Miete von Ferienhäusern in Zeiten des Coronavirus. Kann man immer reibungslos stornieren?

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Der Urlaub steht auch heuer in der Bella Italia kurz vor der Tür. Im Gegensatz zu den vorherigen Jahren kann man heuer wohl nicht davon ausgehen, dass der Tourismus den italienischen Markt prägen wird. Das Coronavirus hält die Welt (und besonders Italien) in Atem. Immer mehr Unternehmen und Vertragspartner in allen Branchen sind von den Auswirkungen der Pandemie betroffen. Auch der Tourismus bekommt die Folgen erheblich und unmittelbar zu spüren. Es kommt seitens der Mieter zu massiven Stornierungen von Ferienobjekten (z. B. aus Angst vom Virus oder aufgrund bestimmter restriktiver Maßnahmen, welche in der jeweiligen Region Italiens getroffen wurden, s.g. „zona rossa“). Der Vermieter, welcher mit seinen Gästen direkt oder indirekt über eine Plattform, wie z. B. booking.com oder Airbnb, eine schriftliche Vereinbarung getroffen hat, verliert sein Geschäft. 

Vor diesem Hintergrund stellt sich nun spontan die Frage, wie sich der Vermieter vor einer solchen Gesundheitskrise und einem sprunghaften Anstieg der Stornierungen rechtlich absichern kann. Ist der Mieter laut italienischem Recht berechtigt, seine Buchung jederzeit und problemlos zu stornieren/kündigen? Welche Regelungen greifen im Falle einer Stornierung? Welche Stornierungsbedingungen sind rechtskonform? 

Wie bekannt werden Ferienwohnungen nur für einen bestimmten, relativ kurzen Zeitraum (von 1 Woche bis zu ca. 1 Monat) zur Nutzung überlassen. 

Im Bereich der Stornierungen sind zwei Rechtsgrundlagen ausschlaggebend: (i) das Reisevertragsrecht (s.g. „Codice del Turismo“, Gesetzesdekrete Nr. 79/2011 und Nr. 62/2018, Art. 41 regelt das Rücktrittsrecht) und (ii) das italienische Mietrecht (ital. Zivilgesetzbuch § 1571 ff.: „der Mietvertrag ist der Vertrag, mit dem sich eine Partei (Vermieter) gegenüber der anderen Partei (Mieter) verpflichtet, ein bewegliches oder ein unbewegliches Objekt für eine bestimmte Zeit und für einen bestimmten Mietzins zur Verfügung zu stellen“). 

Doch wann handelt es sich um einen Reisevertrag? Das kommt darauf an was die Parteien wollen. Der Gesetzgeber ging bei der Schaffung des Reisevertragsrecht davon aus, Pauschalreisen zu regeln. Voraussetzung für das Entstehen eines Reisevertrages ist deshalb eine Gesamtheit von Reiseleistungen. Der Vermieter tut wesentlich mehr als „nur“ das Ferienobjekt zu überlassen. Das ist namentlich der Fall, wenn er mindestens zwei wesentlich gleichartige Reiseleistungen erbringt oder wenn der Vertragsabschluss mit einem Reisebüro, welches als Vermittler auftritt, abgeschlossen wird. 

Es gilt Reisevertragsrecht, wenn z. B. für die Familie ein ganzes Reisepaket durch ein Reisebüro gebucht/gekauft (inkl. Flug, Zug, Transfer, Miete der Wohnung etc.) wurde. Hingegen private Vermietungen durch den Vermieter (Privateigentümer) der sich in Italien befindenden Immobilie, fallen unter das Mietrecht. Hier gilt nicht das Reisevertragsrecht (Codice del Turismo)! 

Unserer Stellungnahme liegt heute das private Mietrecht zugrunde, bzw., wie Stornierungen in Zeiten des Covid-19 aus Vermieter Sicht behandelt werden sollen und ob sich der Mieter auf Unmöglichkeit der Leistung berufen darf. Kann man in diesem Fall von einer außerordentlichen Kündigung sprechen, welche zu einer unmittelbaren Vertragsauflösung führt? 

Generell ist zu sagen, dass das Prinzip der höheren Gewalt im italienischen Zivilgesetzbuch durch die Paragrafen 1256 (Endgültige und vorübergehende Unmöglichkeit) und 1463 (Vollständige Unmöglichkeit) ausgedrückt wird. In diesen Paragrafen wird festgehalten, dass die Verbindlichkeit erlischt, wenn die Leistung aus einem vom Schuldner nicht zu vertretenden Grund unmöglich wird. Es wird außerdem zwischen „endgültiger“ und „vorübergehender“ Unmöglichkeit unterschieden. Weiteres wird im Zivilgesetzbuch bemerkt, dass bei Verträgen mit gegenseitigen Leistungen die infolge nachträglicher Unmöglichkeit von der geschuldeten Leistung befreite Vertragspartei die Gegenleistung nicht verlangen kann. 

Und was wurde seitens der italienischen Regierung diesbezüglich spezifisch unternommen? 

Die Regierung hat zur Thematik/Problematik der Stornierungen keine spezifischen Dekrete erlassen, sodass man sich heute auf die gesetzlichen ordentlichen Vorschriften berufen muss. Derzeit stellen sich die Vermieter folgende Fragen: Ist der Mieter zur Zahlung des Mietpreises verpflichtet, unabhängig davon, warum und wann er die Buchung storniert? Ist ein entschädigungsloser Rücktritt für den Mieter möglich? 

