OLG Bremen hält Bearbeitungsentgelt bei Darlehen auch gegenüber Unternehmern für unwirksam

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Kann die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam vereinbart werden? Können Unternehmer bereits gezahlte Bearbeitungsentgelte von der darlehensgebenden Bank zurückfordern?

Das OLG Bremen (Urteil vom 17.05.2017-1 U 70/16) hat dies kürzlich bejaht und die darlehensgebende Bank zur Zahlung von 300.000 Euro verurteilt. 

Die Thematik ist nicht nur für bereits erfolgte Finanzierungen, sondern auch für die Gestaltung zukünftiger Kreditverträge mit Unternehmern von Relevanz. 

Der Bundesgerichtshof hat für den Verbraucherdarlehensbereich entschieden, dass die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit wesentlichen Grundgedanken des Darlehensvertragsrechts unvereinbar ist und den Darlehensnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.2014 – XI ZR 405/12). 

Ob diese vom Bundesgerichtshof in Entscheidungen zu Verbraucherdarlehensverträgen entwickelten Grundsätze auf Darlehen im unternehmerischen Bereich übertragen werden können, ist bisher noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung gewesen und wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte sowie in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Bremen (Urteil vom 17.05.2017-1 U 70/16) sind die nachfolgenden Grundsätze auf den Unternehmerdarlehensbereich übertragbar. 

1. Entscheidung des Bundesgerichtshofs für den Verbraucherdarlehensbereich

In der Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten durch Allgemeine Geschäftsbedingungen sieht der Bundesgerichtshof in zweifacher Hinsicht eine mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbare Abweichung vom dispositiven Recht: 

a) Kreditbearbeitung und -auszahlung sind durch den laufzeitabhängig bemessenen Zins zu decken

Nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB hat ein Darlehensgeber seine Kosten für die Kreditbearbeitung und -auszahlung durch den laufzeitabhängig bemessenen Zins zu decken. Diese laufzeitabhängige Ausgestaltung des Entgelts für die Darlehensgewährung beruht nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen, sondern stellt eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots dar und der Bundesgerichtshof sieht sie daher in ihrem Kern als der Disposition des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entzogen an (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.2014 – XI ZR 405/12). 

b) Preisnebenabrede

Zudem beinhaltet ein Bearbeitungsentgelt auch eine grundsätzlich der AGB-Kontrolle unterliegende Preisnebenabrede. Der Bundesgerichtshof sieht auch solche Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen als unvereinbar mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung an, wenn mit ihnen Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt. Eine gesonderte, rechtlich selbstständige und damit auch eigenständig vergütungsfähige Leistung liege in der Bearbeitung des Kreditantrags gerade nicht vor. Die Prüfung von Bonität und Sicherheiten erfolge nur im Interesse des Kreditinstituts sowie im Interesse der Sicherheit des Bankensystems, und nicht im Kundeninteresse. Diese Bereitstellungskosten habe die Bank daher in den laufzeitabhängigen Zins einzupreisen.

2. Bearbeitungsentgelte bei Unternehmerdarlehen

Das OLG Bremen entschied kürzlich, dass formularmäßig vereinbarte Bearbeitungsentgelte bei Darlehen auch im unternehmerischen Verkehr unwirksam sind (OLG Bremen, 17.05.2017, 1 U 70/16).

Solche Bearbeitungsentgelte stellen nach Ansicht des OLG Bremen eine entgegen den Geboten von Treu und Glauben erfolgenden unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers dar. Die Grundsätze des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit solcher Bearbeitungsentgelte seien auch auf Darlehensverträge im unternehmerischen Bereich übertragbar. Das OLG Bremen begründet dies damit, dass der Bundesgerichtshof die Grundsätze zur Unwirksamkeit von Bearbeitungsentgelten im Wesentlichen auf die Vorschriften des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB gestützt hat. Diese Vorschriften enthalten jedoch keine speziellen verbraucherspezifischen Regelungen, sondern gelten im Verkehr gegenüber Verbrauchern gleichermaßen wie im unternehmerischen Verkehr. Dies gilt sowohl für den Grundsatz der Bepreisung von Darlehen durch den Zins als laufzeitabhängiges Entgelt nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB wie auch für das allgemeine Prinzip, dass für die Erbringung von Tätigkeiten, zu denen eine Vertragspartei gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die sie überwiegend im eigenen Interesse erbringt, ein Entgelt von der anderen Partei grundsätzlich nicht zu zahlen ist. Eine von diesen Grundsätzen abweichende Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts als Allgemeine Geschäftsbedingung weicht damit im unternehmerischen Verkehr ebenso wie im Verbrauchergeschäft im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB von den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab.

Einige Oberlandesgerichte (vgl. KG Berlin, Urteil vom 06.04.2017 – 8 U 114/16; OLG Dresden, Urteil vom 03.08.2016 – 5 U 138/16; OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.06.2014 – 23 W 27/14) entschieden hingegen, dass Bearbeitungsentgelte in AGB in Darlehensverträgen wirksam mit Unternehmen vereinbart werden können. Denn im kaufmännischen Verkehr seien die Beteiligten zumeist erfahrener und bedürfen weniger Schutzes vor Preisnebenabreden als Verbraucher. Von unternehmerischen Darlehensnehmern könne erwartet werden, dass sie die auf sie zukommenden Kosten sorgfältig kalkulierten und sich gegebenenfalls an einen anderen Darlehensgeber wendeten. Zudem sei der kaufmännische Verkehr auch wegen der dort herrschenden Handelsbräuche auf eine größere Flexibilität vertragsrechtlicher Normen angewiesen und Preisklauseln aller Art fänden dort breite Verwendung, auch in Form von Bearbeitungsentgelten.

3. Fazit

Sollte sich die Auffassung des OLG Bremen durchsetzen, können Unternehmer bereits gezahlte Bearbeitungsentgelte von der darlehensgebenden Bank zurückfordern. Für die Banken bedeutet die ungeklärte Rechtslage weiterhin eine Schwebelage, in der eine unveränderte Fortsetzung der bisherigen Praxis bei Bearbeitungsentgelten mit erheblichen finanziellen Risiken behaftet wäre. 

Grundsätzlich ist die Erhebung eines Bearbeitungsentgelts auch nach den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs möglich, sofern dieses individuell ausgehandelt wird. Allerdings sind hier einige Hürden zu nehmen. Ein individuelles Aushandeln ist u. a. nur dann gegeben, wenn die Bank sowohl die Höhe wie auch das „ob“ des Entgelts zur Disposition stellt (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 1991, IV ZR 90/90).



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