Pranger vermeiden: Wie ich Sie im Fall eines Vorwurfs einer Sexualstraftat mit einem Medieninteresse effektiv verteidige

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Bloß keine Mauschelei. Recht soll nicht im stillen Kämmerlein gesprochen werden, sondern unter den kritischen Augen der Öffentlichkeit. Deshalb sind Gerichtsverhandlungen in Deutschland in aller Regel öffentlich.

Menschen aus den Unrechtsstaaten dieser Welt beneiden uns um diese wichtige Errungenschaft unseres Rechtsstaats. Wenn Ihnen aber ein Sexualdelikt vorgeworfen wird, kann die Öffentlichkeit des Verfahrens verheerende Auswirkungen für Ihren guten Ruf haben. In vielen Fällen ist es nur durch eine entschlossene, hoch spezialisierte und manchmal auch kreative Verteidigung möglich, gesellschaftliches Ansehen und bürgerliche Existenz zu bewahren. Dabei unterstütze ich Sie als Strafverteidiger und ausgebildeter Journalist gerne. 


Drei Regeln, die jetzt unbedingt beachtet werden müssen: 



1. So früh wie möglich zum Spezialisten! 


Auf keinem Gebiet des Strafrechts ist es zur Wahrung Ihres guten Rufs so wichtig, dass Sie sich frühzeitig – in der Regel also sofort, nachdem Sie Kenntnis von der Einleitung eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens bekommen – an eine auf das Sexualstrafrecht spezialisierte Kanzlei wenden wie auf dem Gebiet des Sexualstrafrechts. 


Denn zur Einleitung eines Strafverfahrens bedarf es – aus der Sicht von Polizei und Staatsanwaltschaft – überhaupt nicht viel: es bedarf lediglich zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer verfolgbaren Straftat, so lautet die Definition des Anfangsverdachts. 


So ein Anhaltspunkt kann jederzeit widerlegt werden. Ob ein Anhaltspunkt vorliegt, ist eine extrem subjektive Entscheidung, von Ermittler:innen getroffen, die – beruflich bedingt – in vielen Fällen einen Tunnelblick haben. 


Im Sexualstrafrecht tun sich hier im Vergleich zu anderen Straftaten etliche Besonderheiten auf, die eine gute, auf die medienöffentliche Beratung spezialisierte Verteidiger:in in jedem Stadium des Mandats mitbedenkt: 


Über keinen Bereich des menschlichen (Er-)Lebens wird, seit Jahrtausenden ist das wohl so, so gerne und mit einer solchen Ausdauer getratscht wie über Liebe, Sex und Zärtlichkeit. 


In der Praxis gelangt daher eine Vielzahl „möglicher“ Sexualstrafverfahren an die Strafverfolgungsbehörden, die dann – das besagt der so genannten Amtsermittlungsgrundsatz – nicht nur das. Recht, sondern die Pflicht dazu haben zu ermitteln. Und wer jemals „Stille Post“ gespielt hat, weiß, dass die Wahrheit, wenn es sie denn überhaupt gibt, ein biegsames Ding ist:  Was ein Mensch so oder so erlebt hat, muss objektiv nicht so oder so gewesen sein. 


Was dieser Mensch einem anderen erzählt, ist wiederum oft kaum nachvollziehbar. In etlichen Fällen eines Weitererzählens mag die sich Äußernde von ihrem/ihrer Gesprächspartner:in falsch verstanden werden.  In vielen Fällen wird „Gossip“ nachträglich ausgeschmückt und zugespitzt, der Bereich menschlicher Sexualität scheint sich hierfür besonders gut anzubieten. Das menschliche Hirn denkt in Geschichten. Jahrtausendelang haben wir einander die trüben Abende am Lagerfeuer damit vertrieben, einander die wildesten Stories zu erzählen. 


Die Aufgabe von Polizei und Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren ist es nun, herauszufinden, was genau geschehen ist. Es ist zu diesem – von Mandanten oft als quälend lang empfundenen – Verfahrensstadium erst einmal wichtig, dass ich meine Mandantschaft als Verteidiger dabei unterstütze, einen kühlen Kopf zu bewahren. 



2. Vertrauensvolle und effektive Kommunikation im Mandat! 


Wichtig ist jetzt, gerade in Fällen mit einem potentiellen Interesse für die Medien, dass der Kommunikationsdraht zwischen Verteidiger und Mandantschaft steht. Nur so lassen sich potentielle Informationsleaks identifizieren. Nur so kann ich Sie dazu  beraten, bestimmte Vorsichtsmaßnahmen zu beherrschen und Situationen zu vermeiden, durch die das Risiko einer „Entdeckung“ durch die Medien meiner Erfahrung nach wächst.  


