Neue Regelungen für Erbe mit Auslandsbezug

  • 3 Minuten Lesezeit

Zum 17. August 2015 ist die europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) in allen EU – Mitgliedstaaten, außer Großbritannien, Irland und Dänemark, in Kraft getreten. Damit haben sich wesentliche Bestimmungen zu Erbfällen für den Fall geändert, dass ein Erblasser im Ausland lebt oder der Nachlass Vermögen enthält, das im Ausland liegt.

Die EU-Erbrechtsverordnung regelt nunmehr, welches nationale Erbrecht auf einen solchen Fall anzuwenden ist und welches Gericht in solchen Fällen zuständig sein soll. Zudem führt es zum Nachweis der Erbenstellung das europäische Nachlasszeugnis ein.

Durch die EU-Erbrechtsverordnung wird das sogenannte Kollisionsrecht, also die verbindliche Bestimmung, welches nationale Erbrecht in einem Erbfall mit Auslandsberührung gilt, harmonisiert. Zuvor galt in der Regel das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der/die Erblasser/in besaß, wobei es hier zwischen einzelnen Ländern zu gesonderten Regelungen kam, sodass teilweise in verschiedenen Ländern Erbscheine zu beantragen waren. Nunmehr gilt für den gesamten Nachlass das Recht des Staates, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dieses Recht gilt für den gesamten Nachlass, egal in welchem Land er sich befindet.

Entscheidend ist der gewöhnliche Aufenthalt

Hat beispielsweise ein deutscher Staatsangehöriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt auf Mallorca gehabt, gilt für ihn das spanische Erbrecht. Verstirbt ein französischer Staatsangehöriger, der seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, gilt deutsches Erbrecht.

Schwierig wird es, den gewöhnlichen Aufenthalt zu bestimmen, wenn beispielsweise eine weitere enge feste Bindung zu Deutschland aufrechterhalten wird, obwohl der Erblasser im Ausland lebt, oder aber der Erblasser nicht dauerhaft an einem Ort gelebt hat, sondern abwechselnd in Deutschland oder beispielsweise in Spanien. Hier wird dann entsprechend abzuwägen sein.

Wichtig ist, dass das jeweilige staatliche Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsortes für den gesamten Nachlass gilt. Lebt beispielsweise ein deutscher Staatsangehöriger schon seit Jahren auf Mallorca und hinterlässt er, als er dort stirbt, noch ein Haus in Stralsund, so gilt einheitlich sowohl für den Nachlass auf Mallorca als auch in Deutschland spanisches Erbrecht. In diesem Fall wären für die Abwicklung des Nachlasses die spanischen Gerichte zuständig. Dies gilt auch für die Beantragung des Europäischen Nachlasszeugnisses.

Legen Sie im Testament fest, welches Recht gelten soll

Die EU-Erbrechtsverordnung gibt jedoch die Möglichkeit, dass der Erblasser das jeweils geltende Recht wählen kann. In dem vorgenannten Fall hätte er z. B. durch ein Testament bestimmen können, dass deutsches Recht für seinen Erbfall gilt. Dann würde – ebenfalls für seinen Nachlass auf Mallorca – deutsches Erbrecht Anwendung finden.

Auch wenn man sich nicht gerne mit seinem Tod auseinandersetzt, sollten Sie sich frühzeitig mit Ihrer Nachlassplanung beschäftigen. Insbesondere sollten Sie sich darüber Gedanken machen, wo Sie zukünftig Ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort haben werden.

Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Umstand, dass Güter- und Personenstandsrechte zum Großteil noch nicht harmonisiert sind. So kann es dazu kommen, dass die Erbquote eines Ehegatten in einem anderen EU-Land anders beurteilt wird als in Deutschland. Das kann auch Auswirkungen auf die jeweilige Erbquote oder das Pflichtteilsrecht haben.

Hier sollte darüber nachgedacht werden, eine Rechtswahlregelung zu treffen, damit Ihr letzter Wille letztendlich die Wirkung hat, die Sie sich tatsächlich wünschen.

Überprüfen Sie bereits bestehende Regelungen

Sollten Sie bereits ein Testament oder einen Erbvertrag errichtet haben, sollten Sie für sich prüfen, ob ein Sachverhalt mit Auslandsberührung vorliegt oder aber ein solcher zukünftig nicht ausgeschlossen werden kann. In diesem Fall sollten Sie Ihr bereits errichtetes Testament daraufhin überprüfen, ob die von Ihnen gewünschten Ziele auch bei Geltung ausländischen Erbrechts noch erreicht werden können. Gegebenenfalls sollte das Testament ergänzt werden.

Denken Sie daran: Es ist nie zu früh! Rufen Sie uns an.

Rechtsanwalt Michael Welz

ist Mitglied in der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e.V. (DVEV)



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Michael Welz

Beiträge zum Thema