Neue Abmahnungen der Rasch Rechtsanwälte für Emi Music mit Forderung von Unterlassung und Schadensersatz

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Eine neue Abmahnwelle der Rasch Rechtsanwälte aus Hamburg rollt an. Hierbei werden nun auch verstärkt Forderungen der EMI Music Germany GmbH &. Co. KG mit Sitz in Köln gelten gemacht.

In dem Abmahnschreiben wird zunächst behauptet, dass der Empfänger der Abmahnung ein bestimmtes Album oder ein Musiktitel „unerlaubt” im Internet „verwertet” habe. Die Musik sei „zum Herunterladen verfügbar” gemacht worden (sogenanntes file-sharing in Peer-to-Peer Netzwerken). Sodann wird im einschüchterndem Fettdruck gefordert, diese Handlung zukünftig „zu unterlassen” und sich im Wiederholungsfall zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von jeweils „5.001,00 Euro” zu verpflichten.

Der beigefügte Gerichtsbeschluss und die einseitige Aufzählung veralteter Gerichtsentscheidungen sollen den Anschein erwecken, dass die geltend gemachten Ansprüche völlig zu Recht bestehen und leicht durchgesetzt werden können. Viele Empfänger des bedrohlich wirkenden Schreibens erliegen dem starken anwaltlichen Druck und lassen sich zu einem vorschnellen „Vergleich” und damit zur Zahlung eines weitestgehend unberechtigten „pauschalen Abgeltungsbetrags" in Höhe von 1.200,00 Euro bis 1.800,00 Euro, sowie zur Abgabe einer Unterlassungserklärung mit einer drohenden Vertragsstrafe von sogar „5.001,00 Euro” je Einzelfall verleiten. Im Wiederholungsfall können die Rasch-Anwälte so Forderungen von einigen zehntausend Euro beanspruchen.

Wie Sie weiteren Schaden, überhöhte Zahlungen und unnötige Gerichtsprozesse vermeiden können, erfahren Sie hier:

Richtige Reaktion bei Erhalt einer Abmahnung der Rasch Rechtsanwälte

Erster Tipp: Ruhe bewahren. Die Welt geht nicht unter! Machen Sie sich gegenwärtig, dass das wuchtige Anschreiben bei Ihnen zunächst Angst und Unsicherheit erzeugen soll und damit den Weg zu einem übereilten Anerkenntnis der horrenden Forderungen ebnen möchte. Angst und Unsicherheit sind jedoch stets schlechte Ratgeber. Sie sollten vielmehr besonnen reagieren und die Angelegenheit sachlich betrachten.

Stellen Sie zunächst sicher, dass kein Computer an Ihren Internetzugang angeschlossen ist, der über Programme wie „Kazaa, Limewire, Bearshare, Bittorent, Edonky, Emule, Azureus, Ttorrent oder Shareaza” Kontakt zu Tauschbörsen, wie „Gnutella, Bittorent, Faststrack oder eDonkey200” aufbaut. Überprüfen Sie auch, dass keine Kinder oder Dritte Zugriff auf Ihren Internetanschluss haben. Sofern Sie das Internet über W-Lan nutzen, muss sichergestellt sein dass das Funknetzwerk nach neuestem Standard verschlüsselt ist.

Nun können Sie sich mit den Ansprüchen der Gegenseite auseinandersetzen. Sie brauchen hierbei keine „24-Stunden-Abmahn-Notfall-Hotline” (es besteht kein Notfall: Sie haben bislang lediglich einen Brief erhalten!), sondern bestenfalls Ruhe, Bedenkzeit und im Zweifel den verlässlichen Rat eines in diesen Fällen erfahrenen Anwalts.

Meist werden diese Ansprüche von Ihnen verlangt:

Unterlassung, Schadensersatz und Ersatz möglicher Rechtsverfolgungskosten

Der Empfänger der Abmahnung sieht sich im Wesentlichen zwei Ansprüchen ausgesetzt. Die Abmahner verlangen Unterlassung weiterer Verletzungshandlungen und Schadensersatz. Diese Forderungen werden durch die Anwälte aus den für den juristischen Laien unverständlichen Tiefen des Urheberrechts begründet. Hierzu werden verschiedenen Normen aus dem Urhebergesetz (kurz: UrhG) zitiert, aber nicht näher erklärt.

Das Abmahnschreiben erweckt hierbei den Anschein, dass diese Forderungen aufgrund der zitierten Urhebergesetze und der angegebenen Rechtsprechung, sowie wegen der vermeintlichen Ermittlungsergebnisse dem Grunde nach völlig eindeutig bestehen. Das Gegenteil hiervon ist jedoch der Fall!

