Kann ich Fashion-Einkäufe als Betriebsausgaben von der Steuer absetzen?

  • 7 Minuten Lesezeit

Für einige Menschen ist es bloß eine vergnügsame Konsumbeschäftigung, für andere mitunter Bestandteil des Berufsalltags: Shopping von Modeartikeln.

Sogenannte Fashion-Influencer*innen werden als Marketingvehikel für diverse Modeartikel genutzt. Nicht selten posieren sie hierbei in den sozialen Medien regelrecht mit auffälligen Markenprodukten - teils selbst erworben, teils von werbenden Unternehmen bereitgestellt.

Nun liegt der Gedanke nahe, ob Anschaffungskosten einer Fashion-Influencerin für Kleidung und Mode-Accessoires als Betriebsausgaben steuerlich berücksichtigt werden können. Einen Rechtsstreit über diese Frage entschied das niedersächsische Finanzgericht in Hannover jüngst mit seinem Urteil vom 13.11.2023, Az. 3 K 11195/21.


Influencerin unterliegt vor dem Finanzgericht Hannover


- Sachverhalt -

Die Klägerin im Verfahren vor dem Finanzgericht Hannover ist bereits seit 2007 als Mode-Bloggerin tätig und betreibt als Fashion-Influencerin diverse Social-Media-Kanäle. Im Zuge ihrer Tätigkeit zeigt sie sich regelmäßig mit hochwertigen Mode-, Lifestyle-, Einrichtungs- und Kosmetikprodukten.

Neben Modeartikeln, die die klagende Influencerin auf Basis von Werbekooperationen mit Unternehmen zugesandt bekommen hatte, erwarb sie zusätzlich verschiedene Kleidungsstücke und Accessoires, die sie neben den Werbeartikeln in ihrem eigenen Mode-Blog entsprechend inszenierte. 

Die Aufwendungen hierfür wollte die Influencerin als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) im Einkommensteuerbescheid und dem Gewerbesteuermessbescheid berücksichtigt wissen.

Ihre Argumentation: Sie habe sich die diversen Produkte anschaffen müssen, um diese im Rahmen ihres beruflichen Wirkens als Fashion-Influencerin ihren Abonnenten zu präsentieren. Die erworbenen Modeartikel seien mithin Arbeitsmaterialien, die sie zur Generierung von Einnahmen aus ihrer Tätigkeit als Influencerin zwingend benötige. Die Produkte seien im Übrigen auch regelmäßig nicht privat weitergenutzt worden, weswegen jedenfalls 40 Prozent der Aufwendungen als gewinnmindernde Betriebsausgaben angesehen werden müssten.

Das mit der Sache befasste Finanzamt wollte dieser Argumentation nicht folgen und verwies darauf, dass sämtliche erworbenen Gegenstände auch privat genutzt werden könnten. Eine steuerliche Berücksichtigung der Anschaffungskosten als Betriebsausgaben sei folgerichtig nach § 12 Nr. 1 EStG untersagt. Es handele sich um eine Ausgabe in der einkommensteuerlich irrelevanten Privatsphäre.

Gegen die entsprechenden Bescheide über Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag setzte sich die Fashion-Influencerin mit ihrem steuerlich gemeinsam veranlagten Ehemann klageweise zur Wehr.


- Urteil -

"Aufwendungen einer Mode-Influencerin / Mode-Bloggerin für die Anschaffung von bürgerlicher Kleidung und Mode-Accessoires sind - unabhängig vom betrieblichen Nutzungsumfang - nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen."


Mit Urteil vom 13.11.2023 schloss sich das Finanzgericht Hannover der Argumentation des zuständigen Finanzamts an. 

Die Aufwendungen der Klägerin für bürgerliche Kleidung und Accessoires im Rahmen ihrer Tätigkeit als Influencerin seien Aufwendungen der Lebensführung (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG) und als solche nicht als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG abziehbar.

Unabhängig davon, ob dem Beruf des Influencers überhaupt irgendeine Art typischer Berufskleidung zugeordnet werden könne, - was in seltenen Fällen steuerlich berücksichtigt werden kann (siehe unten) -  sind Aufwendungen von Influencern für bürgerliche Kleidung und zugehörige Mode-Accessoires weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten abzugsfähig. 

