Partnerin schreibt mit anderen – kein Grund, Vaterschaft deswegen anzuzweifeln

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Eigentlich ist es ganz einfach: Als Vater wird gesetzlich vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Hat die Mutter noch Kontakt mit anderen Aspiranten, reicht der bloße Schriftverkehr untereinander jedenfalls nicht aus, um schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft zu begründen. Erfahren Sie hier,

  • was das Gesetz unter Empfängniszeit versteht,
  • wie das Kind zu seinem Vater findet,
  • wann und warum die Vaterschaft vermutet wird,
  • wie eine vermutete Vaterschaft entkräftet werden kann und
  • wie der Kindesunterhalt bei unverheirateten Paaren geregelt ist.

Beispiel:

Das Thema hat einen lebensnahen Hintergrund. In einem Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Beschluss vom 1.2.2024, Az. 1 UF 75/22) lernten sich eine Frau und ein Mann über ein Onlineportal kennen. Aus der Verbindung wurde ein Kind geboren. Die Mutter beantragte beim Familiengericht, festzustellen, dass der Mann der Vater ihres Kindes sei. Der Mann verteidigte sich damit, dass die Frau fortlaufend in Datingportalen im Internet unterwegs gewesen und zu vermuten sei, dass die Partnerin in der Empfängniszeit auch mit anderen Männern geschlechtlich verkehrt habe. Genaue Angaben dazu, mit welchen Männern, wann und wo die Mutter verkehrt habe, konnte der Mann nicht machen. Das OLG Frankfurt stellte hierzu klar, dass die Vorwürfe des Mannes keine schwerwiegenden Zweifel darstellten, mit denen sich die gesetzliche Vermutung, dass er der Vater sei, entkräften lassen.

Was ist der rechtliche Hintergrund?

Bei der Mutter ist es einfach. Mutter eines Kindes ist immer die Frau, die das Kind geboren hat. Eine ähnliche natürliche Zuordnung des Kindes zum Vater jedoch fehlt und ist naturgemäß nicht möglich. Deshalb hilft das Recht dem Kind, „seinen Vater zu finden“, indem es die rechtliche Zuordnung an Tatbestände knüpft, die eindeutig erkennbar sind und die Abstammung wahrscheinlich machen.

Am einfachsten ist die Abstammung, wenn das Kind in der Ehe geboren wird. Dann ist der Ehegatte von Gesetzes wegen rechtlicher Vater des Kindes. Ähnlich ist es, wenn ein Mann, mit dem die Mutter verkehrt hat, mit Zustimmung der Mutter seine Vaterschaft für das Kind ausdrücklich anerkennt.

Kann die biologische Vaterschaft nicht zweifelsfrei festgestellt werden, greift als letzte Option die Vermutung des § 1600d Abs. II BGB. Danach wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Diese Empfängniszeit wird schematisch bestimmt: Sie beginnt am 300. und endet am 181. Tag vor der Geburt des Kindes. Auch im Fall des OLG Frankfurt hatte die Mutter die Vaterschaft des Mannes damit begründet, dass er ihr in der Empfängniszeit beigewohnt habe. Deshalb bestehe bereits eine gesetzliche Vermutung für dessen Vaterschaft.

Für die Beiwohnung als solche besteht allerdings keine gesetzliche Vermutung. Sie muss dem als Vater in Anspruch genommen Mann nachgewiesen werden. Lebten der angebliche Vater und die Mutter während der Empfängniszeit zusammen, spricht der erste Anschein für eine Beiwohnung und damit für die gesetzlich begründete Vaterschaft des Mannes. Hieran bestanden im Fall des OLG Frankfurt keine Zweifel.