Die Abmahnungen der „Rasch Rechtsanwälte” sind als pauschale Standardschreiben gehalten, welche zwar eine Vielzahl von allgemeinen rechtlichen Erwägungen aufweisen, letztlich jedoch die entscheidenden Besonderheiten des Einzelfalls, z.B. die maßgebliche Frage, wer TATSÄCHLICH den vermeintlichen Urheberrechtsverstoß begangen hat, völlig außer Acht lassen. Bei Ausfertigung der Abmahnschreiben werden nur die einzelnen Titel und die gesammelten IP-Daten in die vorformulierten Massenabmahnungen eingesetzt.

Zudem verschweigen die rechtlichen Ausführen der Abmahnung, dass die Rechtslage wider dem juristischen Anstrich des Briefes keineswegs eindeutig ist und andere Gerichte teilweise sogar völlig konträre Rechtsansichten zu Unterlassungsansprüchen und Schadensersatzforderungen vertreten. Inhaber eines Internetanschlusses, über den möglicherweise Urheberrechtsverletzungen begangen wurden, können zum Beispiel nach dieser - in der Abmahnung nicht aufgeführten Rechtsprechung - keinesfalls automatisch als Störer herangezogen werden (vgl. nur LG Mannheim 30.01.2007, - 2 O 71/06; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 01.07.2008, - 11 U 52/07). Diese und andere widersprechenden Urteile können den zweifelhaften Rechtsansichten der Abmahner entschieden entgegengesetzt werden.

Die juristischen Gegenargumentation und Forderungsabwehr, sollte zudem auf einer genauen Analyse der tatsächlichen Faktenlage gründen. Schließlich beurteilen sich die möglichen Ansprüche einzig nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. Entscheidend ist zum Beispiel, wie viele Personen den Internetanschluss nutzen konnten oder wie die oftmals kabellosen Datenübertragungen (W-LAN) geschützt und verschlüsselt wurden. Daneben ist relevant, welche Rechtsverletzungen nach anderen Faktoren, wie etwa tatsächlicher Dateiinhalt, genaue Dateigröße und Grad des Downloads, tatsächlich möglich erscheinen.

Die Geldforderungen sind schwer durchsetzbar und stark überhöht

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass eine Störung oder eine Täterschaft im Sinne des Urheberrechts zweifelsfrei feststehen sollte, wären darüber hinaus die geltend gemachten Schadensersatzansprüche unbedingt der Höhe nach zu überprüfen. Warum sollte für den Download eines Musiktitels mit einem Verkaufswert von allenfalls 2 Euro ein Gesamtbetrag von 1.200,00 Euro gezahlt werden? Zwar werden in der Vergleichssumme unterschiedliche Ansprüche, insbesondere der auf Schadensersatz und der Kostenerstattungsanspruch vermengt, für diese gänzlich überzogene Forderungen besteht jedoch kein Raum.

In Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch ist zu berücksichtigen, dass nach dem neuen § 97a II Urhebergesetz die Kosten der Rechtsverfolgung bei einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf maximal 100,00 Euro begrenzt werden. Bei der Massenabmahnung von dem privaten Austausch einer Musikdatei dürfte diese Kostengrenze sicher meist eingreifen. Die von den abmahnenden Anwälten in Aussicht gestellten Rechtsverfolgungskosten von weit über eintausend Euro sind demnach illusorisch. Der für die Bemessung der Rechtsverfolgungskosten in Ansatz gebrachte Streitwert von 5.000,00 Euro pro Titel (also etwa 90.000,00 Euro pro Album) ist nach Maßgabe der aktuellen Rechtsprechung völlig übersetzt. So bezifferte zum Beispiel jüngst das Amtsgericht Halle den Streitwert bei dem illegalen Tausch eines vollständigen Spielfilms mit gerade einmal 1.200,00 EUR (AG Halle (Saale), Urteil vom 24.11.2009 - 95 C 3258/09). Die aktuelle Tendenz der Rechtsprechung grenzt einen weitergehenden Schadensersatzanspruch darüber hinaus stark ein (zum Beispiel 15,00 Euro pro Datei). Auch die möglichen Ermittlungskosten sind nicht belegt und erscheinen in Anbetracht der gebündelten Datenerhebung in einer Vielzahl von Fällen stark überhöht. Zusätzliche Schadensersatzforderung werden von den Abmahnern also nur behauptet, letztlich jedoch weder rechtlich, tatsächlich noch betragsmäßig weiter ausgeführt und begründet. Insoweit ist davon auszugehen, das jedenfalls kein weiterer ersatzpflichtiger Schaden vorliegt. Eine Zahlung sollte daher nicht erfolgen. Mit den richtigen Argumenten, insbesondere dem Hinweis auf die Beweislastverteilung und die für den Abgemahnten günstigen Gerichtsentscheidungen kann der Zahlungsanspruch abgewehrt werden.