Die betroffenen Influencer werden ihre Ausgaben für Kleidung und Accessoires daher auch künftig in voller Höhe selbst zu tragen haben. Eine steuerliche Geltendmachung dieser Aufwendungen ist ausgeschlossen.


Zum Hintergrundverständnis


Betriebsausgaben und deren betriebliche Veranlassung

Betriebsausgaben sind gem. § 4 Abs. 4 EStG Aufwendungen, die durch den Betrieb von Steuerpflichtigen veranlasst sind.

Eine solche Veranlassung liegt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden, vgl. etwa BFH, Urteil vom 19.01.2017 - VI R 37/15.

Beruhen die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen, so sind sie grundsätzlich als Betriebsausgaben abzuziehen.

Beruhen die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen hingegen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf betrieblichen Umständen, so sind sie nicht als Betriebsausgaben abziehbar, vgl. BFH, Beschluss vom 21.09.2009, GrS 1/06.

Aufteilung in private und betriebliche Veranlassung

Zwar kann grundsätzlich eine Aufteilung und ein Abzug des beruflich veranlassten Teils der Aufwendungen in Betracht kommen, sofern der den Betrieb oder Beruf fördernde Teil der Aufwendungen sich nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen lässt, vgl. BFH, Urteil vom 08.07.2015, VI R 46/14. Es obliegt dabei dem bzw. der Steuerpflichtigen, der Feststellungslast durch entsprechenden Vortrag gerecht zu werden.

Greifen beruflich und privat indizierte Veranlassungsbeiträge hingegen derart ineinander, dass eine Trennung nicht möglich ist, fehlt es an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, so dass ein Abzug von Aufwendungen als Betriebsausgaben insgesamt nicht in Betracht kommt, vgl.  BFH, Beschluss vom 21.09.2009, GrS 1/06.


Aufwendungen für bürgerliche Kleidung

Aufwendungen für bürgerliche Kleidung sind nach den Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum grundsätzlich dem Anwendungsbereich des Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzugs entzogen, da es sich hierbei um Kosten der Lebensführung handelt. 

Derartige Kosten sind nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG selbst dann nicht abzugsfähig, wenn sie zugleich der Förderung des Berufs dienen, vgl. BFH, Urteil vom 16.03.2022, VIII R 33/18.


Sonderfall: Typische Berufskleidung

Dieser Grundsatz kennt jedoch auch eine Ausnahme: In § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 EStG hat der Gesetzgeber als Ausnahme zu § 12 Nr. 1 EStG festgelegt, dass Aufwendungen für typische Berufskleidung Werbungskosten sind. 

In derartigen Fällen tritt der berufliche Bezug der Aufwendungen derart in den Vordergrund, dass der Bezug zur allgemeinen Lebensführung nach dem gesetzgeberischen Willen für die Einkommensbesteuerung vernachlässigt werden kann, vgl. BFH, Urteil vom 16.03.2022, VIII R 33/18.

Ein Abzug von Aufwendungen als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) oder Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 EStG) kommt jedoch auch bei typischer Berufskleidung von vornherein nur dann in Betracht, wenn sich der berufsbezogene Teil der Aufwendungen nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen lässt und nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist, vgl. BFH, Beschluss vom 19.10.1970, GrS 2/70.

Eine solche Abgrenzung ist in der Regel bei Bekleidungsaufwand nicht möglich und wird selbst bei der sog. typischen Berufskleidung nicht immer angenommen werden können. Denn wer Berufskleidung trägt, so die Rechtsprechung, trägt sie vorrangig deshalb, um - wie andere Menschen auch - bekleidet zu sein, vgl. auch FG Köln, Urteil vom 22.09.2021, 12 K 1016/19.

Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "typische Berufskleidung" ist zudem zu berücksichtigen, dass Aufwendungen für bürgerliche Kleidung grundsätzlich den nicht abzugsfähigen Aufwendungen für die Lebensführung zuzurechnen sind, die nach Maßgabe des Nettoprinzips durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten oder als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, vgl. BFH, Urteil vom 16.03.2022, VIII R 33/18.

Typische Berufskleidung, die steuerlich gesondert berücksichtigt werden kann, umfasst daher nur solche Kleidungsstücke, die nach ihrer Beschaffenheit objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Nutzung bestimmt und geeignet und wegen der Eigenart des Berufs nötig sind bzw. bei denen die berufliche Verwendungsbestimmung bereits aus ihrer Beschaffenheit folgt. Paradebeispiele hierfür sind etwa Uniformen, Schutzanzüge oder - im Fall eines Rechtsanwalts - die Robe, vgl. BFH, Beschluss vom 06.06.2005, VI B 80/04.

