Masturbieren in der Öffentlichkeit – Ist das strafbar?
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Man hat bereits des öfteren in der Zeitung davon gelesen, dass Menschen zum Entsetzen ihrer Umgebung im öffentlichen Raum ihre sexuell motivierten Überdruckgefühle in Eigenarbeit ventilieren. Auch in den sozialen Netzwerken tauchen Fotos oder Videos dieser Art immer mal wieder auf. Dass dieses Verhalten ungehörig und anstößig ist, darüber sind sich alle einig. Weniger Klarheit herrscht jedoch (bei Zeugen und vor allem auch bei Tätern) darüber, ob man sich durch das öffentliche Masturbieren strafbar machen kann.
Im folgenden Rechtstipp möchten wir diese Frage beantworten.
Kann man sich durch öffentliches Masturbieren strafbar machen?
Unter welchen Voraussetzungen ist öffentliches Masturbieren strafbar?
Welche Strafen drohen?
Was sollte man bei einer Anzeige wegen öffentlichen Masturbierens tun?
Kann man sich durch öffentliches Masturbieren strafbar machen?
Den Straftatbestand der „Öffentlichen Masturbation“ wird man im Strafgesetzbuch nicht finden. Allerdings gibt es einen Paragraphen, der es unter Strafe stellt, öffentlich sexuelle Handlungen vorzunehmen und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis zu erregen: § 183a StGB.
Dieser Tatbestand wird dann strafrechtlich verfolgt, wenn die vorgenommenen Handlungen nicht bereits durch § 183 StGB mit Strafe bedroht werden. Dieser Paragraph stellt Exhibitionismus unter Strafe. Durch diese Verschachtelung der Paragraphen (das sogenannte Subsidiaritätsprinzip) ist gewährleistet, dass sowohl Männer als auch Frauen für öffentliches Masturbieren bestraft werden können (Männer wegen Exhibitionismus, Männer und Frauen wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses). Allerdings ist es von der Tathandlung hin zur Verurteilung ein sehr weiter Weg, und die Chancen, ungeschoren davon zu kommen, stehen recht gut.
Unter welchen Voraussetzungen ist öffentliches Masturbieren strafbar?
1. Vorliegen eines Strafantrags
Sowohl bei Erregung öffentlichen Ärgernisses als auch bei Exhibitionismus handelt es sich um Antragsdelikte. Das sind Delikte, die nur dann strafrechtlich verfolgt werden können, wenn das Opfer Strafantrag stellt. Ein Opfer von öffentlicher Masturbation wäre also etwa ein Passant, der gegen seinen Willen genötigt ist, den Vorgang zu beobachten, und dadurch entsetzt, angeekelt oder verstört ist.
2. Erfüllung der Tatbestandsmerkmale
a) Exhibitionismus (§ 183 StGB)
Im Falle von Exhibitionismus muss hierzu das (männliche) Geschlechtsteil entblößt sein, und es muss eine absichtliche Belästigung des Opfers vorliegen. Dies ist nicht gegeben, wenn jemand heimlich im Wald, fern des Wanderwegs hinter einem Busch masturbiert, und eine andere Person aus Neugierde das Unterholz durchquert, um dann den Sittenstrolch in seinem Versteck zu ertappen. Der Täter muss mit dem Vorsatz handeln, sich durch die öffentliche Sichtbarkeit seiner Handlungen sexuell erregen zu wollen, und sein Handeln muss Ekel, Angst, oder vergleichbar starke negative Empfindungen beim Opfer auslösen.
