Nachbarbirke wirft Laub und Pollen ab – muss der Nachbar diese beseitigen oder entfernen?

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Ein ständiger Anlass für Nachbarstreit sind allerorts Immissionen von Bäumen und Sträuchern aus Nachbars Garten, die Mengen an Herbstlaub, Früchte, Blätter und Pollen auf die Grundstücke der Nachbarn werfen. 

Birken auf Grundstück des Nachbarn – zu beseitigen von diesem bei Störungen?

Besonders störend sind dabei oft die Birken, die besonders ungeliebt sind, da durch sie neben starken Pollen auch im Herbst große Mengen an Laub zu beseitigen sind. Kann nun der Grundstückeigentümer vom Nachbarn, auf dessen Grundstück die störende Birke steht, deren Entfernung verlangen? Der BGH hat dies nun höchstrichterlich geklärt und entschieden. 

Die Entscheidung des BGH

Der V. Zivilsenat des BGH hat am 20. September 2019 diese Frage höchstrichterlich geklärt und das zugrunde liegende Urteil des dem stattgebenden Landgericht Karlsruhe vom 01.08.2018 wieder aufgehoben. Was war passiert? 

In dem entschiedenen Fall in Baden-Württemberg hatte der Nachbar auf seinem Grundstück drei Birken stehen, die den landesrechtlichen Abstandsgrenzen zur Grundstücksgrenze Rechnung trugen. 

Die Birken sind ca. 18 Meter hoch, gesund, werfen aber Samen und Früchte aus, und werfen im Herbst Laub ab. Der gestörte Nachbar, der darunter leidet und das Laub in seinem eigenen Garten beseitigen muss, klagte gegen den Nachbarn auf Beseitigung, hilfsweise auf eine Entschädigungsrente von monatlich 230 EUR von Juni bis November jeweils für die Beseitigungskosten. 

Damit unterlag er nun letztinstanzlich. Der BGH hat entschieden, dass dann, wenn Bäume die jeweiligen landesrechtlichen Abstände zur Grundstücksgrenze einhalten, ein Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB voraussetze, dass der Beklagte Störer im Sinn dieser Vorschrift ist. 

Dafür solle nicht bereits das Eigentum an dem Grundstück genügen, von dem die Einwirkung ausgeht. Vielmehr sei festzustellen, ob es jeweils Sachgründe gibt, dem Grundstückseigentümer die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen.

In der Regel ist die Einhaltung der Abstandsgrenze maßgeblich

Wenn es um durch Naturereignisse ausgelöste Störungen gehe, sei entscheidend, ob sich die Nutzung des Grundstücks, von dem die Beeinträchtigungen ausgehen, im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. 

Wenn ein Baum die jeweiligen landesrechtlichen Abstandsgrenzen einhalte, so der BGH, soll damit eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung gegeben sein. Komme es dann trotz Einhaltung der Abstandsgrenzen zu natürlichen Immissionen auf dem Nachbargrundstück, sei der Eigentümer des Grundstücks hierfür nach der von dem Gesetzgeber vorgenommenen Wertung regelmäßig nicht verantwortlich, vorbehaltlich etwaig bestehender Sachgründe dafür. 

Auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des sog. nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses ergebe sich nach dem BGH keine abweichende Bewertung. 

Dies gilt jedoch dann nicht, wenn besondere Sachgründe des konkreten Einzelfalls eine andere Bewertung rechtfertigen. Solche Sachgründe werden nun in jedem konkreten Einzelfall zu prüfen sein. 

2. Hilfsantrag auf Zahlung eines Monatsbetrages für die Beseitigung 

Auch den Hilfsantrag des Klägers auf Zahlung einer monatlichen Entschädigung von 230 EUR in den Monaten Juni bis November für die Beseitigung des Herbstlaubs, welches auf dem Grundstück des Nachbarn vom Baum abgeworfen wurde, wies der BGH ab. 

Auf den Ausgleichsanspruch für erhebliche Immissionen nach § 906 Abs. 2 BGB könne sich nach dem BGH der Kläger nicht berufen, da der beklagte Nachbar für die Immissionen des Baumes nicht verantwortlich war. 

3. Ausblick

Die Entscheidung, zu der derzeit erst noch nur die Pressemitteilung vorliegt zum aktuellen Zeitpunkt, hat die Frage, ob und wann ein störender imitierender Baum auf dem Nachbargrundstück beseitigt werden muss, in großen Teilen nun geklärt. 

Offen und damit dem konkreten Einzelfall zu überlassen bleiben mithin stets individuell dann die Fragen, ob konkrete Sachgründe dafürsprechen, dass eine abweichende Beurteilung gegen ist, dass ein Baum einmal nicht ordnungsgemäß bewirtschaftet wird, obgleich er die landesrechtlichen Abstände zur Grundstücksgrenze einhält. Dies wird im Einzelfall zu prüfen und ggf. gerichtlich zu klären sein. 

Anders in den in der Praxis im Alltag sehr häufigen Fällen, wo Sträucherteile auf das Grundstück des Nachbarn hinüberwachsen. Dies braucht der Nachbar unter Umständen nicht hinzunehmen. Diese Fälle regeln sich nach den Grundsätzen des sog. Überhangs nach § 910 BGB. 

Danach besteht ein Anspruch gegen den Nachbarn als Eigentümer des ausufernden Strauches, nach vorheriger Aufforderung mit angemessener Fristsetzung, diesen Überhang zu beseitigen, nach der dann der gestörte Nachbar die überhängenden Zweige selbst beseitigen und entfernen darf, sofern die Zweige den Nachbarn beeinträchtigen. 

Im Streitfall muss regelmäßig dargelegt werden im Klageverfahren, worin diese Beeinträchtigung besteht, und es erfolgt damit in jedem Einzelfall eine richterliche Würdigung betreffs der Beeinträchtigung, wenn es zum Streit kommt. 

Hamburg, im November 2019

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verwaltungsrecht Iris Schuback aus Hamburg



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