Liegt die Nutzung von Modeartikeln als normale bürgerliche Kleidung objektiv im Rahmen des Möglichen und Üblichen, so sind die Aufwendungen für diese Kleidung wegen des Abzugsverbots nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ebenso wenig als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzbar wie die Aufwendungen für jede andere bürgerliche Kleidung, die überwiegend oder nahezu ausschließlich im Beruf getragen wird, vgl. BFH, Urteil vom 20.03.1992, VI R 55/89.

Zusammengefasst:

  • Aufwendungen für bürgerliche Kleidung führen selbst dann nicht zum Betriebsausgabenabzug, wenn diese Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung genutzt wird.
  • Auch ein erhöhter, beruflich bedingter Verschleiß von bürgerlicher Kleidung führt grundsätzlich nicht zum Betriebsausgabenabzug.
  • Selbst wenn die konkreten Kleidungsstücke ohne die beruflichen Gründe überhaupt nicht angeschafft worden wären bzw. die Aufwendungen infolge der beruflichen Gepflogenheiten besonders hoch sind oder Mehraufwendungen für Bekleidung entstehen, weil der Steuerpflichtige seine individuellen Bedürfnisse den Wünschen des Arbeitgebers oder den Gepflogenheiten bestimmter Wirtschaftskreise unterordnen muss, wird diese Kleidung nicht zur typischen Berufskleidung und bleibt daher nicht abzugsfähig.


Mode-Accessoires

Gleich verhält es sich auch mit Anschaffungskosten für Mode-Accessoires.

Aufwendungen für Mode-Accessoires, die zwar nicht als bürgerliche Kleidung im engeren Sinne, jedoch als der bürgerlichen Kleidung zugehörig zu würdigen sind, sind gleichermaßen durch das steuerliche Existenzminimum abgegolten, da sie aufgrund ihres vorwiegenden Bezugs zum der Lebensführung zuzurechnenden Äußeren der Steuerpflichtigen eine Aufteilung der hierauf entfallenden Aufwendungen nicht zulassen, vgl. FG Hannover, Urteil vom 13.11.2023, 3 K 11195/21.

Hier greift gleichermaßen das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 S. 2 EStG - selbst dann, wenn die Mode-Accessoires zugleich der Förderung des Berufs dienen. Denn auch in diesen Fällen liegt die Nutzung der Mode-Accessoires als Ergänzung der herkömmlichen bürgerlichen Kleidung objektiv im Rahmen des Möglichen und Üblichen.


FAZIT

Die Anschaffungskosten von Fashion-Influencern für Kleidung und Mode-Accessoires sind keine Betriebsausgaben, die steuerlich in Ansatz gebracht werden könnten. Es ist zu erwarten, dass die Finanz- und Steuerbehörden hier ein besonderes Augenmerk auf die Berufsgruppe der Fashion-Influencer werfen werden. 

Nicht ohne Grund haben diverse Bundesländer mittlerweile Leitfäden für Influencer im Umgang mit ihrer Steuerpflicht veröffentlicht, wie unser Kanzlei-Partner und Fachanwalt für Steuerrecht, Maximilian Krämer, in seinem Gastbeitrag bei Legal Tribune Online bereits berichtete. 


   


Das können Sie von uns erwarten

Unsere Kanzlei DNK Dinkgraeve Norstedt Krämer PartG mbB ist seit Jahren auf das Steuerrecht und Steuerstrafrecht spezialisiert. Mit einem Team hochqualifizierter Berater im Steuerrecht bieten wir unseren Mandanten maßgeschneiderte Lösungen in steuerrechtlichen Fragen. 

Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung in der Branche verstehen wir die komplexen steuerlichen Anforderungen unserer Mandantschaft und arbeiten effizient daran, sie bestmöglich umzusetzen.  

Über München hinaus sind wir bundesweit für Sie tätig. Sie erreichen uns per Telefon unter +49 (0) 89 / 27 37 40 110, per E-Mail an info@dnk-rechtsanwaelte.de, WhatsApp unter +49 170 6829712 oder über das Kontaktformular.

Foto(s): https://de.freepik.com/autor/lookstudio

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Beiträge zum Thema