Mietminderung wegen Legionellen

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Dieses Mal will ich Ihnen im Rahmen eines Rechtstipps ein von mir erstrittenes Urteil darstellen. Selbstverständlich sollen auch die Grundlagen des Urteils erläutert und weitergehende Informationen erteilt werden.

Der aktuelle Fall

Ein konkretes Beispiel ist oft hilfreich, um die abstrakten Vorgaben des Gesetzes zu verstehen. Daher will ich auch genau damit beginnen.

Der Sachverhalt – Was war passiert?

Es war einmal ein Mieter in einem Haus mit vielen Parteien. Eigentümer und Vermieter dieses Hauses war eine große Wohnungsgesellschaft mit eigener Hausverwaltung. Das Haus, soviel sei gesagt, hatte seine besten Tage bereits hinter sich, das störte den Mieter aber zunächst einmal nicht. 

Irgendwann, spätestens jedenfalls im April 2014, aber waren die Wasserleitungen in dem Haus mit Legionellen (Bakterien, die in erwärmtem Wasser zu einem Gesundheitsrisiko werden können, wobei die Infektion sowohl durch Einatmen als auch durch Verschlucken erfolgen kann) befallen. Daraufhin minderten verschiedene Mieter die Miete; die Quoten unterschieden sich dabei zum Teil. Unser Mieter machte eine Minderungsquote von 20 % geltend. Er behielt diesen Anteil der Miete jedoch nicht einfach ein, sondern zahlte die volle Miete unter Vorbehalt.

Mitte 2016 glaubte die Hausverwaltung, der Legionellenbefall sei beseitigt und widersprach ausdrücklich der Fortführung der Mietminderung. Dabei räumte die Hausverwaltung aber ein, dass an einzelnen Stellen bei einer Beprobung noch Legionellen festgestellt werden konnten.

Bis ins Jahr 2018 hinein konnte keine endgültige Entwarnung gegeben werden, es erfolgten weitere Beprobungen, die immer wieder einen weiterhin bestehenden Befall ergaben.

Das Verfahren

Um die Verjährung der Ansprüche zu verhindern, wurde schließlich noch Ende des Jahres 2018 Klage erhoben. Geltend gemacht wurde dabei die Rückzahlung der unter Vorbehalt gezahlten Beträge, insgesamt immerhin ein Betrag von gut 3.000 €.

In dem Verfahren wurde insbesondere darüber gestritten, ob der Legionellenbefall in der konkreten Art einen Mietmangel darstellt.
Ein solcher Mietmangel ist im Fall von Legionellen gegeben, wenn eine objektive, konkrete Gesundheitsgefährdung vorliegt. Dabei wurde in der Rechtsprechung teilweise angenommen, es müsse eine erhebliche Konzentration von Legionellen (nach dem Amtsgericht München etwa über 10.000 koloniebildende Einheiten [KBE] je 100 ml Wasser) vorliegen. Derart hohe Konzentrationen lagen – glücklicherweise – weder in der Wohnung unseres Mieters noch in dem Haus vor.
Tatsache ist aber auch, dass das Umweltbundesamt davon ausgeht, dass bereits bei einer Konzentration von 100 KBE / 100 ml Wasser davon auszugehen ist, dass im System Mängel vorliegen. 

Das Gericht holte zunächst eine Stellungnahme des zuständigen Gesundheitsamtes ein. Eine konkrete Gefährdung konnte dadurch allerdings weder nachgewiesen noch widerlegt werden. 

Für den Mieter führte ich aus, dass an das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr keine überhöhten Anforderungen zu stellen sind. 

Das Urteil

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens kam das Gericht schließlich zu seinem Urteil.
Das Gericht verurteilte den Vermieter, wie beantragt, zur Zahlung in voller Höhe. Dies bedeutet zunächst einmal, dass die Mietminderung durch das Gericht anerkannt wurde, wie geltend gemacht.
In den Urteilsgründen stellte das Gericht klar, dass eine Wohnung nur dann frei von Mängeln ist, wenn sie nicht gesundheitsgefährdend ist. Das Gericht erteilt der oben dargestellten Ansicht einiger Gerichte, die allein auf Zahlen abstellen, eine Absage. Entscheidend ist nicht ein bestimmter Grenzwert. Allein der Nachweis von Legionellen im Trinkwassersystem eines Hauses ist ausreichend, um eine konkrete Gesundheitsgefahr zu begründen. Selbst die Werte des Umweltbundesamtes und der Trinkwasserverordnung werden nicht als ausreichend angesehen, um eine konkrete Gesundheitsgefahr zu verneinen. 

Soviel also zum konkreten Fall. Doch was bedeutet dies nun allgemein? Wann kommt eine Mietminderung in Betracht? Was muss der Mieter beachten?

Mietmängel allgemein

Damit eine Mietminderung überhaupt in Frage kommt, muss zunächst einmal ein Mietmangel vorliegen.

