (mit Großkunden) geführt hatten.

Aus den oben genannten Gründen bestand daher für das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt ein nachvollziehbarer Anlass des Arbeitgebers zur Videoüberwachung. Die Klage des Arbeitnehmers auf Zahlung des Schadensersatzes wurde daher abgewiesen.


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