Neuregelung des Pfändungsschutzes für die Altersversorgung

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Neuregelung des Pfändungsschutzes für die Altersversorgung
Umwandlung von Lebensversicherungen in Rentenversicherungen

Tipps für die Ehescheidung

1. Pfändungsschutz

Es gibt fast keine Ehescheidung, bei der sich die Beteiligten und ihre Rechtsanwälte nicht mit dem Thema Altersversorgung beschäftigen.

Im Rahmen des Scheidungsverfahrens wird ermittelt, welche Versorgungsanwartschaften die Beteiligten in der gesetzlichen Rentenversicherung, bei privaten Rentenversicherungen und bei der betrieblichen Altersversorgung haben.

Die Scheidungssituation ist also Anlass, das Thema Altersversorgung beider Ehegatten zu analysieren. Dabei wird häufig festgestellt, dass eine ausreichende Altersversorgung nicht vorhanden ist.

Soweit die Altersversorgung auf Lebensversicherungen aufgebaut wurde, stellt sich häufig heraus, dass die Lebensversicherungen an die Bank abgetreten oder in der Vergangenheit bereits von Gläubigern „weggepfändet" worden sind.

Auch eine private Rentenversicherung war bis vor kurzem dem Zugriff der Gläubiger ausgesetzt. Das sogenannte Rentenstammrecht konnte gepfändet werden.  

Nachdem die gesetzlichen Renten nicht mehr ausreichen, um in Zukunft die Altersversorgung abzusichern, ist der Gesetzgeber mehrfach tätig geworden, um die private Altersversorgung zu fördern. Der Staat tut dies auch im eigenen Interesse, um zu vermeiden, dass immer mehr Menschen im Alter Grundsicherung oder Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen.

Dies ist auch der Grund, weshalb der Gesetzgeber nunmehr das „Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge" vom 26.03.2007 erlassen hat.

Nach den neuen Vorschriften ist das Rentenstammrecht einer reinen Rentenversicherung jetzt vor Pfändungen seitens der Gläubiger geschützt. Pfändbar sind allenfalls nach den gleichen Maßstäben (unpfändbare Freibeträge) wie bei Arbeitseinkommen die laufende monatlichen Renten, wenn sie später ausbezahlt werden.

Jeder Inhaber einer Lebensversicherung kann gemäss der neuen Vorschrift § 173 Versicherungsvertragsgesetz jederzeit die Umwandlung der Versicherung in eine Rentenversicherung verlangen und dadurch erreichen, dass sie dem Zugriff der Gläubiger entzogen wird.

Voraussetzungen für den Pfändungsschutz sind folgende:
  • Die Leistung darf nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder nur bei Eintritt der Berufsunfähigkeit gewährt werden;
  • über die Ansprüche aus dem Vertrag darf nicht verfügt werden. Diese Rentenversicherungen können also nicht mehr an die Bank abgetreten werden;
  • die Bestimmung von Dritten mit Ausnahme von Hinterbliebenen als Berechtigten ist ausgeschlossen;
  • die Zahlung einer Kapitalleistung ausgenommen eine Zahlung für den Todesfall darf nicht vereinbart werden.
Damit muss also bei den Rentenversicherungen das sogenannte Kapitalwahlrecht ausgeschlossen sein.

Unser Tipp:

Wer über Kapitallebensversicherungen oder über Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht verfügt, sollte sich beraten lassen und überlegen, wie hoch er das Risiko einschätzt,  dass eines Tages Gläubiger auf dieses Vermögen zurückgreifen.

Diese Überlegungen sollten insbesondere Selbständige und Unternehmer anstellen.

Bei Arbeitnehmern ist das Risiko, Arbeitslosengeld II in Anspruch zu nehmen erfahrungsgemäss ebenfalls relativ hoch. Dies betrifft insbesondere Arbeitnehmer, die älter als fünfzig Jahre sind und arbeitslos werden.  

Auch im Rahmen der Gewährung des Arbeitslosengelds II werden die Lebensversicherungen in Höhe des Rückkaufswerts über den Freibeträgen herangezogen, .d.h. den Betroffenen wird die Verwertung dieser Versicherungen zugemutet.

Auch für diese Fälle empfiehlt es sich, vorsorglich die Lebensversicherung in eine Rentenversicherung ohne Kapitalwahlrecht umzuwandeln.

Es ist überraschend, dass bis jetzt über diese gesetzliche Neuregelung weder in der Presse noch in den juristischen Fachzeitschriften berichtet wurde. Dabei hat sie gravierende Auswirkungen für eine Vielzahl Betroffener.

Die Versicherungsgesellschaften haben bisher diese Thematik auch nicht aufgegriffen. Vermutlich haben sie kein Interesse daran, dass die Inhaber von Lebensversicherungen oder von Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht die Umwandlung nach § 173 des Versicherungsvertragsgesetzes fordern, da diese Umstellung vermutlich für die Versicherungsgesellschaften Kosten und einen erheblichen Aufwand mit sich bringt.


2.
Gestaltung bei der Scheidung


Für den Fall der Scheidung ergeben sich  folgende Konsequenzen:

2.1.    Umwandlung von Lebensversicherungen in Rentenversicherungen

Erfolgt die Umwandlung der Versicherung  in eine reine Rentenversicherung bis zum Stichtag (Zustellung des Scheidungsantrags), fallen diese Versicherungen nicht mehr in den Zugewinnausgleich!

Sie werden dann im Rahmen des Versorgungsausgleichs erfasst.

Es versteht sich von selbst, dass eine solche Umwandlung dann keinen Sinn macht, wenn kein ausgleichspflichtiger Zugewinn vorhanden oder Gütertrennung vereinbart ist.



Muss der Ausgleichspflichtige dagegen auch Zugewinnausgleich zahlen, kann er durch die Umwandlung der Versicherung in eine reine Rentenversicherung den Ausgleich auf das Rentenalter verschieben (schuldrechtlicher Versorgungsausgleich)!

Er zahlt dann nicht Zugewinnausgleich bei der Scheidung, sondern leistet im Rentenalter Versorgungsausgleich.

2.2.    Gestaltung bei vorhandener Rentenversicherung - Ausübung des Kapitalwahlrechts

Der Vollständigkeit halber sei noch auf folgendes hingewiesen:

Auch die Umwandlung einer privaten Rentenversicherung in eine Kapitallebensversicherung bzw. die Ausübung des Kapitalwahlrechts kann Sinn machen, wenn der Inhaber nicht zugewinnausgleichspflichtig ist!

Die Ausübung des Kapitalwahlrechts kann nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2003, 664) auch noch während des Scheidungsverfahrens vor Rechtskraft der Ehescheidung durchgeführt werden!


München, den 4.05.2007
Rechtsanwalt Harro Graf von Luxburg, München, www.ravonluxburg.de

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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