Kostenfreier Rücktritt von Pauschalreisen wegen Covid-19 Pandemie – so urteilen die Gerichte

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Die Fragen, ob, wann und zu welchen Bedingungen Reisen im Zusammenhang mit dem Coronavirus kostenfrei storniert werden können beschäftigen viele Verbraucher. Zwischenzeitlich haben die ersten Gerichte in Fällen von Pauschalreisen entschieden. Wir berichten über die ersten Urteile und erläutern, was das für betroffene Verbraucher bedeutet.

Kostenfreier Rücktritt von Pauschalreisen auch ohne Reisewarnung

Bei einer Pauschalreise müssen als Voraussetzung für eine kostenfreie Stornierung im Reisezeitraum außergewöhnliche Umstände vorliegen. Dies ist in der Regel bei einer amtlichen Reisewarnung der Fall. Aber auch andere Umstände können dazu führen, dass Verbraucher ihre Reise kostenfrei stornieren können. Eine Reihe von Gerichten hat im Sinne der Verbraucher entschieden. Für einen kostenfreien Rücktritt ist nicht zwingend erforderlich, dass zum Zeitpunkt der der Rücktrittserklärung bereits eine Reisewarnung für das jeweilige Reisegebiet bestand. Beispiele für positive Entscheidungen im Sinne der Verbraucher sind:

  • Urteil des Amtsgerichts Frankfurt a. M., vom 11.08.2020, Az.: 32 C 2136/20(18)
  • Urteil des Amtsgerichts Köln vom 14.09.2020, Az. 133 C 213/20
  • Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 13.10.2020, Az. 3 C 2559/20

Nach dem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main können Urlauber auch ohne Reisewarnung den vollen Reisepreis zurückverlangen. Das Gericht hat entschieden, dass ein Veranstalter zur Rückzahlung des kompletten Reisepreises verpflichtet ist, wenn ein Kunde vor Reiseantritt storniert und zu diesem Zeitpunkt bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Coronavirus im Reisegebiet bestand. Im konkreten Fall handelte es sich um eine für Mitte April 2020 geplante Reise nach Italien. Auch im Fall vor dem Amtsgericht Stuttgart ging es um eine Pauschalreise. Der Kläger hatte etwa einen Monat bevor die Reise durch Reiseveranstalter abgesagt wurde, selbst den Reiserücktritt erklärt. Auch er kann laut Urteil des Amtsgerichts Stuttgart von der Reise zurücktreten, ohne dass er eine Entschädigung an den Veranstalter leisten muss. Ebenso verbraucherfreundlich urteilte das Amtsgericht Köln in seiner Entscheidung. Nach Ansicht des Gerichts sind an den Nachweis, dass im Reisegebiet außergewöhnliche Umstände vorliegen, keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Auch im Fall vor dem AG Köln erhält die Klägerin bereits geleistete Zahlungen für eine Reise nach Japan zurück, nachdem sie selbst im März 2020 den Rücktritt erklärt hatte.

Die genannten Urteile zeigen, dass eine Reisewarnung zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung keinesfalls Voraussetzung für einen kostenfreien Rücktritt ist. Vielmehr genügt im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Virus im Reisegebiet.

Tipp: Geld zurückverlangen statt Reisegutschein

Reiseveranstalter versuchen Ihren Kunden aktuell in vielen Fällen Gutscheine anzubieten, wenn Reisen storniert werden. Die Rechtslage ist hierzu klar: Reiseveranstalter können den Kunden für vor dem 08.03.2020 gebuchte Reisen, die infolge der Covid-19-Pandemie nicht durchgeführt werden können, anstelle der unverzüglichen Erstattung kostenfreie Gutscheine im Wert des Reisepreises anbieten. Der Veranstalter muss den Kunden ausdrücklich auf sein Wahlrecht hinweisen. Kunden müssen den Gutschein nicht annehmen und können die unverzügliche Erstattung des Reisepreises fordern.

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Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie sind viele Verbraucher unsicher, ob Sie ein Rücktrittsrecht haben und ohne Kostenrisiko von einer gebuchten Reise zurücktreten können. Reisende haben gut durchzusetzende und starke Rechte, auf die Sie sich berufen können. Wir zeigen Ihnen Ihre Lösungsmöglichkeiten auf und helfen Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Rechte.

Foto(s): @adobe stock

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