LIEB-Tipps Arbeitsrecht: Über den Betriebsrat

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Ich erinnere mich noch genau, wann ich das erste Mal als junger Anwalt mit einem Betriebsrat zu tun hatte: ein guter Mandant hatte ein Unternehmen für seine Gruppe dazugekauft, das einen Betriebsrat hatte. Und mein Mandant fragte mich, ob man dem Vorsitzenden nicht einfach fristlos kündigen und ihm Hausverbot erteilen könne. Tja - weder das eine noch das andere, musste ich ihm erklären.  

Dennoch: viele mittelständische Arbeitgeber sehen in der Figur des Betriebsrat einen Ausbund von Sozialismus und können es gar nicht fassen, dass plötzlich in "ihrem" Betrieb eine "dritte Kraft" existiert und mitregieren will. Dabei stammt der Vorläufer des heutigen Betriebsverfassungsgesetzes bereits von 1952. Seitdem gibt es erzwingbare Mitbestimmung! Der Betriebsrat ist also ungefähr so alt wie die Bundesrepublik.

Aus Arbeitgeberperspektive mag es lästig und aufwändig sein, den Betriebsrat immer zu konsultieren und rechtlich korrekt mit einzubinden. Den Laien verwundert es oft, wie weitreichend die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sind. Hört man den Betriebsrat z.B. nicht korrekt vor einer Kündigung an, ist diese unwirksam. Gerade für den kleinen Mittelständler ist dies eine ziemliche Bürde. Er hat in der Regel keine eigene Personalabteilung und muss sich Rechtsrat von außen zukaufen. 

Hat man als Arbeitgeber jedoch einen konstruktiven Betriebsrat, kann dies jedoch auch einen großen Vorteil haben: die mit dem Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung wirkt unmittelbar und zwingend auf die Arbeitsverhältnisse ein, ohne dass es einer Zustimmung des einzelnen Arbeitnehmers bedarf. Die Betriebsvereinbarung ist also praktisch ein "Gesetz des Betriebs". Und in solchen Betriebsvereinbarungen kann man, wenn man gut zusammenarbeitet, eine Vielzahl von Regelungsgegenständen abarbeiten, von der Arbeitszeit (einschließlich Überstunden und Freizeitausgleich und "Ampelmodell") bis zur variablen Vergütung.

Leider ist der Betriebsrat nicht vollumfänglich befugt, alle Belange seiner Arbeitnehmer zu vertreten. Die mächtigen Gewerkschaften waren misstrauisch und haben den Betriebsrat nicht komplett von der Leine gelassen. Der sog. Betriebsautonomie sind leider erhebliche Schranken gesetzt:

Nach der Vorschrift des § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Angeblich schütze diese Vorschrift die Tarifautonomie. Hier gibt es insbesondere diverse Abgrenzungsschwierigkeiten im Zusammenhang mit den in § 87 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 13 BetrVG aufgeführten Angelegenheiten der erzwingbaren Mitbestimmung, die ich hier nicht ausführe.    

Ich meine ja, man könnte die Betriebsräte durchaus in ihre Mündigkeit entlassen und die Betriebspartner uneingeschränkt zu Betriebsvereinbarungen befugen. Politisch gibt es hierfür allerdings keine Mehrheiten. Anfang der 2000er Jahre gab es entsprechende Bestrebungen (Stichwort: "Bündnisse für Arbeit"), die samt und sonders von den großen Gewerkschaften "gekillt" wurden - heute hört man hierzu nichts mehr.

Mein Ratschlag an Arbeitgeber: wenn Sie einen Betriebsrat haben, nutzen Sie wenigstens die sich damit ergebenden Vorteile und schließen Sie, soweit möglich, Betriebsvereinbarungen! Sie machen damit die Reibungsverluste aus der Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen zumindest teilweise wieder wett. Sprechen Sie uns gerne an!

Foto(s): LIEB

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