Nach der gesetzlichen Regelung in § 536 Abs. 1 BGB kommt es darauf an, ob ein Mangel vorliegt, der die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch ganz oder teilweise aufhebt. Nur unwesentliche Beeinträchtigungen sind ausdrücklich nicht als Mangel anzusehen. 

Für die Bestimmung eines Mangels ist damit zunächst auf die Regelungen des jeweiligen Mietvertrages und gegebenenfalls ergänzende Vereinbarungen einzugehen. Zwar wird man bei einigen Mängeln – etwa Störung der Heizung oder der Wasserversorgung – regelmäßig davon ausgehen können, dass diese einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB darstellen, es sind aber auch bei hier Konstellationen denkbar, in denen es für den vertragsgemäßen Gebrauch nicht auf bestimmte Fehler ankommt. Ein gutes Beispiel hierfür bilden Störungen der Heizung. Typischerweise wird auch ein vollständiger Ausfall der Heizung in unseren Breitengraden nur dann einen Mangel der Mietsache darstellen, wenn er während der Heizperiode auftritt. Außerhalb der Heizperiode kommt es für die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht auf die Funktionsfähigkeit der Heizungsanlage an. 

Es zeigt sich also, dass von einer bestimmten Funktionsbeeinträchtigung nicht zwingend auf einen Mangel der Mietsache geschlossen werden kann. Dies ist vielmehr abhängig von der Bewertung im Einzelfall. 

Es kommen Sach- und Rechtsmängel in Betracht. Auch Störungen von Dritten, etwa anderen Mietern, können grundsätzlich einen Mangel der Mietsache darstellen. Ein erst in den letzten Jahren aufgetretener Fall des Mangels ist eine (erhebliche) Abweichung der tatsächlichen Wohnfläche von der vertraglich vereinbarten. 

Mietminderung

Liegt ein Mangel der Mietsache vor, so ist dieser dem Vermieter anzuzeigen. Dies muss nach § 536c Abs. 1 BGB unverzüglich, das heißt "ohne schuldhaftes Zögern", geschehen. Wird eine solche Anzeige unterlassen, so kann sich der Mieter sogar schadensersatzpflichtig machen. Außerdem kann der Mieter sich dann nicht auf weitere Rechte berufen. Dies umfasst unter anderem die Mietminderung. 

Der Vermieter sollte – gleichzeitig mit der Mangelanzeige oder getrennt hiervon – zur Beseitigung des Mangels aufgefordert werden. Dabei sollte auch eine konkrete Frist gesetzt werden. 

Für die Zeit der Minderung der Tauglichkeit mindert sich die Miete kraft Gesetzes, § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB. Es ist aber sinnvoll, die Mietminderung konkret anzuzeigen und auch eine konkrete Minderungsquote zu benennen.

Hinsichtlich der Minderungsquoten finden sich im Internet und in zahlreichen Ratgebern, Fachbüchern und sonstiger Literatur regelmäßig Angaben. Dabei ist aber zu beachten, dass eine Minderungsquote nur dann übernommen werden kann, wenn der Sachverhalt auch tatsächlich vergleichbar ist. Ich rate dringend davon ab, einfach eine Quote pauschal zu übernehmen. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle, die für rechtliche Laien oft nicht zu überschauen sind. 

Ebenso, wie die Mietminderung automatisch kraft Gesetzes eintritt, endet sie auch, wenn der vertragsgemäße Zustand der Mietsache wiederhergestellt ist. Es kann also nicht bis zum Ende des Monats die Miete gemindert werden, vielmehr ist eine taggenaue Berechnung der Minderung vorzunehmen. 

Hilfreiche Tipps

  • Wenn Unsicherheit über das Vorliegen eines Mangels oder die Höhe der Minderungsquote besteht, so kann sich im Hinblick auf die Kündigungsmöglichkeiten wegen Zahlungsverzuges statt einer tatsächlichen Minderung der Miete die Zahlung unter Vorbehalt anbieten (wie dies auch in dem eingangs dargestellten Fall geschehen ist)
  • Beweise sollten rechtzeitig gesichert werden. Dabei sollten Zeugen dazu angehalten werden, selbst Aufzeichnungen zu fertigen, um einem nachlassenden Erinnerungsvermögen zu begegnen. Foto- und Videoaufnahmen sind zum Nachweis stets sinnvoll. Dabei ist auf eine gute Qualität zu achten Sachverständigengutachten werden im Hinblick auf die Kosten regelmäßig ausscheiden. 
  • Die Höhe der Minderung ergibt sich aus der Brutto-Miete (Kaltmiete + Nebenkostenvorauszahlungen). Gegebenenfalls muss die Minderungsquote auch auf die Betriebskostenabrechnung ausgeweitet werden.

Gerne unterstütze ich Sie als Mieter bei der Durchführung einer Mietminderung oder auch als Vermieter bei der Abwehr einer solchen. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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