Kaufverträge über Spanienimmobilien auch vor deutschen Notaren zulässig - Urteil des spanischen TS19/6/12

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von Dr. Burckhardt Löber und Dr. Alexander Steinmetz

Die Zulässigkeit und Eintragbarkeit von Kaufverträgen über Spanienimmobilien vor ausländischen Notaren wurde von Obersten spanischen Gerichtshof durch Urteil vom 19.06.2012 (Az. 998/2011) anerkannt. Die Aufsichtsbehörde für Register und Notariate (DGRN) hatte über Jahrzehnte hinweg die Eintragung von Urkunden, die vor ausländischen Notaren beurkundet wurden, bis zuletzt abgelehnt. An dieser Praxis, die sicherlich auch wirtschaftsprotektionistische Hintergründe im Hinblick auf die Interessen spanischer Notare hatte, wird die Aufsichtsbehörde nicht festhalten können. Die jetzt höchstrichterlich festgestellte Eintragbarkeit ausländischer Notarurkunden in das spanische Grundbuch erfolgte trotz unterschiedlicher Eigentumsordnungen in Spanien und bspw. in Deutschland. Trotzdem ist Vorsicht geboten, weil ausländische Notare üblicherweise keinen elektronischen Zugang zum spanischen Grundbuch -Registro de la Propiedad- haben und damit wichtige Sicherheitsstandards nicht eingehalten werden können. Wichtig für die Sicherheit des Käufers ist jedoch einmal die Einholung eines Grundbuchauszugs unmittelbar vor der Beurkundung und zum anderen die elektronische Übermittlung der bereits protokollierten Kaufvertragsurkunde mit dem Vormerkungsantrag nach erfolgter Beurkundung an das Grundbuchamt (Real Decreto 45/2008). Durch diese Vormerkung - asiento de presentación - werden die Rechte des Käufers geschützt, Gesetz 24/2001.

1.     Unterschiedliche Eigentumsordnungen in Deutschland und in Spanien

Im vorliegenden Fall waren insgesamt fünf Instanzen zu bewältigen mit einer Gesamtdauer von sieben Jahren, bis die oberste Instanz ihr Urteil gefällt hat. Das Thema war insbesondere deshalb schwierig, weil nach spanischem Recht bei notariellen Kaufverträgen das Eigentum grundsätzlich bereits mit der Beurkundung auf den Käufer übergeht (Art. 1462 Abs. 2 des spanischen Código Civil), während aufgrund des deutschen Grundbuchsystems der Eigentumsübergang erst mit der Eintragung des Erwerbers im Grundbuch erfolgt. In Spanien erfolgt der Eigentumsübergang bei beweglichen wie auch unbeweglichen Sachen nach der „Titulus und Modus"-Theorie. Für die rechtsgeschäftliche Übertragung muss demnach zu allererst ein wirksamer „Übertragungstitel" bspw. ein zur Eigentumsübertragung verpflichtender Vertrag (Kauf, Schenkung, Tausch) geschlossen werden. Nach dem auch in der spanischen Rechtsordnung geltendem Trennungsprinzip muss für den Eigentumsübergang zum „Títulus" allerdings noch der „Modus" vollzogen werden. Dies erfolgt durch tatsächliche (Art. 609.1 CC) oder von Rechts wegen fingierte (Art. 1462.2 CC) Übergabe. Letztere ist in der Regel in der Errichtung des notariellen Kaufvertrags enthalten. Der rechtsbegründende Akt für den Eigentumserwerb diesseits und jenseits der Pyrenäen ist also unterschiedlich. Es wurde deshalb die Frage gestellt, ob ein ausländischer Notar mit einem anderen Rechtssystem die nach dem spanischen Código Civil erforderlichen Beratungsvoraussetzungen erfüllt, um wirksam einen Eigentumsübergang herbeizuführen. (vgl. hierzu Stichworte „Notarieller Vertrag" und „Notarielles Beurkundungsverfahren" in Löber, Grundeigentum in Spanien. Handbuch für Eigentümer, Käufer und Verkäufer, 6. Auflage 2000; Peuster/Löber/Lozano, Código Civil. Das spanische Zivilgesetzbuch. Spanisch-deutsche Textausgabe 2002 mit Nachtrag 2011).

2.     EU-Dienstleistungsfreiheit

Es war ein Kampf der Systeme, in dem letztlich der Gedanke der Universalität des Notarberufs und seiner grenzüberschreitenden Funktionen obsiegte. Schließlich gehören sowohl Spanien als auch Deutschland der Internationalen Union des Lateinischen Notariats an mit ständigen Kongressen, Publikationen und dem damit zusammen hängenden Erfahrungsaustausch. Maßgeblich für die Entscheidung des Tribunal Supremo war letztlich das Prinzip der Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU (Art. 56 bis 62 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, AEUV). Das Gericht bezog sich auch auf Art. 11 des spanischen Código Civil, wonach hinsichtlich der Form die Vorschriften gelten, aufgrund deren die Urkunde erstellt wurde.

