Mangelkenntnis bei Vertragsabschluss durch vollmachtlosen Vertreter des Käufers

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Wird der Käufer bei Abschluss eines Grundstückskaufvertrages durch einen vollmachtlosen Vertreter vertreten, kommt es für seine Mangelkenntnis im Sinne von § 442 Abs. 1 S.1 BGB auf den Zeitpunkt der Abgabe der Genehmigungserklärung an; solange er diese nicht in den Verkehr gebracht hat, muss er neu gewonnene Kenntnisse über Mängel der Kaufsache gegen sich gelten lassen. In dem vom BGH mit Urteil vom 06.05.2022 – V ZR 282/20 – entschiedenen Fall war sowohl die vermietbare Wohnfläche hinsichtlich des Hauptgebäudes, als auch die Fläche des Hinterhofgebäudes eines Gewerbeobjektes im Exposé erheblich höher als tatsächlich realisierbar angegeben. Für beide Kaufvertragsparteien traten vollmachtlose Vertreter auf; der Vertrag sah den Ausschluss der Sachmängelhaftung vor. Nachdem die Käuferin ihre Genehmigung des Vertrages notariell hatte beglaubigen lassen, erfuhr sie von der tatsächlich vermietbaren Wohnfläche. Mehr als drei Wochen später erst übersandte sie dem beurkundenden Notar die Genehmigung „ohne Präjudiz und unbeschadet etwaiger Ansprüche wegen unzutreffender Angaben zum Kaufgegenstand“.


Dies stand zunächst dem Wirksamwerden des Kaufvertrages mit Zugang der notariell beglaubigten Genehmigungserklärung beim Notar nicht entgegen. Auch auf Schadensersatzansprüche wegen eines Sachmangels konnte die Käuferin sich vorliegend nicht berufen. Bei einem – wie hier – gestreckten Vertragsabschluss ist die Regelung des § 442 Abs. 1 S.1 BGB einschränkend dahin auszulegen, als nur die Kenntnis des Käufers von einem Sachmangel im Zeitpunkt der Abgabe der Genehmigungserklärung maßgeblich ist. Der Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass der Käufer nicht in seinen berechtigten Erwartungen enttäuscht wird, wenn er den Kauf trotz des Mangels gewollt hat. Er ist dann nicht schutzwürdig, denn mit der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen setzt er sich in Widerspruch zu seinem vorangegangenen Verhalten. Abgegeben im Sinne von § 130 Abs. 1 S.1 BGB ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, wenn sie mit Willen des Erklärenden in den Rechtsverkehr gebracht worden ist. Lässt er sich mit der Übersendung der Willenserklärung Zeit, geht eine zwischenzeitlich erlangte Kenntnis über Mängel zu seinen Lasten.


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