Neues Urteil zum Widerspruchsrecht bei Lebensversicherungen

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Das OLG Hamm hat in einem aktuellen Urteil vom 17.06.2015, Az.: 20 U 56/14, einem Versicherungsnehmer Recht gegeben. Dieser hatte eine Kapitallebensversicherung im Jahr 2003 abgeschlossen. Der Versicherungsnehmer war wie folgt über sein Widerspruchsrecht belehrt worden:

„Sie können diesem Versicherungsvertrag innerhalb von 14 Tagen nach Zugang dieses Schreibens widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung einer Widerspruchserklärung in Textform (schriftlich oder in anderer lesbarer Form). Selbstverständlich werden wir Ihnen in diesem Falle bereits gezahlte Beiträge zurückerstatten.“

Interessant ist an dem Urteil, dass die Versicherung hier mehrmals belehrt hat. Die zuvor erteilten Belehrungen waren jedoch entweder zu früh (d.h. im Antrag) oder nicht deutlich genug (d.h. in der Verbraucherinformation versteckt).

Die oben zitierte Widerspruchsbelehrung in dem Policenbegleitschreiben wiederum war inhaltlich nicht in Ordnung.

Belehrung über Fristbeginn muss unmissverständlich sein

Das Gericht bemängelte, dass die Belehrung über den Fristbeginn irreführend sei. Nach Auffassung des Gerichts kann der Empfänger aus der verwendeten Widerspruchsbelehrung nicht erkennen, dass weitere Unterlagen notwendig sind, um die Widerspruchsfrist in Gang zu setzen.

Beim sogenannten Policenmodell beginnt die Widerspruchsfrist erst, wenn der Versicherungsnehmer

  • den Versicherungsschein,
  • die Versicherungsbedingungen,
  • die Verbraucherinformationen und
  • und die Widerspruchsbelehrung

erhalten hat.

Bei der verwendeten Widerspruchsbelehrung kann der Empfänger nicht zweifelsfrei erkennen, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Frist zum Widerspruch zu laufen beginnt.

Die Widerspruchsfrist kann daher nicht beginnen. Dies gilt selbst dann, wenn der Versicherungsnehmer alle Unterlagen (siehe oben) bekommen hat, die für den Beginn der Widerspruchsfrist notwendig sind.

Kündigung schließt Widerspruch nicht aus

Nach dem Urteil steht eine zuvor erklärte Kündigung dem Widerspruch nicht entgegen. Dies ist auch sachgerecht. Eine fehlerhafte Widerspruchsbelehrung führt ja gerade dazu, dass der Versicherungsnehmer nicht alle seine rechtlichen Möglichkeiten nutzt.

Daher führt das Gericht hierzu folgerichtig aus:

„Denn bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerspruchsrecht ist nicht sichergestellt, dass dem Versicherungsnehmer zur Zeit der Kündigung bewusst ist, neben dem Kündigungsrecht ein Recht zum Widerspruch zu haben, um so die Vor- und Nachteile einer Kündigung gegen die eines Widerspruchs abwägen zu können (BGH, Urt. v. 16.10.2013, IV ZR 52/12, juris, Rn. 24, VersR 2013,1513).“

Andere Einwände der Versicherung hat das Gericht ebenso abgelehnt: Den Einwand treuwidrigen Verhaltens hat es ebenso abgelehnt, wie den Einwand der Verjährung. Zur Verjährung hat das Gericht zutreffend festgestellt, dass diese erst mit der Erklärung des Widerspruchs beginnen kann. Das Widerspruchsrecht als sogenanntes Gestaltungsrecht unterliegt der Verjährung nicht.

Auch Abschluss- und Verwaltungskosten darf die Versicherung nicht in Abzug bringen.

Ergebnis

Das OLG Hamm festigt die bisherige verbraucherfreundliche Rechtsprechung zum Widerspruchsrecht bei Versicherungsverträgen. Der Fall zeigt, dass es sich für jeden Versicherungsnehmer lohnen kann, die bisher abgeschlossenen Versicherungsverträge zu überprüfen. Besteht ein Widerspruchsrecht, so kann sich der Versicherungsnehmer noch nach Jahren von unliebsamen Verträgen lösen.

Eine rechtliche Überprüfung bietet Rechtsanwalt Robert Nebel, M. A. im Rahmen einer Erstberatung (60 € inklusive Umsatzsteuer) an.

Robert Nebel, M. A.

Rechtsanwalt

Licenciado en Derecho

 


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