Neue BGH-Urteile (XI ZR 525/19, XI ZR 498/19): Autofinanzierung widerrufen und Diesel zurückgeben

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Dieselfahrer sind frustriert

Seit Jahren wird darüber gesprochen: Dieselfahrer bekommen Probleme, weil ihre Fahrzeuge an Wert verlieren und durch Fahrverbote nur eingeschränkt nutzbar sind. Viele Fahrzeuge sind auch von Abgasmanipulationen betroffen. Das ist alles sehr ärgerlich für die Dieselbesitzer, zumal Diesel einmal als besonders wertbeständig und langlebig galten.

Kreditfinanzierung gibt Hebel zur Rückabwicklung

Der „Widerrufsjoker“ bei Kreditfinanzierungen ist ebenfalls nicht neu. Wer als Verbraucher den Fahrzeugkauf mit einem Darlehen finanziert hat, das vom Händler vermittelt wurde, kann Kredit und den Kauf zwei Wochen lang widerrufen. Die zweiwöchige Frist läuft aber nicht ab, wenn die Bank keine ordnungsgemäße Widerrufsinformation erteilt und im Vertrag nicht vollständig und richtig eine Liste von Pflichtangaben (Vertragszins, Verzugszins, Aufsichtsbehörde etc.) gemacht hat. Das ist häufig der Fall. Der Widerruf ist dann noch Jahre später möglich. Folge des Widerrufs: Der Darlehensnehmer erhält seine Raten zurück und gibt den Wagen an die Bank. Der Kredit gilt als getilgt. 

Nun höchstrichterliche Urteile, Az. XI ZR 525/19 und XI ZR 498/19

Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) die Verträge der Mercedes Bank, der Ford Bank und der BMW Bank für rechtens erklärt hat, schwand die Hoffnung auf erfolgreiche Widerrufsklagen. Aber nun hat der BGH nun auch einmal verbraucherfreundlich geurteilt. Danach wurde die FCA Bank verurteilt (Az. XI ZR 498/19; dagegen ist XI ZR 535/19 noch nicht veröffentlicht). Die Gründe betreffen aber viele andere Banken ebenso. 

Zwei Erfolgsvoraussetzungen für Klage

Es müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein:

Zum einen muss die Widerrufsinformation folgenden Passus enthalten („Kaskadenverweis“):

„Die Frist beginnt nach Vertragsschluss, aber erst, nachdem der Darlehens­nehmer alle Pflicht­angaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des   Darlehens, Angabe zum Nettodarlehens­betrag, Angabe zur Vertrags­lauf­zeit) erhalten hat“.

Der Kaskadenverweis verweist auf eine unübersichtliche Normenkette und wird von Verbrauchern nicht verstanden. Die Widerrufsinformation ist also nicht klar und verständlich und deshalb auch nicht ordnungsgemäß. Auch der EuGH hat geurteilt, dass der Kaskadenverweis den europarechtlichen Anforderungen nicht genügt. Aber: Der BGH hat bereits entschieden, dass die Bank dann geschützt ist, wenn sie die gesetzliche Vorlage für die Widerrufsinformation (eine Art Muster) vollständig und exakt übernimmt. Dann schadet der Kaskadenverweis nicht. Nun hat der BGH in Az. XI ZR 525/19 und XI ZR 498/19 seine Rechtsprechung abgerundet und entschieden, dass die Bank nicht geschützt ist, wenn die Widerrufsinformation nicht vollständig und exakt übernommen wurde.

Zum anderen darf die Widerrufsinformation also nicht dem gesetzlichen Muster entsprechen.

Hier kommt der Rechtsanwalt ins Spiel, denn das kann der Verbraucher i.d.R. selbst nicht sicher feststellen. Wird in der Widerrufsinformation ein verbundener Vertrag erwähnt, der nicht geschlossen wurde (z.B. eine Kreditschutzversicherung), so dürfte dagegen eine recht einfache und klare Abweichung vom Muster vorliegen, die auch der Verbraucher erkennt. Aus der Prüfung hunderter Verträge ist RA Dr. Schweers bekannt, dass über diesen Fehler hinaus viele Banken in bestimmten Vertragsgenerationen noch weitere Abweichungen haben, insbesondere die Santander Bank, RCI Bank, die Banken aus dem VW-Konzern (VW Bank, Audi Bank, Skoda Bank, Seat Bank), Bank11, die Toyota Bank. Grundsätzlich lohnt sich bei allen Banken die Prüfung auf Fehler.

Obacht bei Rechtsfolgen

Leider muss sich der Darlehensnehmer den Wertverlust des Wagens anrechnen lassen. Das bedeutet, die Differenz zwischen dem Wert bei Kauf und dem bei Rückgabe wird vom Rückzahlungsanspruch des Darlehensnehmers abgezogen. Es ist dann im Einzelfall zu sehen, ob sich der Widerruf lohnt. Möglich ist aber auch, dass Banken, die eine Rückgabe des Wagens vermeiden wollen, Vergleiche anbieten, die eine Einmalzahlung an den Kläger beinhalten. Auch für Darlehensnehmer, denen die Kreditbelastung zu hoch ist und die den Kredit deshalb schnell beenden wollen, kann der Widerruf attraktiv sein.

Letztlich spiegelt die Rückabwicklung in den Rechtsfolgen einfach die tatsächliche wirtschaftliche Situation wieder.

Grotesk muten allerdings Ausführungen des BGH an, die andeuten, der widerrufende Darlehensnehmer handele in bestimmten Fällen rechtsmissbräuchlich, so zum Beispiel, wenn er bzw. sein Anwalt erst in der Revisionsinstanz Abweichungen vom gesetzlichen Muster rügen. An anderer Stelle hat der BGH nämlich entschieden, dass  das Gericht die Abweichung ohnehin von sich aus prüfen muss (XI ZR 72/16). Dann kann es aber auch nicht rechtsmissbräuchlich sein, wenn das Gericht, in welcher Verfahrensinstanz auch immer, vom Kläger auf eine Abweichung hingewiesen wird. Die Ausführungen des BGH hierzu sind bei allem Respekt leider nicht nachvollziehbar.

Update: Die für Darlehensnehmer nachteiligen Ausführungen des BGH zum Rechtsmissbrauch dürften sich nach aktuellen Entscheidungen des EuGH tatsächlich nicht mehr aufrechterhalten lassen ( EuGH, 09.09.2021 - C-33/20, C-155/20 und C-187/20).

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Die Stiftung Warentest führt Rechtsanwalt Dr. Schweers als erfolgreichen Rechtsanwalt. Das Handelsblatt berichtete über seine Rechtstipps bezüglich des Dieselskandals. Rechtsanwalt Dr. Schweers konnte bereits Urteile gegen Banken erwirken und in zahlreichen Fällen attraktive Vergleiche aushandeln.

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