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PID nun auch in der BRD gesetzlich geregelt - Präimplantationsdiagnostik in Ausnahmefällen zulässig

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Der § 3a ESchG (Embryonenschutzgesetz) ist am 08.12.2011 in Kraft getreten (BGBl. I 2011 S. 2228). Dem Mehrheitsbeschluss des Bundestages vom 07.07.2011 hatte der Bundesrat am 23.09.2011 zugestimmt.

PID (Präimplantationsdiagnostik) wird nun endlich mit dem PräimpG (Präimplantationsdiagnostikgesetz) in der BRD gesetzlich geregelt. Anstoß war das BGH-Urteil vom 06.07.2010, das einen Berliner Arzt nach dessen Selbstanzeige vom strafrechtlichen Vorwurf eines Verstoßes gegen das ESchG freisprach. Damit kann Rechtssicherheit eintreten für die Reproduktionsmediziner und für die - wenigen - betroffenen Elternpaare. Künftig ist ein Umweg oder eine Flucht zur Behandlung ins europäische Ausland, das PID schon zuließ, nicht mehr nötig.

Mit dem PräimpG wird in das (veraltete) ESchG von 1990 ein § 3a eingefügt, der in genetisch indizierten Einzelfällen PID zulässt.

Eckpfeiler der Regelung sind:

  • PID ist grundsätzlich unzulässig und bei Strafe verboten
  • in Einzelfällen - bei entsprechender genetischer Indikation - ist PID aber nicht rechtswidrig und somit erlaubt
  • die Fälle erlaubter PID sind an die Einhaltung strenger Voraussetzungen in formaler, verfahrensrechtlicher und materiellrechtlicher Hinsicht geknüpft
  • kein Arzt und keine Frau können zur Vornahme einer PID gezwungen werden („Freiwilligkeitsklausel").

Das Gesetz verlangt die Einhaltung folgender Voraussetzungen für eine ausnahmsweise nicht rechtswidrige PID:

  • vorherige Beratung in medizinischer + psychosozialer Hinsicht
  • vorherige, schriftliche Einwilligung der Mutter
  • vorheriges positives Votum der zuständigen Ethikkommission
  • Durchführung der PID von einem hierfür geschulten Arzt
  • Durchführung der PID nur an einem hierfür lizensierten medizinischem Fachzentrum
  • Genetische Disposition mindestens eines Elternteils, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine schwerwiegende Erbkrankheit beim Kind auslöst oder
  • schwerwiegende Schädigung des Embryos, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Totgeburt oder Fehlgeburt führt.

Offen lässt das Gesetz, welche Krankheiten oder Dispositionen konkret die Behandlungsindikation auslösen; das soll der Entscheidung der Ethikkommission vorbehalten bleiben. Auch nennt das Gesetz nicht den Grad der Wahrscheinlichkeit. Man wird wohl von 25 - 50 % als Grenzwert ausgehen können.

Der Gesetzgeber und medizinische Experten gehen davon aus, dass pro Jahr hundert oder wenige hundert Paare hiervon betroffen sein könnten. Die Erfahrungen im europäischen Ausland, das PID schon zugelassen hat und praktiziert, zeigen, dass Ärzte und Patienten mit der Problematik verantwortungsvoll umgehen.

Mit der Neuregelung ist der merkwürdige Widerspruch in der rechtlichen und ethischen Bewertung der Präimplantationsdiagnostik und Pränataldiagnostik zumindest teilweise aufgelöst: so war die Spätabtreibung bei medizinischer Indikation zweifelsfrei erlaubt während die Vermeidung einer Schwangerschaft mittels PID bezüglich schwer geschädigter Embryonen in Frage gestellt wurde.


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