Keine nachrangige Inanspruchnahme der dinglichen Haftung

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Eine Gemeinde, die einen festgesetzten Abgabenanspruch zuerst im Insolvenzverfahren gegen den persönlichen Schuldner durchzusetzen versucht und dabei erst dessen Ausgang abwartet, bevor sie den – grundsätzlich nachrangigen – Anspruch gegen den dinglich Haftenden geltend macht, handelt hierbei nicht ermessensfehlerhaft.


Dies hat der VGH Kassel mit Beschluss vom 22.01.2010 – 5 B 3254/09 – im einstweiligen Rechtschutzverfahren entschieden, dessen Gegenstand Duldungsbescheide waren, deren sofortige Vollziehung die Antragsgegnerin – eine Stadt - angeordnet hatte. Dieser war die Zwangsvollstreckung von Straßenausbaubeiträgen bei dem persönlichen Schuldner nicht möglich. So meldete sie zunächst die Forderung in dessen Nachlassinsolvenzverfahren an. Als nach Abschluss desselben die Forderung nicht befriedigt werden konnte, erließ sie gemäß den Regelungen des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.V.m. §§ 191 Abs. 1 und 77 Abs. 2 AO gegenüber der Antragstellerin, welche die streitgegenständlichen Grundstücke aus der Insolvenzmasse erworben hatte, Duldungsbescheide hinsichtlich der Vollstreckung der Straßenausbaubeiträge.


Dies war nicht etwa ermessensfehlerhaft deshalb, weil die Stadt den Ausgang des Insolvenzverfahrens abgewartet und nicht bereits während dessen einen Duldungsbescheid gegen die Insolvenzverwalterin erlassen und ein Absonderungsrecht nach § 49 InsO durchgesetzt hatte. Nachdem die Straßenausbaubeitragslast aufgrund der rechtskräftigen Heranziehungsbescheide gegen die frühere Eigentümerin unzweifelhaft als öffentliche Last auf dem nunmehr im Eigentum der Antragsteller stehenden Grundstücke ruhte, stand es im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, gegen diese einen Duldungsbescheid gem. 191 Abs. 1 Satz 1 AO zu erlassen. Insbesondere war die Stadt nicht gehalten, im Nachlassinsolvenzverfahren einen Duldungsbescheid gegenüber der Insolvenzverwalterin zu erlassen. Zwar ist die Inanspruchnahme der dinglichen Haftung grundsätzlich nachrangig, so dass diese ermessensfehlerfrei nur in Betracht kommt, wenn ein Vorgehen gegen den persönlichen Schuldner nicht zum Erfolg führt. Dies war jedoch vorliegend der Fall. Vor allem begründete dies kein Vertrauen dahin, dass etwa die dingliche Haftung auch künftig nicht geltend gemacht werden. Ein derartiger genereller Rechtssatz existiert nicht. Vielmehr trägt der dingliche Rechtsnachfolger grundsätzlich das Risiko einer dinglichen Haftung für eine Abgabenschuld eines Dritten. Da die fehlgeschlagene Beitreibung der Forderung bei dem persönlichen Schuldner auf keiner vorsätzlichen oder besonders groben Pflichtverletzung beruhte, war die Inanspruchnahme des dinglich Haftenden vorliegend auch nicht ermessensfehlerhaft. Insbesondere durfte die Stadt die Verjährungsfristen voll ausschöpfen und war nicht etwa darauf verwiesen, die dingliche Haftung während des laufenden Insolvenzverfahrens geltend zu machen.


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