OLG Frankfurt am Main: Günstiger Ausstieg aus Kredit möglich

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Das OLG Frankfurt am Main hat die Commerzbank AG zur Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung verurteilt. Grundsätzlich hat der Kreditnehmer bei vorzeitiger Kreditrückzahlung eine Entschädigung für den nach vorzeitiger Rückzahlung ausbleibenden Zinsertrag zu leisten (sog. Vorfälligkeitsentschädigung). Bei Verbraucherdarlehen kann der Anspruch der Bank gegen den Kreditnehmer jedoch entfallen, wenn die Angaben zur Berechnung dieser Entschädigung im Kreditvertrag unzureichend sind (vgl. § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Diese Voraussetzungen erachtete das Gericht im Streitfall als gegeben an und verurteilte die Bank zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung an den Bankkunden. Das Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 01.07.2020, Az.  17 U 810/19, ist noch nicht rechtskräftig.  

Berechnung nicht präzise beschrieben

Die Commerzbank AG hatte im Kreditvertrag vom November 2016 folgenden Passus zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung aufgeführt:

Zunächst ermittelt die Bank unter Berücksichtigung etwa vertraglich vereinbarter Sondertilgungsrechte wann und in welcher Höhe Zahlungen vom Darlehensnehmer zu entrichten gewesen wären, wenn das Darlehen fortgeführt worden wäre. In einem weiteren Schritt ermittelt die Bank, welchen Betrag sie zum vorgesehenen Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung anlegen muss, damit der Bank der vereinbarte Betrag zum vorgesehenen vertraglichen Fälligkeitstermin der jeweiligen ausstehenden Rate zur Verfügung stehen würde. Dabei differenziert die Bank wie folgt: Soweit Pfandbriefe mit entsprechenden fristen-kongruenten Laufzeiten vorhanden sind, legt die Bank für die Verzinsung des vorzeitig zurückgezahlten Darlehenskapitals die Zinssätze der entsprechenden am Kapitalmarkt verfügbaren Hypothekenpfandbriefe zugrunde. Die Summe der so ermittelten Anlagebeträge abzüglich des noch nicht zurückgezahlten Darlehensbetrages stellt die Ausgangssumme der Vorfälligkeitsentschädigung dar.“

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist ein Verbraucher anhand dieser Angaben nicht in der Lage, nachzuvollziehen, wie die Bank die Vorfälligkeitsentschädigung im Falle der vorzeitigen Rückzahlung berechnet. Auch wenn die Bank die einzelnen Rechenschritte dargestellt habe, sei diese unverständlich. So werde zur Berechnung nicht vollständig beschrieben, wie die Bank den zweiten Rechenschritt im Einzelnen vollzieht. Für den Verbraucher werde nicht ersichtlich, welche Zinssätze die Bank zur Berechnung der Entschädigung heranzieht, wenn Pfandbriefe mit entsprechenden Laufzeiten für den Rückzahlungstermin nicht vorhanden sind.

Urteile nehmen zu

Das Urteil des OLG Frankfurt am Main ist bereits das zweite obergerichtliche Urteil, mit dem einer Bank der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung versagt wird. So hat der BGH mit Urteil vom 28.07.2020 (Az. XI ZR 288/19) einer Bank ebenso den Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung versagt.

Welchen Nutzen hat das Urteil?

Soweit Bankkunden eine Umfinanzierung oder vorzeitige Ablösung ihres Kredits vorgenommen haben oder planen, kann es sinnvoll sein, den Vertrag darauf prüfen zu lassen, ob der Vertrag hinreichende Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung enthält. Ist dies nicht der Fall, kann der Betrag zurückverlangt bzw. die Zahlung verweigert werden. Dies gilt für sämtlich Kreditverträge. Bei Krediten zur Finanzierung einer Immobilie bzw. mit einer Grundschuld oder Hypothek gilt dies ab dem 21.03.2016.

Für den Fall von Fragen steht Ihnen Rechtsanwalt Philipp Neumann (Kanzlei 2vier2 in Frankfurt am Main) unter der Telefonnummer 069-770394690 bzw. per Mail unter neumann@kanzlei-2vier2.de zur Verfügung. Rechtsanwalt Philipp Neumann ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und seit über 14 Jahren im Bankrecht und in der Prozessführung tätig.  


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