Kurzarbeit und Kündigung während COVID-19

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Die Corona-Pandemie hatte bereits erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Die bestehenden Regelungen zur Kurzarbeit wurden zu Beginn der Pandemie angepasst, um eine große Anzahl betriebsbedingter Kündigungen zu vermeiden. Die Erleichterungen für eine Anordnung von Kurzarbeit wurden zum Großteil bis zum 31.12.2021 übernommen. Dennoch ist mit weiteren betriebsbedingten Kündigungen zu rechnen.

Wann Kurzarbeit angeordnet werden kann, welche Regelungen während der Kurzarbeit gelten und unter welchen Voraussetzungen eine betriebsbedingte Kündigung möglich ist, wird im Folgenden kurz erklärt.


I.  Anordnung von Kurzarbeit

Ein Arbeitgeber kann nicht ohne Weiteres Kurzarbeit anordnen. Er benötigt dafür eine rechtliche Grundlage. Die Anordnung von Kurzarbeit kann im Arbeitsvertrag vorbehalten sein, durch eine Betriebsvereinbarung gelten oder durch Tarifvertrag vorgesehen sein. Fehlt eine derartige Grundlage, kann der Arbeitgeber im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer eine Vertragsänderung vornehmen. Ansonsten kann der Arbeitgeber über das Instrument einer Änderungskündigung den Arbeitsvertrag für eine Anordnung der Kurzarbeit anpassen oder in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung treffen.

Erst dann kann eine verkürzte Arbeitszeit gegenüber einem Arbeitnehmer angeordnet werden, wofür Kurzarbeitergeld beantragt werden kann.


II.  Auswirkungen für das Arbeitsverhältnis

Eine wirksame Anordnung der Kurzarbeit hat verschiedene Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis.


1.  Bemessung des Kurzarbeitergeldes

Das Kurzarbeitergeld wird nach Anzeige des Arbeitsausfalls in der Regel an den Arbeitgeber ausgezahlt und anschließend an die Arbeitnehmer weitergeleitet. Eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch den Arbeitgeber bis zum vollen Gehalt wirkt sich nicht auf das Kurzarbeitergeld aus.

Übte ein Arbeitnehmer eine Nebenbeschäftigung in systemrelevanten Branchen und Berufen vom 01.04.2020 bis 31.10.2020 aus, wurde das dort erzielte Einkommen für die Berechnung des Kurzarbeitergeldes unter Einhaltung weiterer Voraussetzungen nicht berücksichtigt. Diese Regelung wurde zum Teil bis 31.12.2020 verlängert und gilt seit 01.01.2021 nur noch für geringfügige Beschäftigungen.


2.  Entgeltfortzahlung bei Kurzarbeit

Erkrankt ein Arbeitnehmer während der Kurzarbeit, besteht weiterhin der Lohnfortzahlungsanspruch für sechs Wochen. Der Arbeitnehmer erhält während der Arbeitsunfähigkeit das Entgelt, das er ansonsten bei Kurzarbeit erhalten hätte. Nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung bei einer Erkrankung während der Kurzarbeit bestimmt sich das Krankengeld, welches die gesetzliche Krankenkasse bezahlt, nach dem Verdienst, der vor Beginn der Kurzarbeit erzielt wurde

Erkrankt ein Arbeitnehmer vor Beginn der Kurzarbeit, zusätzlich zum verkürzten Entgelt das Krankengeld in Höhe des Kurzarbeitergeldes. Ist er länger als sechs Wochen arbeitsunfähig, so wird im Anschluss das Krankengeld in normaler Höhe ausgezahlt.

An Feiertagen hat der Arbeitgeber in der Regel das volle Arbeitsentgelt fortzuzahlen, da Kurzarbeitergeld nicht gewährt wird. Eine Ausnahme davon kann bestehen, wenn in dem Betrieb in der Regel auch an Feiertagen gearbeitet wird (Gastronomie oder Hotel).