Damit diese Fragen beantworten kann, muss man zunächst prüfen, ob ein schriftlicher Mietvertrag zwischen den Vertragsparteien abgeschlossen wurde und welchem Recht er unterliegt (wenn sich der Standort des Ferienhauses in Italien befindet, ist es ratsam, den Vertrag nach italienischem Recht zu regeln). Weiteres muss analysiert werden, ob im Vertrag konkrete und rechtskonforme Stornierungsbedingungen festgelegt wurden (auch im Falle einer Epidemie, Pandemie etc., also auch bei außergewöhnlichen Umständen). Was schriftlich vereinbart wurde, gilt auch im Falle des Coronavirus und muss von den Parteien eingehalten und akzeptiert werden („pacta sunt servanda“)! Wenn dies der Fall ist, ist der Vermieter auf der sicheren Seite und hat keine Einbußen sofern er von seinem Vertragsrecht Gebrauch macht. 

Aber was geschieht, wenn es kein (schriftliches) Abkommen zwischen den Parteien gibt oder wenn der Vertrag einen etwaigen Rücktritt seitens des Mieters und dessen Folgen in diesem außerordentlichen Umstand der Gesundheitskrise nicht ausführlich und klar regelt? Welche Handlungsmöglichkeiten stehen dem Vermieter zu, wenn der Mieter auf das Prinzip der „höheren Gewalt“ oder auf von der Regierung angeordneten Maßnahmen zusteuert?

Es sei zunächst erwähnt, dass nur Pauschalreisenden ein volles Reiserücktrittsrecht zusteht (Art. 41 Codice del Turismo). 

Bei Vermietung von privaten Ferienhäusern stellt sich im Hinblick auf einen etwaigen entschädigungslosen Rücktritts des Mieters heute grundsätzlich die Frage wo/in welchem Standort in Italien sich das Ferienobjekt befindet (befindet sich das Ferienobjekt in der s.g. „Zona Rossa“ oder nicht?), wann der Mietvertrag abgeschlossen wurde und wann der Mieter/Gast seinen Urlaub antreten wird, ob es zu diesem Zeitpunkt (noch) restriktive Maßnahmen geben wird und warum der Mieter storniert hat. 

Vorab sei mitgeteilt, dass mit einem Dekret des Ministerpräsidenten Conte die aktuellen Beschränkungen des öffentlichen Lebens in ganz Italien vorerst bis zum 3. Mai 2020 verlängert wurden. Es gilt: Kontakte auf das absolut Notwendige zu minimieren. Nicht zu verreisen – weder ins Ausland noch im Inland, auch nicht zu Verwandten. Ob es eine weitere Verlängerung geben wird, ist heute noch unklar. Es herrscht große Unsicherheit. Rechtzeitig vor dem 4. Mai wird die Regierung die Entwicklung erneut bewerten und weitere Maßnahmen beschließen.

Man kann allgemein behaupten, dass das Coronavirus Mietverträge grundsätzlich nicht aushebelt. Vieles hängt von den (schriftlich) vereinbarten Miet- und Stornobedingungen ab, welche im Vertrag verankert sind.

Eine klare und ausführliche Antwort zu liefern, ob der Mieter problemlos (fristlos und entschädigungslos) stornieren kann oder nicht, ist zu diesem Zeitpunkt sehr schwierig, da die Beurteilung und Prüfung des Rechtsfalles und etwaige Berufung auf höhere Gewalt oder Unmöglichkeit der Leistungserbringung stark einzelfallabhängig sind

Nehmen wir an, dass 

- der Mieter oder Gast nur aus reiner Angst des Covid-19 (was ja einerseits auch verständlich und nachvollziehbar sein könnte) die Buchung des Ferienobjektes in der Toskana oder in Lignano Sabbiadoro für August oder September 2020 storniert; und 

- der Vermieter aber das Ferienhaus zur Verfügung stellen kann. 

Sofern im Vertrag nichts anders vereinbart wurde, stehen die Möglichkeiten des Mieters, sich auf das Prinzip der höheren Gewalt zu berufen, nicht gut. Er könnte somit nicht entschädigungslos seine Buchung stornieren. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass er die geleistete Anzahlung verliert. In diesem Zusammenhang muss betont werden, dass rechtlich ein großer Unterschied zwischen Anzahlung („acconto“) und Bestätigungszahlung („caparra confirmatoria“) besteht. Dies sollte im Vertrag präzisiert werden. Wie gesagt, jeder Fall ist anders und muss eigens analysiert werden. 

Wenn Mieter Buchungen für stark betroffene Regionen in Italien stornieren wollen, soll der Vermieter nach eigenem Ermessen entscheiden, ob und in welcher Höhe etwaige Stornogebühren in dieser besonderen Situation eingefordert werden sollen. Um das Verhältnis zu seinen Gästen/Mietern jedoch nicht zu schädigen, kann der Vermieter Preissenkungen aus Kulanz in eigenem Ermessen gewähren. 

Schlussfolgerung

Man soll in dieser Gesundheitskrise jedoch verständnisvoll sein und versuchen, eine tragbare Lösung (für beide Parteien) zu finden (indem man z. B. auf die Strafzahlung verzichtet, falls vertraglich vorgesehen, oder dem Mieter die Anzahlung zurückerstattet, oder eine Alternative oder das Ferienhaus zu einem reduzierten Mietpreis anbietet, oder das Ferienobjekt zu einem anderen Zeitpunkt mit denselben Bedingungen vorschlägt etc.). 

Wir empfehlen jedenfalls für die Zukunft, mit dem Mieter vertraglich konkrete und rechtsichere Miet- und Stornierungsbedingungen festzulegen. Stornierungsgebühren sollen dem Mieter sehr offen und klar kommuniziert werden! 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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