Man darf nur 1 x wegen der gleichen Tat verurteilt werden – das nennt man Strafklageverbrauch

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Wegen ein und derselben Tat darf niemand  mehrfach bestraft werden. Das gilt auch für Verurteilungen wegen der gleichen Tat  im Ausland.

In Deutschland ist das Doppelbestrafungsverbot  im Grundgesetz in Artikel 103 III.Absatz verankert. Die sogenannte materielle Rechtskraft bezieht sich auf den Inhalt.  Sie besagt, dass eine Tat im prozessualen Sinne, die bereits zum Gegenstand eines abgeschlossenen Verfahrens war, nicht erneut zum Gegenstand eines Sachurteils bzw. eines Strafverfahrens werden darf. Häufig ist es so, dass die Staatanwaltschaften Sachen anklagen, welche schlecht ermittelt sind. Die Gerichte sprechen dann häufig wegen der schlechten Beweislage und der schlechten Ermittlungen die Angeklagten frei. Auch wenn dann später Polizei und Staatanwaltschaft  neue Erkenntnisse zu der Tat haben, ist mit dem freisprechenden Urteil in der Regel eine Wiederaufnahme nicht möglich.

In der Praxis ist es schwer -und dies sogar für Juristen – den Umfang der Tat und damit auch den Umfang der Rechtskraft exakt zu bestimmen.

Der Bundesgerichtshof  (BGHST 35, 62; 4l, 298) hat in einer Entscheidung den Begriff der prozessualen Tat wie  definiert: „Eine Tat im prozessualen Sinne umfasst das gesamte Verhalten des Beschuldigten, soweit es mit dem durch die Strafverfolgungsorgane bezeichneten geschichtlichen Vorkommnissen nach der Auffassung der Lebensanschauung einen einheitlichen Vorgang bildet“.

Deswegen ist es für die Strafverteidigung manchmal sinnvoll, auf die lückenhaften und schlechten Ermittlungen von Polizei und Staatanwaltschaft in einem Verfahren nicht hinzuweisen. Eine Verurteilung auf der Basis dieser schwachen Ermittlungsergebnissen kann machmal sinnvoll sein, da es dann später eine deutlich höhere Verurteilung auf der Basis weiterer, neuer Ermittlungsergebnisse blockiert. Gerade bei infaftierten Beschuldigten ist wegen des Beschleunigungsgrundsatzes es häufig so, dass Polizei und Staatanwaltschaft wegen des Zeitdruckes sehr oberflächlich ermitteln. Eine Entlassung aus der Untersuchungshaft als Folge eines Haftprüfungsantrages nimmt der Justiz dann diesen Zeitdruck und führt häufig zu viel detaillierteren Ermittlungen. Schon deswegen will die Stellung eines Antrages auf Haftprüfung wohl überlegt sein.

Wichtig zu erwähnen ist, dass bei Bussgeldsachen ein rechtskräftiger Bussgeldbescheid leider nicht eine erneute Bestrafung nach einem Strafgesetz wegen der gleichen Tat sperrt; dies gilt nur, wenn eine Verurteilung zu einem Bußgeld in einer Hauptverhandlung erfolgt. Somit kann es im Einzelfall sinnvoll sein, Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid – den man eigentlich in Ordnung findet – einzulegen, um dann später wie im Bußgeldbescheid verurteilt zu werden.

Zu dem Umfang der Rechtskraft eines Urteils und der Relevanz des Strafklageverbrauchs sollte man sich wegen der schwierigen Materie von einem erfahrenen Strafverteidiger beraten lassen.


Ulli H. Boldt, Diplom-Betriebswirt(FH)

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Strafrecht


Wegen der besseren Lesbarkeit verzichte ich auf das Gendern; gemeint sind immer alle Geschlechter.


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