Das Urteil des Tribunal Supremo bezieht sich auf einen notariellen Kaufvertrag, der vor einem deutschen Notar protokolliert worden war. Ob auch andere Rechtstitel und Übertragungsmodalitäten hinsichtlich spanischer Immobilien vor ausländischen Notaren beurkundet werden dürfen, geht aus dem Urteil nicht hervor. Es handelt sich hierbei insbesondere um solche wie Auflösung einer Miteigentümerschaft, Schenkung, Erbschaft, etc. Das Urteil dürfte jedoch so zu interpretieren sein, dass auch diese Rechtsgeschäfte rechtswirksam und eintragungsfest Gegenstand von Beurkundungen durch ausländische Notare sein können.

3.     Praktische Bedenken gegen zulässige Auslandsbeurkundung

a)     Wer letztlich einen deutschen Notar wegen der Übertragung einer spanischen Immobilie aufsucht, sollte wissen, dass trotz des vorliegenden Urteils die Rechtsverwirklichung schwierig und dornenreich sein kann, weil dem spanischen Notar zahlreiche Nebenpflichten obliegen, die der deutsche Notar nur in Ausnahmefällen kennt oder gar erfüllen kann. Dies bezieht sich auf die vielfältigen Mitteilungspflichten an Behörden, insbesondere an das Grundbuchamt, die Steuerbehörde und die Generaldirektion für Handel und Investitionen (Dirección General de Comercio e Inversiones). Nicht zuletzt bestehen gesetzliche Verpflichtungen der Notare zu einer Zusammenarbeit mit Grundbuch- und Katasterämtern, die einem ausländischen Notar wohl nur in Ausnahmefällen bekannt sind.

Fraglich ist auch, ob der deutsche Notar in der Lage ist, „Kerninteressen" beider Vertragsparteien zu wahren. Wie bereits ausgeführt, geht nach spanischem Recht das Eigentum grundsätzlich schon mit der Errichtung der notariellen Kaufurkunde über. Wie wird der Veräußerer geschützt, damit er trotz bereits eingetretenen Eigentumsübergangs noch den Kaufpreis erhält? Wie schützt der deutsche Notar den Erwerber vor Verfügungen, die ein noch in das Grundbuch eingetragener Veräußerer vor Umschreibung trifft? Allein diese beiden „Kerngesichtspunkte" veranschaulichen, dass eine rechtlich zulässige und eintragbare, im Ausland protokollierte Kaufurkunde für die Parteien „kein Segen" sein muss. Die Beurkundung von Kaufverträgen über spanische Immobilien vor deutschen Notaren sollte deshalb gewissen Ausnahmesituationen vorbehalten bleiben.

b)     Die Notwendigkeit einer Beurkundung spanischer Immobilienverträge vor deutschen Notaren kann sich insbesondere in dringenden Krankheitsfällen ergeben, wenn bspw. der Übertragende aus Krankheitsgründen nicht mehr vor einem spanischen Notar erscheinen kann oder entsprechende Vollmachten zu spät kämen. Wenn entsprechende  notarielle Kaufverträge vor deutschen Notaren abgeschlossen werden, sollte stets darauf geachtet werden, dass ein Bevollmächtigter eine - etwa von den spanischen Grundbuchämtern verlangte -  Formalisierung vor einem spanischen Notar durch entsprechende Bevollmächtigung durchführen kann. Allerdings muss man wissen, dass bei Vollmachten in diesen Fällen das spanische Recht  als Wirkungsstatut maßgeblich ist, wonach Vollmachten mit dem Tode des Vollmachtgebers erlöschen. Auf die Möglichkeit einer Rechtswahl nach spanischem Kollisionsrecht (Art. 10.11 CC) wird hingewiesen; auch wenn nach deutschem Recht das spanische Recht „als Rechts des Wirkungslandes" durch Sachennormverweisung berufen wird (Palandt/Thorn, EGBGB 10, Anh. zu EGBGB 10).

Resümee und Ausblick: Der Gang zu einem deutschen Notar erscheint zwar einfacher und bequemer; wer jedoch ohne Zeitdruck eine schnelle und risikoarme Übertragung seiner Rechte an einer spanischen Immobilie im Auge hat, sollte angesichts vieler Unwägbarkeiten in diesen Situationen den Weg zum spanischen Notar bevorzugen. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil der spanische Notar direkten elektronischen Zugang zum entsprechenden Grundbuchamt hat und seine Beratungsleistungen und Belehrungspflichten sich auf sein eigenes Recht beziehen. Dies gilt auch für steuerliche Verpflichtungen der Parteien und für solche baurechtlicher Art. Denn welcher deutsche Notar kann bspw. die Verkäuferpartei darüber belehren, dass der Verkäufer der Gewinnbesteuerung seiner Immobilie in Spanien unterliegt und entsprechende Steuererklärungspflichten binnen vier Monaten ab Beurkundung zu erfüllen sind. Schon das Fehlen der Ausländersteuernummer (NIE) eines der Beteiligten führt dazu, dass spanische Grundbuchämter eine Eintragung verweigern.

Das Urteil ist zwar ein Meilenstein für Europa in seinem Bestreben, eine Rechtsvereinheitlichung durchzuführen, wie dies etwa im Falle der kürzlich erlassenen EU-Erbrechtsverordnung gelungen ist; solange aber die Rechtssysteme dermaßen unterschiedlich sind, wie etwa beim Übergang des Eigentums von Immobilien, muss in diesen Fällen bei Beurkundungen durch ausländische Notare mit viel Sand im Getriebe gerechnet werden.

Frankfurt am Main, 27.11.2012



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