Liposuktion – Genehmigungsfiktion – Kostenerstattung und kein Ende

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Nach wie vor ist die Liposuktion keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Die stationäre Behandlung ist nach der Rechtsprechung des BSG nicht genehmigungsfähig. Die ambulante Behandlung scheitert daran, dass die Liposuktion nicht im Leistungskatalog steht und der G-BA auf absehbare Zeit nicht entscheiden wird. Das Ergebnis von Studien und Gutachten, die G-BA in Auftrag gegeben hat, bleibt abzuwarten.

Der einzige Weg, an eine Liposuktion auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung zu gelangen, ist derjenige über die Genehmigungsfiktion gem. § 13 IIIa SGB V. Mit Grundsatzentscheidungen aus dem Jahr 2017 hat das BSG die Anspruchsvoraussetzungen herausgearbeitet und klargestellt.

Bei der Kostenerstattung, also in den Fällen, in denen der Versicherte sich die Leistung selbst besorgt, zeigt die jüngste Tendenz der Rechtsprechung aber eine neue Volte, nämlich der fehlende rechtswirksame Vergütungsanspruch des behandelnden Arztes. So hat der 11. Senat des LSG NRW mit Urteil vom 3.4.2018, L 11 KR 480/17, festgestellt, dass dem behandelnden Arzt kein Vergütungsanspruch gegen die Klägerin aus der Behandlung entstanden sei. Dieser bestehe nur, wenn dem Patienten eine Abrechnung nach der GoÄ erteilt worden sei.

In der Regel darf eine Gebühr nur zwischen dem Einfachen und dem 2,3fachen des Gebührensatzes – sog. Regelspanne – bemessen werden; ein Überschreiten des 2,3fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen (§ 5 Abs. 2 Satz 4 GOÄ). Überschreitet eine berechnete Gebühr nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ das 2,3fache des Gebührensatzes, ist dies auf die einzelne Leistung bezogen für den Zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu begründen (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 GOÄ). Nach dem Zweck der Pflicht zur schriftlichen

Begründung, dem Zahlungspflichtigen eine (lediglich) grobe Handhabe an die Hand zu geben, um die Rechtfertigung des geltend gemachten Gebührenanspruchs abschätzen zu können, sind zwar keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Die vom Arzt gegebene – auf die einzelne Leistung bezogene – Begründung muss aber geeignet sein, das Vorliegen solcher Umstände verständlich und nachvollziehbar zu machen, welche nach dem materiellen Gebührenrecht eine Überschreitung des Schwellenwertes und insbesondere den Ansatz des Höchstsatzes von 3,5 rechtfertigen können.

Hierzu führt das Gericht wie folgt aus:

Die wiederholten, pauschalen und nicht auf die einzelnen Leistungen bezogenen Begründungen des Chirurgen Dr. H für die Erhöhungen von Gebührenpositionen auf den 3,5 bis 9fachen Satz entsprechen nicht § 12 Abs. 3 GOÄ. Die undifferenzierten Begründungen sind formelhaft und ohne jeden Bezug auf konkrete einzelne Positionen. Dass vorliegend nicht konkret und individuell jede einzelne Operation abgerechnet wurde, sondern (verschleiert) pauschal, legt bereits ein Vergleich der drei Rechnungen des Chirurgen Dr. H untereinander und mit den Rechnungen der Anästhesistin Dr. H nahe. So führten die drei Operationen der Klägerin mit ganz unterschiedlichen Mengen an abzusehendem Fett (zwischen 2.800 ml bis zu 6.000 ml) an unterschiedlichen Körperregionen (Armen und Beinen) bei der Anästhesistin folgerichtig und in sich schlüssig zu drei Rechnungen, die sich sowohl in den Einzelpositionen als auch im Gesamtpreis deutlich unterschieden. Ganz anders die Situation beim Chirurgen Dr. H. Hier entsprechen sich trotz offensichtlich deutlich unterschiedlicher Operationen nicht nur die drei Gesamtpreise; auch die Einzelpositionen sind vollständig identisch bis hin zu den Steigerungsätzen und den hierfür angeführten „Begründungen“. Das ist implausibel.

Hieraus folgt, dass der Versicherte, der eine solche implausible Rechnung von seinem Behandler erhalten hat, einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung gegen den Behandler hat. Dieser Anspruch besteht selbst dann, wenn der Versicherte mit dem Ergebnis der Operation zufrieden ist. Hierzu hat der BGH, Urteil vom 23. 3. 2006 – III ZR 223/05, bereits vor über 10 Jahren festgestellt:

Eine Rückforderung des überzahlten Honoraranteils ist endlich entgegen der Revision auch nicht etwa deswegen treuwidrig, weil die Kl. sich nach der Operation zufrieden über deren Ergebnisse geäußert haben mag.

Beraterhinweis:

Gesetzlich Krankenversicherte, die einen Kostenerstattungsanspruch gegen die GKV nicht durchsetzen konnten, und sonstige Selbstzahler sollten den Behandler bereicherungsrechtlich auf Rückzahlung des vereinbarten und gezahlten Honorars aus dem Behandlungsvertrag in Anspruch nehmen, da das Honorar aufgrund implausibler Abrechnung nicht der GoÄ entsprach und somit nicht fällig war.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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