Notarielles Nachlassverzeichnis und Pflichtteil | Anwalt | Heidelberg

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Rechtsanwälte der Kanzlei Fathieh aus Heidelberg

Zur Bezifferung des Pflichtteilsanspruchs werden Angaben über den Nachlass des Erblassers benötigt. Dies kann jedoch dann problematisch sein, wenn eine Person zwar pflichtteilsberechtigt ist, aber vom Erblasser enterbt wurde. In solchen Fällen ist der Pflichtteilsberechtigte oftmals nicht über die konkreten Vermögensverhältnisse des Erblassers informiert. Damit er seinen Pflichtteilsanspruch beziffern kann, hat der Gesetzgeber ihm einen sogenannten Auskunftsanspruch gewährt.

Was ist der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten?

Gemäß § 2314 Absatz 1 Satz 1 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte Auskunft über den Bestand des Nachlasses von dem Erben oder der Erbengemeinschaft verlangen. Somit ermöglicht der Auskunftsanspruch den Pflichtteilsberechtigten, ein Nachlassverzeichnis vom Erben zu fordern. In diesem müssen alle relevanten Angaben aufgeführt werden, die der Pflichtteilsberechtigte für die Bezifferung seines Pflichtteilsanspruchs benötigt.

Welche Arten von Nachlassverzeichnis gibt es?

Es gibt zwei Arten von Nachlassverzeichnis: das privatschriftliche und das notarielle Nachlassverzeichnis. Das privatschriftliche Nachlassverzeichnis wird vom Erben selbst verfasst, wohingegen das notarielle Verzeichnis von einem Notar erstellt wird. Bei letzterem ist der Notar für die Richtigkeit der Angaben zuständig. Die Erben sind bei dem notariellen Nachlassverzeichnis zur Kooperation verpflichtet.

Der Pflichtteilsberechtigte kann entscheiden, welche Art von Nachlassverzeichnis er bevorzugt. Wird ein notarielles Nachlassverzeichnis gefordert, ist zu beachten, dass die Notargebühren aus dem Nachlass gezahlt werden und der Erbe oder die Erbengemeinschaft sich aussuchen kann, welcher Notar mit der Erstellung des Nachlasses beauftragt wird.

Welche Vorteile hat ein notarielles Nachlassverzeichnis?

Der Notar darf nicht blind die Angaben der Erben beurkunden, sondern er hat die Pflicht, eigene Nachforschungen anzustellen. Allein dieser Umstand führt oftmals dazu, dass der Erbe alle Angaben nochmals kontrolliert. Gerade Schenkungen werden gerne „vergessen“, ins privatschriftliche Verzeichnis aufzunehmen. Somit besteht bei dem notariellen Nachlassverzeichnis eine größere Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben.

Anwesenheitsrecht des Pflichtteilsberechtigten

Der Pflichtteilsberechtigte hat gemäß § 2314 Absatz 1 Satz 2 BGB das Recht, bei der Aufnahme des Verzeichnisses anwesend zu sein. Dieses Anwesenheitsrecht besteht sowohl bei dem privatschriftlichen als auch dem notariellen Nachlassverzeichnis. Zu beachten ist jedoch, dass es sich lediglich um ein Anwesenheitsrecht handelt, sodass es eben nicht dazu berechtigt, Erklärungen vom Erben zu fordern oder in irgendeiner Art und Weise mitzuwirken. Auf Wunsch kann sich der Pflichtteilsberechtigte auch anwaltlich vertreten lassen.

Was kommt ins Nachlassverzeichnis?

Im Nachlassverzeichnis müssen all die Angaben aufgeführt werden, die für die Berechnung und Bezifferung des Pflichtteilsanspruchs notwendig sind. Zunächst müssen alle vorhandenen Nachlassgegenstände und -werte (sog. Aktivnachlass) ins Verzeichnis aufgenommen werden. Zum Aktivnachlass gehören das Bankguthaben (Konto, Sparbuch etc.) und beispielsweise Immobilien oder andere Vermögenswerte. Ferner müssen auch sämtliche Schulden sowie andere Verbindlichkeiten des Erblassers im Nachlassverzeichnis aufgeführt werden. Dies wird auch als Passivnachlass bezeichnet. Im Anschluss wird von dem Aktivnachlass der Passivnachlass abgezogen. Dies ergibt dann den Nettonachlass.

Zuletzt müssen alle pflichtteilsergänzungsrelevanten Schenkungen und Zuwendungen (sog. fiktiver Nachlass) ins Verzeichnis aufgenommen werden. Dabei werden alle Schenkungen der letzten zehn Jahre berücksichtigt, wobei nur Schenkungen innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang berücksichtigt werden. Liegen die Schenkungen weiter zurück, wird für jedes weitere Jahr vor dem Erbfall ein Zehntel des Wertes weniger berücksichtigt.

Der Nettonachlass zusammen mit dem fiktiven Nachlass bildet die Grundlage für die Bezifferung des Pflichtteils. Wichtig zu wissen ist, dass weder Belege wie beispielsweise Kontoauszüge dem Nachlassverzeichnis angefügt werden müssen noch der konkrete Wert des Nachlasses beziffert werden muss.

Was tun, wenn das Nachlassverzeichnis auf sich warten lässt?

Wenn das Nachlassverzeichnis auf sich warten lässt, kann eine Klage vor Gericht zur Einholung eines notariellen Nachlassverzeichnisses erhoben werden. Besteht ein rechtskräftiges Urteil, aber das Nachlassverzeichnis liegt trotz angemessenen Erstellungszeitraums noch immer nicht vor, können Zwangsmittel wie zum Beispiel ein Zwangsgeld angeordnet werden.

Wann sollte man einen Rechtsanwalt kontaktieren?

Wenn Sie auch nach Aufforderung kein Nachlassverzeichnis erhalten haben, sollten Sie umgehend einen Rechtsanwalt zu Rate ziehen. Dieser kann Sie zu den verschiedenen Handlungsmöglichkeiten beraten. Auch wenn Sie ein Nachlassverzeichnis erhalten haben, aber Sie an der Richtigkeit der Angaben zweifeln, sollte ein Rechtsanwalt kontaktiert werden.

Rechtsanwalt Dr. Opitz-Bonse aus Heidelberg berät Sie professionell und kompetent im Erbrecht.

Weitere Informationen erhalten Sie zu dem Thema auf der Seite: https://www.kanzlei-fathieh.de/nachlassverzeichnis-pflichtteil.html

Zum Pflichtteil erhalten Sie hier Informationen:

https://www.kanzlei-fathieh.de/pflichtteil-erbe.html

Allgemeine Informationen mit vielen weiterführenden Links zu Themen des Erbrechts finden Sie auf dieser Unterseite der Kanzlei Fathieh: https://www.kanzlei-fathieh.de/erbrecht.html

Rechtsanwalt Dr. Opitz-Bonse aus Heidelberg
Foto(s): Kanzlei Fathieh

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