b) Erregung öffentlichen Ärgernisses (§ 183a StGB)
Diese sehr eng gefassten Tatbestandsmerkmale machen eine Verurteilung wegen Exhibitionismus vergleichsweise schwierig. Allerdings ist dann immer noch eine Strafbarkeit wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses möglich. Hierbei kommt es nicht auf die Absicht des Täters an, sich selbst dadurch sexuell zu erregen, dass er öffentlich beobachtet wird. Allerdings ist auch hier eine Strafbarkeit nur dann gegeben, wenn der Täter (oder die Täterin) die Absicht hatte, durch sein/ihr Handeln (das erkennbar sexuell motiviert war) ein Ärgernis zu erregen, oder sich jedenfalls der Tatsache bewusst war, dass Andere sich durch sein/ihr Handeln belästigt fühlen könnten. Dies wird als gegeben angesehen, wenn eine unzweifelhaft sexuelle Handlung (wie Masturbation, sofern diese eindeutig ist) in einem öffentlichen Raum (also an einem Ort der jederzeit für andere Menschen zugänglich bzw. wo jederzeit mit anderen Menschen zu rechnen ist, und wo normalerweise nicht mit sexuellen Handlungen gerechnet werden muss) vorgenommen wird. Hat der Täter in irgendeiner Weise versucht, unentdeckt zu bleiben, es also nicht offenkundig auf das Entdecktwerden angelegt, lässt sich ein Verfahren wegen § 183a StGB in aller Regel einstellen. Auch wenn keine einwandfrei sexuelle Handlung vorliegt (beispielsweise wenn der Täter sich aufgrund anhaltenden Juckreizes nur fortwährend gekratzt hat), oder wenn kein Ärgernis erregt wurde, sondern lediglich Verwunderung oder Belustigung, ist keine Strafbarkeit gegeben.
Welche Strafen drohen?
Falls es zu einer Verurteilung kommt, drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr, wobei dies eher selten, und nur bei besonders schweren Fällen (etwa in Gegenwart von Kindern) oder Tatwiederholungen vorkommt. Wenn Sachverständige feststellen, dass es sich bei der Tat um eine Zwangsstörung handelt, die der Täter nicht oder nur eingeschränkt kontrollieren kann, kann eine Freiheitsstrafe auch zur Bewährung ausgesetzt werden. In den meisten Fällen ist mit einer Geldstrafe zu rechnen.
Wenn es zu einer Verurteilung kommt, ist natürlich nicht zu vernachlässigen, dass ganz abgesehen vom Strafmaß der soziale Schaden beträchtlich sein kann. Von Kontaktverweigerungen über Jobkündigung bis zu Ehescheidungen ist alles schon vorgekommen.
Daher sollte eine Strafanzeige wegen Verstoßes gegen § 183 StGB oder § 183a StGB nicht auf die leichte Schulter genommen werden!
Was sollte man bei einer Anzeige wegen öffentlichen Masturbierens tun?
Wenn Sie eine Anzeige erhalten, gelten die beiden goldenen Regeln des Strafrechts:
1. Schweigen ist Gold.
Ihre Verteidigung hat die besten Chancen, wenn Sie keine Aussagen machen, da Sie damit immer Gefahr laufen, unabsichtlich etwas zu sagen, was man gegen Sie verwenden kann.
Sie sind weder verpflichtet, einen Anhörungsbogen auszufüllen, noch eine mündliche Aussage zu machen, noch zu einer Vernehmung zu erscheinen. Nutzen Sie Ihr Recht.
2. Ab zum Anwalt.
Versuchen Sie nicht sich selbst zu verteidigen. Wenden Sie sich stattdessen an einen Fachanwalt für Strafrecht. Dieser wird Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen, und prüfen, was man gegen Sie vorbringt. Wenn nur eines der oben aufgeführten Tatbestandsmerkmale in der Akte fehlt oder sich aushebeln lässt, ist die Sache erledigt und das Verfahren muss eingestellt werden.
Sollte dies nicht möglich sein, brauchen Sie den Beistand eines Strafverteidigers, der versuchen kann, einen Freispruch für Sie zu erwirken, oder zumindest dafür zu sorgen, dass Sie mit einer möglichst milden Strafe und ohne öffentliches Aufsehen aus der Sache wieder heraus kommen.
Dr. Brauer Rechtsanwälte sind auf Strafrecht, insbesondere Sexualdelikte, spezialisiert, und arbeiten bundesweit. Sie erreichen uns jederzeit per Telefon, E-mail, oder via WhatsApp.
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