3.   Leiharbeitnehmer

Wird in einem Betrieb Kurzarbeit angeordnet, gilt das grundsätzlich nicht ohne weiteres für dort eingesetzte Leiharbeitnehmer. Allerdings hat der Gesetzgeber mit der Kurzarbeitergeldverordnung ab März 2020 einen Zugang zum Kurzarbeitergeld ermöglicht.

Durch die Kurzarbeitergeldverordnung wird der gesetzlich festgeschriebene Vergütungsanspruch für die Dauer aufgehoben, für die dem Leiharbeitnehmer Kurzarbeitergeld gezahlt wird.

Leiharbeitnehmer erhalten jedoch nicht ohne Weiteres Kurzarbeitergeld. Zum einen ist für die Bestimmung des Arbeitsausfalls der Verleihbetrieb maßgebend. Wurde im Entleihbetrieb Kurzarbeit angeordnet, bedeutet dies daher nicht automatisch, dass der Leiharbeitnehmer Kurzarbeitergeld erhält. Zum anderen werden Leiharbeitnehmer nach dem gesetzlichen Grundgedanken nicht für einen dauerhaften Arbeitsplatz eingestellt. Ein vorübergehender Arbeitsausfall ist keinesfalls unüblich und daher für den Verleiher durchaus vermeidbar. Anders kann es bei einem „pandemiebedingten“ Arbeitsausfall sein. Denn dieser beruht auf unvermeidbaren, außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt.


4.  Erholungsurlaub

Während der Kurzarbeit kann der Urlaub anteilig gekürzt werden. Denn der Urlaubsanspruch hängt davon ab, an wie vielen Tagen in der Woche im Durchschnitt gearbeitet wird.

Das Urlaubsentgelt wird durch die Kurzarbeit jedoch nicht gekürzt. Der Arbeitnehmer ist im Hinblick auf das Urlaubsentgelt so zu stellen, als hätte er in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn so viel wie vor Beginn der Kurzarbeit gearbeitet. Durch Beanspruchung von Urlaub kann ein Arbeitnehmer also einen Verdienstausfall zunächst vermeiden.

Um Kurzarbeit zu vermeiden, ist grundsätzlich zunächst der Urlaub der Arbeitnehmer einzubringen. Der Arbeitgeber hat bei einer vorläufigen Bewilligung von Kurzarbeitergeld bei einer Urlaubsplanung die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen.


III.  Betriebsbedingte Kündigung

Besteht in einem Betrieb Kurzarbeit, sind Arbeitnehmer nicht vor einer betriebsbedingten Kündigung geschützt. Wird aus einem vorübergehenden Arbeitsausfall ein dauernder Wegfall des Arbeitsplatzes, kann eine Kündigung wirksam sein. Zudem kann der Arbeitgeber gezwungen sein, betriebliche Umstrukturierungen vorzunehmen, die den Bedarf von Arbeitsplätzen entfallen lassen und eine Kündigung begründen können.

Eine betriebsbedingte Kündigung erfordert jedoch, dass für den zu kündigenden Arbeitnehmer kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht und im Rahmen einer Sozialauswahl (Berücksichtigung von Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten sowie eine Schwerbehinderung) keinem anderen Arbeitnehmer vorrangig zu kündigen war.

Da einem Arbeitgeber hierbei Fehler unterlaufen können, bestehen für Arbeitnehmer in der Regel gute Aussichten, eine Abfindung zu erhalten.


IV.  Anwaltliche Beratung

Bei Fragen rund um das Thema Kurzarbeit helfe ich Ihnen gerne. Im Rahmen einer Erstberatung erhalten Sie eine vorläufige Einschätzung zu Ihrer rechtlichen Anfrage.

Bereits vor Ausspruch einer Kündigung kann ich Sie unterstützen, indem eine einvernehmliche Lösung für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gefunden wird. Ich helfe Ihnen, ein gutes Ergebnis auch ohne gerichtliche Inanspruchnahme zu finden.

Wurde bereits eine Kündigung ausgesprochen, vertrete ich Sie selbstverständlich vor Gericht und kämpfe für Ihr Recht. Sie entscheiden über jeden Schritt und behalten stets die volle Kostenkontrolle.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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