Kein Anscheinsbeweis bei Kettenauffahrunfall

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Bei Kettenauffahrunfällen, bei denen nicht feststellbar ist, ob der Frontschaden durch das Auffahren des nachfolgenden Fahrzeugs verursacht wurde, kann eine hälftige Teilung des Schadens möglich sein, falls Ablauf der Zusammenstöße nicht mehr aufklärbar ist.

Sachverhalt:

An einem Kettenauffahrunfall im Mai 2011 auf der Gildehauser Straße in Gronau waren die aus Gronau stammenden Parteien beteiligt, der Kläger mit seinem von seiner Frau gefahrenen Pkw Renault Grand Scénic und die Beklagte mit ihrem Pkw Renault Clio. Dabei prallte die Beklagte mit ihrem Fahrzeug als letzte der an dem Unfall insgesamt beteiligten vier Fahrzeuge auf das vor ihr fahrende Fahrzeug des Klägers. Im Prozess konnte nicht aufgeklärt werden, ob die Ehefrau des Klägers unter Verkürzung des Bremsweges für die ihr folgende Beklagte zuerst auf das ihr vorausfahrende Fahrzeug aufgefahren war oder ob die Beklagte das klägerische Fahrzeug erst durch ihr Auffahren auf das vor dem klägerischen Pkw befindliche Fahrzeug aufgeschoben hatte. Der Kläger berief sich mit der Begründung des Beweis des ersten Anscheins für das Verschulden des Beklagten und forderte 100%igen Schadensersatz.

Entscheidungsgründe:

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm entschied im vorliegenden Fall, dass man sich nicht auf einen Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden der auffahrenden Beklagten berufen könne.

Zwar spreche bei gewöhnlichen Auffahrunfällen regelmäßig der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Auffahrende mit einem zu geringen Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug gefahren sei oder zu spät reagiert habe. Dieser Beweis des ersten Anscheins sei bei Kettenauffahrunfällen wie dem vorliegenden aber nicht anzuwenden. Der von dem Beweis des ersten Anscheins vorausgesetzte typische Geschehensablauf liege nicht vor, wenn nicht feststehe, ob das vorausfahrende Fahrzeug rechtzeitig hinter seinem Vordermann zum Stehen gekommen sei.

Folglich sei eine Betriebsgefahr der Fahrzeuge der beiden Parteien gleich hoch zu bewerten. Demnach ist eine Haftungsverteilung zu gleichen Teilen gerechtfertigt.

Vgl. hierzu: Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 06.02.2014 (Az. 6 U 101/13).


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