Das Gericht hatte zudem ein DNA-Gutachten eingeholt und anhand aller untersuchten genetischen Merkmale von Mutter, Kind und dem Mann festgestellt, dass der Mann zu 99,99 % Vater des Kindes sein muss. Soweit das Gesetz darauf abstellt, dass schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft die Vermutung der Vaterschaft entkräften können, genügt es insoweit nicht, vorzutragen, dass sich das Paar über ein Onlineportal kennengelernt habe und zu vermuten sei, dass die Mutter noch weitere Bekanntschaften hatte, die gleichfalls als Vater in Betracht kommen könnten. Ein nur möglicher, aber weder wahrscheinlicher noch nachgewiesener Mehrverkehr genüge nicht, solche schwerwiegenden Zweifel an der Vaterschaft zu begründen. Da der Mann die gesetzlich begründete Vermutung seiner Vaterschaft nicht entkräften konnte, stellte das Gericht auf Antrag der Mutter fest, dass der besagte Mann der biologische Vater ihres Kindes sei.

Gut zu wissen

In Abstimmungsverfahren hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und alle Beweismittel heranzuziehen, die eine Aufklärung versprechen. Nach § 178 FamFG ist der als Vater in Betracht kommende Mann verpflichtet, in eine genetische Untersuchung einzuwilligen. Entzieht sich der Mann der Abstammungsuntersuchung, so kann er nach Belehrung über die Rechtsfolgen so behandelt werden, als wäre die Untersuchung erfolgt und hätte keine schwerwiegenden Zweifel an seiner Vaterschaft begründet.

Der Vorteil einer üblichen DNA-Analyse liegt darin, dass die Vaterschaftswahrscheinlichkeit auch dann berechnet werden kann, wenn der potentielle Vater nicht auffindbar ist. In diesem Fall kann auch von dessen Eltern oder Großeltern Untersuchungsmaterial herangezogen werden kann. Ist genetisches Material des vermeintlichen Vaters nicht zu erlangen, kann sogar die Exhumierung eines Elternteils oder eines Großelternteils zum Zweck der Begutachtung angeordnet werden.

Kindesunterhalt bei unverheirateten (Ex-)Paaren

Ist die Vaterschaft eines Mannes nachweislich begründet, ist der Mann verpflichtet, dem Kind Kindesunterhalt zu zahlen. Die Mutter des minderjährigen Kindes ist berechtigt und verpflichtet, den Kindesunterhalt als gesetzliche Vertreterin des Kindes einzufordern und gegebenenfalls gerichtlich einzuklagen. Es versteht sich, dass es dabei keinen Unterschied gibt, ob das Kind in einer bestehenden Ehe geboren wird oder aufgrund einer außerehelichen Beziehung zustande kam.

Einschränkungen ergeben sich insoweit, als die Mutter des Kindes verheiratet ist. In diesem Fall gilt der Ehegatte rechtlich als Vater des Kindes. Solange die rechtliche Vaterschaft des Ehegatten besteht, kommt eine Anerkennung der Vaterschaft durch einen anderen Mann nicht in Betracht. Allerdings hat die Mutter das Recht, gerichtlich feststellen zu lassen, dass der Ehegatte nicht der biologische Vater, vielmehr ein anderer Mann Vater ihres Kindes ist. Wird im Anfechtungsverfahren festgestellt, dass der rechtliche Vater nicht der biologische Vater ist, kann er als Scheinvater vom biologischen Vater Ersatz für den dem Kind gewährten Unterhalt verlangen (§ 1607 Abs. III BGB).

Unterhaltsberechnung durch iurFRIEND 

IurFRIEND bietet Ihnen professionelle Unterhaltsberechnungen an. Oft sind damit auf Fragen der Vaterschaft verbunden. Möchten Sie als Mutter den Kindesunterhalt für Ihr Kind realisieren oder werden umgekehrt als vermeintlicher Vater auf Unterhalt für ein angebliches Kind in Anspruch genommen, sollten Sie sich frühzeitig anwaltlich beraten lassen. Wichtig ist, von vornherein in die richtige Richtung zu argumentieren. Dazu ist die Kenntnis von Gesetz und Rechtsprechung unabdingbar. Da in Unterhaltsverfahren vor Gericht ohnehin Anwaltszwang besteht, ist immer zu empfehlen, frühzeitig einen im Unterhaltsrecht erfahrenen Anwalt oder eine Anwältin zu kontaktieren und gemeinsam zu besprechen, was zu tun ist.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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