Präventionsverfahren während der Probezeit? Was sagt das BAG?

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Auch für schwerbehinderte Menschen gilt im Arbeitsrecht eine Probezeit. Zwar genießen diese Arbeitnehmer den besonderen Schutz aber lt. BAG-Rechtsprechung (Entscheidung vom. 21.04.2016, Az.:  8 AZR 402/16) erst nach der gem. KSchG und SGB IX erfüllten Wartezeit von 6 Monaten.

In dem in der Vorinstanz (LAG Baden-Württemberg, Az.: 1 Sa 23/13, Urteil vom 17.3.2014) entschiedenem Fall hatte eine zu 50 % behinderte Frau auf Schadensersatz gem. AGG § 15, Abs. 2 (Diskriminierung) geklagt. 

Die Mitarbeiterin hatte sich nicht gegen ihre Kündigung selbst gewehrt, sie vertrat die Ansicht, Anspruch auf ein Präventionsverfahren gehabt zu haben Im § 84, Abs. 1 SGB IX heißt es:

 „Der Arbeitgeber schaltet bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können, möglichst frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung und die in § 93 genannten Vertretungen sowie das Integrationsamt ein, um mit ihnen alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Hilfen zur Beratung und mögliche finanzielle Leistungen zu erörtern, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können und das Arbeits- oder sonstige Beschäftigungsverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann.”

Auf Grund der Argumentation des Arbeitgebers bekam dieser vor dem LAG recht.

Der Arbeitgeber begründete seine Vorgehensweise so: 

  • Man kann während der Probezeit grundlos kündigen. Das gilt auch für schwerbehinderte Mitarbeiter. Auch das SGB IX geht davon aus, dass es eine sechsmonatige Wartezeit gibt, bevor der besondere Schutz greift.
  • Wenn man innerhalb dieser sechsmonatigen Probezeit ein Präventionsverfahren benötigen würde, wären behinderte Arbeitnehmer besser gestellt als nicht behinderte und davon geht der Gesetzgeber nicht aus.

Dieser Argumentation folgte das LAG. Eine Diskriminierung läge zwar vor, da der Vorteil des Präventionsverfahrens der Arbeitnehmerin nicht eingeräumt  wurde.  Mit einem solchen Verfahren hätte man herausfinden können, wie genau man sie einsetzen kann und welche Unterstützungsmaßnahmen man ggf. vornehmen könne.

Derartige Verfahren ziehen sich in die Länge. Die Probezeit wäre abgelaufen. Natürlich hätte der Arbeitgeber das Verfahren mit Druck durchpeitschen können, hätte sich aber dann dem Vorwurf ausgesetzt gesehen, sorglos mit dem Thema umzugehen.

Das LAG schlussfolgerte daraus, dass während der Probezeit der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf ein Präventionsverfahren hat. Das BAG bestätigte das Urteil und stellte außerdem fest, dass es keinen Verstoß gegen die UN-Behindertenkonvention und gegen die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie (2000/78/EG) gab.


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