Phasen des Strafverfahrens (Steuerhinterziehung)

  • 4 Minuten Lesezeit

Bei Steuerhinterziehung ist das Strafverfahren ist in drei Abschnitte unterteilt. Das Ermittlungsverfahren, das Zwischenverfahren und das Hauptverfahren. Am Ende des Hauptverfahrens steht das Strafurteil – entweder Freispruch oder Verurteilung.

Ermittlungsverfahren

Das Finanzamt leitet ein Ermittlungsverfahren ein, wenn sich bei einer Betriebsprüfung Hinweise auf eine Steuerhinterziehung ergeben. In anderen Fällen werden Ermittlungsverfahren eingeleitet, wenn das Finanzamt Hinweise erhält oder aufgrund der Steuererklärungen sich der begründete Verdacht ergibt, die Angaben gegenüber dem Finanzamt waren falsch. Der Klassiker sind aber noch immer Anzeigen von Dritten; überwiegend von Konkurrenten, ehemaligen Mitarbeiter/innen sowie Expartner/innen.

Notwendig ist immer der Anfangsverdacht. Ein Anfangsverdacht setzt voraus, dass das Finanzamt konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für eine mögliche Straftat hat. Bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen ins Blaue hinein reichen dagegen nicht aus. Dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet wurde, erfährt der Beschuldigte in der Regel erst, wenn das Finanzamt ihn zur Vernehmung vorlädt oder eine Hausdurchsuchung stattfindet. Der Beschuldigte ist nicht verpflichtet, einer solchen Vorladung nachzukommen. Stattdessen sollte dieser von seinem Schweigerecht Gebrauch machen und sofort einen Verteidiger einschalten. Der Verteidiger kann Akteneinsicht beanspruchen und dem Beschuldigten somit einen Überblick über das Verfahren verschaffen. Der Rechtsanwalt hat ferner das Recht, der Vernehmung von Zeugen beizuwohnen und diese zu befragen.

Im Ermittlungsverfahren ist in aller Regel Ziel der Strafverteidigung, eine Anklage zu verhindern. Die Aufgabe des Verteidigers ist es hier, den Tatvorwurf zu entkräften. Nicht selten gelingt es bereits im Ermittlungsverfahren eine Einstellung des Verfahrens herbeizuführen. Parallel ist im Besteuerungsverfahren gegen die geänderten Steuerbescheide vorzugehen; hier ist Vorsicht geboten, dass im Besteuerungsverfahren nicht etwas vorgetragen wird, was sich negativ auf das Strafverfahren auswirkt und umgekehrt.

Sind die Ermittlungen abgeschlossen und stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren nicht ein, leitet die Staatsanwaltschaft das Verfahren an das Gericht über; entweder indem sie einen Strafbefehl beantragt oder Anklage erhebt.

Zwischenverfahren

Im Zwischenverfahren prüft das Gericht die Anklage der Staatsanwaltschaft und entscheidet darüber, ob gegen den Beschuldigten, der nunmehr als Angeschuldigter bezeichnet wird, das Hauptverfahren zu eröffnen ist. Dabei wird dem Angeschuldigten die Anklageschrift übersandt, welche ihn über die ihm zur Last gelegten Taten informiert und die Beweismittel benennt.

Das Zwischenverfahren bietet die letzte Chance, eine möglicherweise rufschädigende und belastende – da öffentliche – Hauptverhandlung zu vermeiden. Gerade wenn die Staatsanwaltschaft den Sachverhalt unsauber bzw. noch nicht abschließend ermittelt hat oder der Vorwurf rechtlich nicht haltbar oder zumindest strittig ist, bietet sich für die Strafverteidigung die Möglichkeit, den Tatvorwurf zu erschüttern. Aber auch aus formellen Gründen kann die Zulassung der Anklage verhindert werden, wenn z.B. die Staatsanwaltschaft die Voraussetzungen der Anklage nicht eingehalten hat bzw. die Anklage nicht ausreichend klar formuliert ist.

Unseres Erachtens ist dies der Verfahrensabschnitt, dem zu Unrecht die geringste Aufmerksamkeit geschenkt wird. Im Zwischenverfahren kann man Anträge stellen, Beweise einführen und eine Anklage sowie Verhandlungstage vor Gericht vermeiden. Auch ist es möglich, Zeugen vernehmen zu lassen, sodass sich an dieser Stelle interessante Verteidigungsansätze bieten.

Hauptverfahren

Hat das Gericht die Anklage zugelassen, bestimmt es einen oder - in Steuerstrafverfahren nicht selten - mehrere Termin/e zur Hauptverhandlung. In diesen/m Termin/en hat der Angeschuldigte, der nunmehr als Angeklagter bezeichnet wird, zu erscheinen, er kann sich aber auch von seinem Verteidiger vertreten lassen. Die Hauptverhandlung ist grundsätzlich öffentlich. In geeigneten Fällen wird die Verteidigung auf die Einstellung des Verfahrens hinwirken. Der Angeklagte gilt in diesem Fall weiter als unschuldig und muss die Kosten des Verfahrens nicht tragen. Eine Einstellung im Hauptverfahren ist sogar bis zur Urteilsverkündung möglich. Lässt sich die Staatsanwaltschaft darauf nicht ein, muss je nach Fall entschieden werden, ob ein strafminderndes Geständnis abzugeben ist oder dem Tatvorwurf entschieden entgegengetreten wird und ob Beweismittel eingeführt werden sollen. Dabei kommt dem Strafverteidiger die Aufgabe zu, Verfahrensanträge zu stellen und im Rahmen der Beweisaufnahme Widersprüche und Zweifel an der Nachweisbarkeit des Tatvorwurfs aufzuzeigen, denn für die Verurteilung ist die Gewissheit der Tatbegehung durch den Angeklagten erforderlich, die vernünftigen Zweifeln Schweigen gebiete. Die Beweisanforderungen sind daher recht hoch – auch wenn in der Praxis oft auf diese hohen Beweisanforderungen hinzuweisen ist. Bei Steuerhinterziehungsfällen kommt dem Steuerschaden eine große Bedeutung zu, denn das Finanzamt nimmt Schätzungen und Hinzuschätzungen vor, die rein auf Grundlage der steuerrechtlichen Vorschriften und Richtlinien ergehen. Diese Schätzungen sind aber für das Strafverfahren nicht übertragbar, sodass in der Praxis - teils sehr hohe - Abschläge vorzunehmen sind, die die Strafe reduzieren lassen.

Am Ende des Hauptverfahrens ergeht ein Urteil oder ein Freispruch, sofern das Verfahren nicht während der Hauptverhandlung eingestellt wurde.

Rechtsmittelverfahren

Sollte ein Urteil erfolgt sind, kann der Betroffene Rechtsmittel einlegen. Möglich sind die Berufung und Revision. Bei der Berufung wird die gesamte Hauptverhandlung samt Beweisaufnahme wiederholt, also findet vereinfach ausgedrückt eine wiederholte Verhandlung statt, wobei die Einlassungen aus der ersten Instanz verwertet werden können. Die Revision stellt dagegen eine reine Rechtskontrolle des Urteils auf Verfahrens- oder Sachfehler dar. Der Strafverteidiger kann bewerten, welches der Rechtsmittel sinnvoller und zweckdienlicher ist.

Weitere Informationen zum Steuerstrafverfahren finden Sie auf www.dreyenberg.com


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Bartosz Dzionsko

Beiträge zum Thema