Nicht jede Fehlleistung einer Krankenschwester berechtigt zur Kündigung

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Wenn eine Krankenschwester sich ungeschickt im Umgang mit einer Patientin verhalten und nicht schnell genug einen Arzt herangezogen hat, genügen eine Abmahnung sowie eine Schulung; eine Kündigung ist jedenfalls unangebracht, meint das Arbeitsgericht Magdeburg.

Eine in einem Krankenhaus seit August 1994, zuletzt im Bereich der kardiologischen Wachstation vollzeitig tätige Krankenschwester verrichtete am 15. März 2012 ihren Dienst, als sich folgendes abspielte:

Gegen Mittag, wurde nach einem Suizidversuch eine Patientin aufgenommen und in die kardiologische Wachstation verbracht. Sie wurde von einem Arzt untersucht, der sodann eine Therapie-Anweisung für sie ausfüllte. Diese beinhaltete neben strenger Bettruhe eine erhebliche Flüssigkeitszufuhr über einen Tropf. Dem danach zu erwartenden erheblichen Harndrang wurde bis dahin mit einer Bettpfanne begegnet. Als die Patientin merkte, dass die Krankenschwester und ihre Kollegin darüber sprachen, dass dem vermehrten Harndrang über einen Blasenkatheter begegnet werden könne, geriet sie in Panik, bewegte sich sehr unruhig und versuchte, irgendwie ihre Ablehnung eines solchen Plans zum Ausdruck zu bringen. Die Krankenschwester und ihre Kollegin riefen den Pfleger und die weitere Schwester zur Hilfe und fixierten die Patientin mit Haltegurte für Arme und Beine. Diese war auch nach der Fixierung weiterhin unruhig. Daraufhin soll nach Angabe der Patientin die Krankenschwester ans Kopfende getreten sein und sich wie folgt geäußert haben:

„Sehen sie die Ärzte dort drüben, wenn sie nicht endlich ruhig mitmachen, machen wir ihre Decke hoch und spreizen ihre Beine und alle können das dann sehen."

Die Krankenschwester hat jedoch weder einen Blasenkatheder gelegt, noch den Versuch hierzu unternommen. Aufgrund der von ihr getätigten Äußerungen, der Fixierung der Patientin und dem Umstand, dass sie erwogen haben sollte, dass Ärzte der Patientin einen Katheder legen sollten, wurde der Krankenschwester im Juni 2012 nach Anhörung des Betriebsrates die außerordentliche fristlose Kündigung, hilfsweise die ordentliche Kündigung ausgesprochen.

Die Krankenschwester erhob hiergegen Kündigungsschutzklage.

Das Gericht stellt zuerst fest, dass die außerordentliche Kündigung allein schon aus dem Grunde unwirksam sei, weil eine außerordentliche Kündigung nur wirksam innerhalb von zwei Wochen, beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen Kenntnis erlangt hat, erfolgen könne. Diese Frist ist bei weitem überschritten.

Aber auch die ordentliche Kündigung ist unwirksam, weil sie nicht sozial gerechtfertigt ist. Eine Kündigung sei aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers sozial gerechtfertigt, wenn er seine Vertragspflichten erheblich verletzt hat, das Arbeitsverhältnis dadurch auch künftig beeinträchtigt werde, eine zumutbare Möglichkeit einer anderen, eine weitere Störung zuverlässig ausschließenden Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen der Vertragsteile angemessen erscheine. Die Kündigung muss das letzte denkbare Mittel darstellen, mildere nicht mehr zumutbar sein.

Im diesem Fall sei offensichtlich von einem unsensiblen Umgang mit der Patientin auszugehen. Es ließe sich auch darüber streiten, ob aufgrund des Verhaltens der Patientin Gefahr in Verzug und somit deren Fixierung ohne vorherige ärztliche Anordnung erforderlich gewesen war. Tatsächliche Hinweise auf weitergehende erst geplante oder bereits begonnene pflichtwidrige Handlungen seitens der Krankenschwester in Zusammenhang mit der Behandlung der Patientin seien jedoch nicht einmal im Ansatz zu erkennen gewesen. Dass danach allenfalls noch verbleibende mögliche Fehlverhalten der Krankenschwester sei in keinem Fall geeignet, nach einer 18-jährigen unbeanstandeten Tätigkeit für das Krankenhaus auch nur eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

Der Kündigungsschutzklage war daher vollumfänglich stattzugeben.

(Quelle: Arbeitsgericht Magdeburg, Urteil vom 20.02.2013; 3 Ca 2423/12)

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