OLG Stuttgart: Kündigungen von Bausparverträgen durch Bausparkassen sind rechtswidrig

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Während die Bausparkassen bisher die meisten Prozesse über die Wirksamkeit ihrer flächendeckend ausgesprochenen Kündigungen von seit 10 Jahren zuteilungsreifen Bausparverträgen gewinnen konnten, scheint sich der Wind jetzt zu drehen.

Mit dem Oberlandesgericht Stuttgart entschied nun zum ersten Mal ein Obergericht, dass solche Kündigungen rechtswidrig sind. Da sich das Oberlandesgericht Stuttgart damit gegen die Auffassung anderer Oberlandesgerichte gestellt hat, hat es die Revision gegen sein Urteil vom 30.03.2016, Az. 9 U 171/15 zugelassen. Ob die betroffene Bausparkasse jedoch Revision einlegen wird, ist zweifelhaft, weil sie damit Gefahr läuft, dass der Bundesgerichtshof solche Kündigungen endgültig für unwirksam erklärt. Beispielsweise haben die Kreditinstitute es bisher durch Vergleichsabschlüsse verhindert, dass der Bundesgerichtshof die Frage entscheidet, ob ein Widerruf gegen einen bereits seit mehreren Jahren bestehenden Darlehensvertrag rechtsmissbräuchlich ist, damit einige Instanzgerichte Klagen von Verbrauchern weiter wegen angeblichen Rechtsmissbrauches abweisen können.

Hintergrund der massenhaften Kündigungen von Bausparverträgen durch die Bausparkassen ist, dass die Bausparer die deutlich über dem Marktzins verzinsten Bausparverträge als lukrative Sparanlagen nutzen, anstatt die teuren Bauspardarlehen abzurufen. Die Bausparkassen sind deshalb auf die Idee gekommen, die Bausparverträge nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu kündigen, wonach einem Darlehensnehmer 10 Jahre nach vollständiger Auszahlung ein Sonderkündigungsrecht zusteht. Die vollständige Auszahlung sei mit der Zuteilungsreife eingetreten. Dazu muss man wissen, dass der Bausparvertrag in der Ansparphase rechtlich ein Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse darstellt.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hält solche Kündigungen für unberechtigt. Die Bausparkassen könnten sich nicht auf die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen, weil die Zuteilungsreife keinen vollständigen Erhalt eines Darlehens darstellt. Nach den Allgemeinen Bausparbedingungen sei der Bausparer verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur erstmaligen Auszahlung der Bausparsumme zu zahlen. Vor Ende dieser Pflicht habe die Bausparkasse das als Darlehen anzusehende Bausparguthaben nicht vollständig empfangen. Der Zeitpunkt der Zuteilungsreife spiele nach den Vertragsbedingungen keine Rolle. Eine analoge Anwendung der Vorschrift sei auch nicht notwendig, weil der Bausparvertrag nach den Vertragsbestimmungen innerhalb von 10 Jahren nach Zuteilungsreife voll angespart werden müsse und der Bausparkasse dann ein Kündigungsrecht zustehe.

Die Bausparkasse könne den Bausparvertrag kündigen, wenn der Bausparer die Regelbeiträge trotz Aufforderung nicht leiste. Wenn die Bausparkasse selbst ein Ruhen des Bausparvertrages erlaube und ein vertragliches Kündigungsrecht nicht nutze, sei sie nicht schutzbedürftig und könne sich nicht später auf eine analoge Anwendung eines gesetzlichen Kündigungsrechts berufen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Auffassung zutrifft und auch vom Bundesgerichtshof vertreten werden wird. Betroffene Bausparer sollten sich daher gegen die unberechtigten Kündigungen der Bausparkassen zur Wehr setzen.


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