OLG Karlsruhe: geschlossene Beteiligungen sind de facto wirtschaftlich nicht veräußerbar

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Anlageberater muss auf fehlende Handelbarkeit von geschlossenen Beteiligungen hinweisen

In der Praxis kann man feststellen, dass eine Vielzahl von Anlegern in der Vergangenheit geschlossene Beteiligungen erworben haben, ohne die Funktionsweise der Konstruktion zu verstehen und die damit verbundenen Risiken zu überschauen. Erst, wenn der Fonds in die Krise gerät und ein Verlust droht, beschäftigen sich viele intensiv mit der Anlage, erhalten dann aber von dem kontaktierten Vermittler in der Regel keine Informationen mehr.

In den daran anschließenden Schadenersatzprozessen kommt es dann regelmäßig zu der Frage, ob über die Konstruktion der Beteiligung als solche und die damit verbunden Risiken ausreichend aufgeklärt wurde. Es ist dabei festzustellen, dass eine Vielzahl von Anlegern nicht über die Laufzeit der Anlage und die de facto fehlende Handelbarkeit der Anteile hingewiesen werden. Denn in der Realität existieren für geschlossene Beteiligungen im Gegensatz zu Aktien oder Wertpapieren keine funktionierenden Börsen mit einer funktionierenden Preisfindung, sondern eine Veräußerung ist nur über den sog. Zweitmarkt möglich. Dabei handelt es sich um internetgestützte Makler, die für eine angebotene Beteiligung einen Käufer suchen. Allerdings ist der dort gezahlte Preis ausschließlich Verhandlungssache der Parteien, sagt somit nichts über den realen Wert aus. Häufig werden die Erwerber auch nur willens sein, einen Kaufpreis zu zahlen, der hohe Sicherheitsabschläge vorsieht, so dass der Anleger „unter Wert“ verkaufen muss, will er sich von der Beteiligung lösen.

Häufig geschieht eine Aufklärung über diesen Punkt jedoch nicht in dem Gespräch – dort wird allenfalls darauf hingewiesen, dass man die Beteiligung zur Not verkaufen könne – sondern nur im Verkaufsprospekt. Ungeachtet der Frage, ob der Prospekt so frühzeitig übergeben wurde, dass der Kunde ihn mit zur Grundlage seiner Entscheidung machen konnte, werden aber insbesondere in älteren Prospekten die Risiken der fehlenden Handelbarkeit klein geredet und eher verschleiert.

Das OLG Karlsruhe hat nun in einer Entscheidung vom 30.1.2014 (9 U 159/11) die Möglichkeit genutzt und mit klaren Worten deutlich gemacht, dass widersprüchliche Formulierungen im Prospekt nicht ausreichend sind und zur Schadenersatzpflicht des Vermittlers führen können.

So führte das Gericht im vorangestellten 1. Leitsatz aus, dass im Regelfall davon auszugehen ist, dass für den Anleger eine wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit, die Anteile zu einem von ihm gewählten Zeitpunkt zu veräußern, praktisch fehlt.

In einem zweiten Leitsatz stellt das Gericht klar, dass der Hinweis im Prospekt, dass ein „öffentlicher Markt“ für die Anteile zur Zeit nicht bestehe, unzureichend sei, wenn im Prospekt durch die Formulierung „der Geschäftsanteil sei jederzeit veräußerlich“ suggeriert wird, dass es eine wirtschaftliche Möglichkeit zur Veräußerung gäbe und dass der Hinweis nicht nur auf die rechtlich jederzeit mögliche Veräußerbarkeit zielt.

Nach dem dritten Leitsatz – und dieser dürfte für viele Berater problematisch sein – sei der Anlageberater verpflichtet, auf die falschen Hinweise hinzuweisen, da es sich um einen Prospektmangel handele, der für den Berater erkennbar sei.

Das Urteil ist in seiner Klarheit zu begrüßen, insbesondere, weil immer noch viele Banken und Anlageberater das mit geschlossenen Beteiligungen verbundene Risiko herunterreden und die mögliche Veräußerung immer noch aktiv anführen.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungrecht

 


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