Vorsicht Unterlassungsanspruch - Eine einstweilige Verfügung droht

Der verschuldensunabhängig (!) bestehende Unterlassungsanspruch sollte hingegen schon zur Verhinderung einer möglichen gerichtlichen Unterlassungsverfügung und damit tatsächlich entstehender Rechtsverfolgungskosten vorsorglich und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfüllt werden. Hierfür muss eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden. Keineswegs sollte hierfür jedoch auf den der Abmahnung beigefügten Vordruck zurückgegriffen werden. Die von den Rasch-Anwälten vorbereitete Unterlassungserklärung sieht in aller Regel eine der Höhe nach starr bezifferte Vertragsstrafe von 5.001,00 EUR vor. Die danach für jeden Fall der Zuwiderhandlung in gleicher Höhe anfallende Vertragsstrafe kann jedoch im Einzelfall völlig unangemessen sein, was dann freilich nichts an der Verpflichtung zur Zahlung eben jenes Betrages ändert. Einen Ausweg bietet für den Abgemahnten der so genannte „Hamburger Brauch". Danach verpflichtet sich der Abgemahnte, eine für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Unterlassungsgläubiger nach billigem Ermessen festzusetzende und im Streitfall von einem Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe zu zahlen. Diese Art der variablen Vertragsstrafe hat den Vorteil, dass den Besonderheiten der einzelnen Zuwiderhandlung Rechnung getragen werden kann. Die vom Unterlassungsgläubiger festzusetzende Vertragsstrafe muss der Höhe nach angemessen sein und ist insoweit gerichtlich voll überprüfbar. Insoweit empfiehlt es sich meist, eine abgeänderte (modifizierte) Unterlassungserklärung abzugeben, um so drohende Gerichtsprozesse zu vermeiden.

Zusatzinfo: Das sind die Abmahner: „Rasch Rechtsanwälte” und „Emi Music GmbH”

Die Hamburger Abmahnkanzlei „Rasch Rechtsanwälte” vertritt namhafte Größen der deutschen und internationalen Musikverlage, wie zum Beispiel die „Universal Music GmbH”, die „EMI Music Germany GmbH Co. KG” oder die „Sony BMG Entertainment GmbH”. Bei den Anwälten handelt es sich um hochspezialisierte Urheberrechtsexperten.

Die „EMI Music Germany GmbH Co. KG” ist einer der größten Musikverlage der Welt und mahnt derzeit häufig die folgenden Titel ab:

„In And Out Of Consciousness” von Robbie Williams, „Teenage Dream” der Sängerin Katy Perry „Walking On A Dream” der Gruppe Empire Of The Sun , „We've All Been There” von Alex Max Band „This Is War” der Künstlergruppe 30 Seconds To Mars und Alben von den Comedian Harmonists, Blur, 2Raumwohnung, Joe Cocker oder Cypress Hill.

Die vermeintlichen Rechtsverletzungen werden durch die „proMedia zum Schutz geistigen Eigentums mbH” aufgespürt. Die Internet-Detektei durchsucht Filesharing-Systeme, Torrent-Portale und Internet-Tauschbörsen, wie „BitTornado” oder „Sharepeaza” gezielt nach möglichen illegalen downloads. Dabei ist besonders pikant, dass das der Kanzleigründer der „Rasch Rechtsanwälte”, Rechtsanwalt Clemens Rasch, auch Geschäftsführer der „promedia” ist und somit ein doppeltes Interesse an gewonnen Spionagedaten haben dürfte.

Fazit:

Keinesfalls sollte man bei Erhalt einer Abmahnung die vorformulierten Verpflichtungserklärungen der Gegenseite ungeprüft unterschreiben, Auskünfte erteilen oder die viel zu hoch bemessenen Forderungen erfüllen! Wer eine Abmahnung der „Rasch Rechtsanwälte” erhält, sollte vielmehr nach Maßgabe des Einzelfalls besonnen und richtig reagieren, um so möglichen Schaden von sich oder seiner Familie abzuhalten.

Für die Analyse, welches Vorgehen in dem konkreten Einzelfall angeraten ist und wie den horrenden Forderungen ein endgültiger Riegel vorgeschoben werden kann, ist ein versierter juristischer Rat in jedem Fall lohnenswert, schließlich können Zahlungen an die Gegenseite weitestgehend vermieden werden. Ihr im Urheber-, Internet- und Medienrecht erfahrener Anwalt wird die Schwachstellen der Abmahnung gezielt ausfindig machen, eine gegebenenfalls notwendige Unterlassungserklärung eigens zu Ihren Gunsten individuell formulieren und für Sie abgeben. Hierdurch können Gerichtsprozesse vermieden und ungerechtfertigte Forderungen der Gegenseite effektiv abgewehrt werden.

Der Autor ist Rechtsanwalt in Köln. Er ist geschäftsführender Gesellschafter der Rechtsanwaltskanzlei WAGNER HALBE Rechtsanwälte in Köln. Er berät und vertritt Privatmandanten und Unternehmer in Fragen des Urheber-, Internet und Medienrechts.

Bei Anregungen oder Fragen zu diesem Themenkomplex können Sie eine unverbindliche E-Mail direkt an die Adresse info@wagnerhalbe.de senden.

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