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Notdienste: Feierabend mit Abzocke

  • 4 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

Ob Rohrbruch, verstopfte Toilette, abgebrochener Wohnungsschlüssel oder totaler Stromausfall - passiert ein Notfall an einem Sonn- und Feiertag oder nach Feierabend, denken viele sofort daran, einen Notdienst zu beauftragen. Doch das kann teuer werden. Denn leider verfolgt nicht jeder Notdienst mit seiner Dienstleistung auch seriöse Absichten. Die Redaktion von anwalt.de informiert, welche Maßnahmen Sie bereits im Vorfeld treffen können, wie Sie einen seriösen Notdienst finden, worauf Sie bei Vertrag und Bezahlung achten sollten und wie Sie sich rechtlich wehren können, falls doch einmal etwas schief läuft.

[image] Dem Notdienst vorbeugen

Dem Notfall vorzubeugen, schont den Geldbeutel. So bietet es sich an, bei dem Nachbar seines Vertrauens einen Wohnungsschlüssel zu deponieren. Ist die Tür ins Schloss gefallen und steckt der Schlüssel, sollte man nicht vorschnell zum Telefonbuch greifen. Vielleicht kann man die Zeit bis zur regulären Geschäftszeit überbrücken und bei Familie oder Freunden übernachten. Mit einer solchen Notübernachtung lässt sich in jedem Fall Geld sparen, weil Handwerker für den Service außerhalb der regulären Geschäftszeit Zuschläge verlangen.


Im Notfall Ruhe bewahren

Bei vielen Notfällen sind solche vorbeugenden Maßnahmen leider nicht möglich. Doch auch in diesem Fall sollte man nicht in Panik verfallen. Denn gerade diesen „Schockzustand" nutzen Abzocker-Notdienste aus. Wer unüberlegt gleich den erstbesten Notdienst aus dem Telefonbuch wählt, könnte böse überrascht werden. Denn unseriöse Firmen lassen sich besonders gerne im Telefonbuch hervorgehoben und unter „A" eintragen. Also besser einen zweiten Blick riskieren, einen örtlich ansässigen Notdienst auswählen oder darauf achten, dass der Handwerker Mitglied in einem Fachverband ist.


Festpreis und Vergleichsangebote

Vorab sollte man sich in jedem Fall über die Kosten erkundigen und - wenn noch genug Zeit bleibt - mehrere Vergleichsangebote einholen. Vorsicht: Lesen Sie sich den Vertrag genau durch, bevor Sie eine Unterschrift abgeben. Denn ist dort ein überhöhter Preis verankert, müssen Sie ihn im Regelfall auch bezahlen. Vor der Beauftragung sollte man sich außerdem informieren, welche Anfahrtskosten berechnet werden. Unser Tipp: Haben Sie einen örtlich ansässigen Notdienst beauftragt, darf Ihnen nur die Anfahrt innerhalb dieses Ortes berechnet werden.  

Übrigens: Benötigen Sie den Notdienst doch nicht, können Sie als Verbraucher nach der BGB-Info-Verordnung einen telefonisch erteilten Auftrag ohne Angabe von Gründen widerrufen.


Doppelte Berechnung unzulässig

Bei unseriösen Vertretern ist die doppelte Abrechnung derselben Leistung besonders beliebt. Da weist beispielsweise ein Schlüsseldienst sowohl eine Öffnungspauschale in der Rechnung aus und stellt zusätzlich noch die Arbeitszeit in Rechnung oder eine Rohrreinigungsfirma berechnet für die Beseitigung einer Verstopfung neben Arbeitslohn und Arbeitsgeräten zusätzlich noch eine Schmutzzulage. Solche Doppelberechnungen derselben Leistung sind unzulässig. Kommt Spezialwerkzeug zum Einsatz, darf keine Pauschale berechnet werden. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass eine Rohrreinigungsfirma den Einsatz eines Gerätewagens nur berechnen darf, wenn das Spezialgerät auch tatsächlich zum Einsatz gekommen ist (Az.: 2 U 157/87).


Ärger bei der Reparatur

Nicht jeder Noteinsatz ist auch erforderlich. Ein weiterer Trick der Abzocker-Dienste basiert auf unnötigen oder übermäßigen Reparaturen. So kann ein Schlüsseldienst in den allermeisten Fällen problemlos eine Nottüröffnung durchführen, ohne dass das Schloss beschädigt wird. Zusätzliche Arbeiten dürfen nur mit vorheriger Zustimmung des Kunden gemacht werden. Handelt der Handwerker eigenmächtig und bohrt etwa ohne Zustimmung des Kunden den Zylinder auf, muss gar nichts bezahlt werden. Denn dann hat der Handwerker seinen Auftrag (d.h. die Türöffnung ohne Beschädigung des Schlosses) nicht erfüllt und es besteht kein Zahlungsanspruch.  

Bricht der Handwerker die Reparatur vorzeitig ab, darf er dem Kunden nichts für seine bis dahin erbrachten Arbeiten berechnen. Dies gilt nach einem Urteil des Landgerichts München auch, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einen Passus mit der Formulierung enthalten „Bei Abbruch der Arbeit berechnen wir den bis dahin entstandenen Aufwand gemäß Preisliste". Eine solche Klausel ist rechtswidrig und nichtig. Denn bei einem solchen Werkvertrag schuldet der Notdienst dem Kunden den Erfolg, also die Behebung des Problems. Nur wenn der Fehler tatsächlich behoben wurde, darf Bezahlung verlangt werden (Az.: 7 O 13463/89).


Schadensersatzanspruch

Wenn der Notdienst Schäden verursacht, muss er für diese auch aufkommen. Ist er mit seiner Arbeit fertig, sollte man jedenfalls ganz genau hinschauen, ob Schäden entstanden sind oder ob fehlerhaft gearbeitet wurde. Eine Reklamation muss unbedingt bei der Abnahme erfolgen. Achtung: Die Unterschrift unter das Abnahmeprotokoll sollte man also erst leisten, wenn man das „Werk" inspiziert hat. Wer die Arbeit so akzeptiert, muss diese auch bezahlen. Beschädigungen oder Mängel der Arbeit sollte man schriftlich auf dem Protokoll vermerken und sich die Geltendmachung von Ersatzansprüchen vorbehalten. Es genügt der handschriftliche Hinweis. Den Rechnungsbetrag sollte man zunächst bis zur Klärung der Ersatzansprüche nicht begleichen und dann gegebenenfalls gegeneinander aufrechnen.  

Bestehen Zweifel in Hinblick auf die berechneten Kosten, so sollte man zunächst nur die unstrittigen Kosten bezahlen und den Restbetrag einbehalten. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn sofortige Barzahlung verlangt wird. Dies deutet auf einen unseriösen Anbieter hin, der den Kunden so unter Druck setzen und überrumpeln will, dass dieser keine Gelegenheit hat, sich die berechneten Kosten genauer anzusehen. Nur wenn dies ausdrücklich vereinbart ist, kann für die Reparatur Barzahlung verlangt werden.

Sie sehen, Handwerk hat nicht nur goldenen Boden. Es kann leider manchmal auch doppelten Boden haben. Sollten Sie trotzdem einem unseriösen Notdienst auf den Leim gehen und der Notfall Notdienst eintreten, beraten Sie unsere Rechtsexperten gerne über Ihre rechtlichen Möglichkeiten, notfalls auch als Notdienst: Viele unserer Rechtsanwälte erreichen Sie rund um die Uhr über ihre Notfallrufnummer.

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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