Ich persönlich kommuniziere mit meinen Mandanten weitestgehend per E-Mail. Da ich weiß, in welch belastender Situation Sie sind, bemühe ich mich, E-Mailanfragen möglichst umgehend zu beantworten. Falls mir das mal nicht gelingt, aus meiner Erfahrung gehört es zur Metaphysik des Strafverteidigerberufs, dass Krisen sich nicht gleichmäßig auf meine Arbeitszeit verteilen, sondern in einem Moment in allen Mandaten Ruhe ist und im nächsten Moment in sämtlichen Mandaten brennt.  


Dabei gilt zu diesem Zeitpunkt der Grundsatz: No news is good news. Eine andauernde Kommunikation mit dem Inhalt, dass es leider noch nichts Neues gibt und die Akte noch nicht da ist, raubt Ihnen und mir kostbare Zeit. Vertrauen Sie darauf, dass ich mich melde, wenn es erforderlich ist und melden Sie sich bei neuen Entwicklungen auf Ihrer Seite bitte aber unverzüglich. Bedenken Sie, dass es in Einzelfällen sein kann, dass die Ermittlungsbehörden den Informationsfluss zwischen uns zu erschweren versuchen, indem sie isoliert auf Sie zugehen und Ihre Verteidigung zu umgehen versuchen. Das dürfen wir nicht zulassen. 



3. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold! Manchmal aber auch umgekehrt..


Gerade in Fällen eines (potentiellen) medialen Interesses ist es wichtig, dass Sie der Versuchung widerstehen, auf Ihr verfassungsrechtlich verbürgte Schweigerecht zu verzichten und zu den – oftmals empörenden – Vorwürfen Stellung zu nehmen, bevor ich als Ihr Verteidiger Akteneinsicht erlangt habe. Das kann oft Monate, in wenigen Einzelfällen auch über ein Jahr dauern. Warten, hat Dietrich Bonhoeffer gesagt, ist eine Kunst. 


Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt für Sie die Unschuldsvermutung. Als Verteidiger ist es meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass dieses Grundprinzip unseres Rechtsstaats in jedem Verfahrensstadium effektiv gewahrt bleibt. Das heißt leider nicht, dass ich Ihnen die Ermittlungen ersparen kann. Ich bemühe mich aber insbesondere zu verhindern, dass von der Polizeiarbeit irgendetwas nach außen dringt. 


Zu keinem Zeitpunkt ist dies meiner Erfahrung nach so wichtig, wie im Ermittlungsverfahren. Denn wenn die Öffentlichkeit sich erst einmal ein (möglicherweise falsches) Bild gemacht hat, kann es für Staatsanwälte und Gerichte– oft unterbewusst und ohne böse Absicht – schwer sein, sich dem suggestiven Sog der öffentlichen Meinung zu entziehen. Verdachtsberichterstattung muss daher, soweit irgendwie möglich, verhindert werden. Sonst setzt sich der Verdacht im kollektiven Gedächtnis als Fakt fest. Etwas Dreck bleibt immer hängen, sagt der Volksmund. 


Es widerspricht – leider –  der Logik einer auf Schnelligkeit und Exklusivität getrimmten Medienlandschaft und Erwartungen der Medienöffentlichkeit, über ein und dasselbe Ereignis zwei Mal zu berichten. Nichts ist so alt, wie die Zeitung vom Vortag, heißt es. 


Wenn am Ende aller Ermittlungen ein Freispruch steht, ist das den in vielen Fällen im stetig schneller drehenden Hamsterrad des News-Cycle gefangenen Medienvertretern in vielen Fällen keine Nachricht mehr wert. 


Ausnahmen sind besonders Aufsehen erregende Strafverfahren gegen Prominente oder Personen der Zeitgeschichte, in denen jeder Prozesstag medial begleitet wird und die Öffentlichkeit dem Urteil entgegenfiebert. In diesen Fällen ist eine Verdachtsberichterstattung – in Grenzen, die ich Ihnen gerne im persönlichen Gespräch erläutere – zulässig. 


Wenn bereits Informationen über ein Ermittlungsverfahren publik geworden ist, ist es meiner Erfahrung nach in aller Regel nicht ratsam, wenn die Verteidigung schweigt. Denn in dem Moment, in dem die Öffentlichkeit Kenntnis hat, ist neben dem rechtlichen Diskurs ein weiterer Diskurs entstanden, in dem andere „Spielregeln“ herrschen als in der Juristerei: der medienöffentliche Diskurs. 


In den Augen der Medienöffentlichkeit gilt der Grundsatz „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ nicht. 


Wer schweigt, nimmt in den Augen der Öffentlichkeit kein Verfassungsrecht wahr. Wer schweigt, hat in den Augen der Öffentlichkeit etwas zu verbergen. Deshalb darf Verteidigung nicht (nur) schweigen. Nach eingehender Analyse der Akte und unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles sowie Ihrer Person überlege ich in solchen Fällen mit Ihnen gemeinsam, welche Stellungnahme wir für Sie abgeben könnten. 


In manchen Fällen reicht es bereits aus, dass ich Medienvertretern die hohe verfassungsrechtliche Bedeutung des Schweigerechts versuche zu verdeutlichen oder die Flüchtigkeit eines Anfangsverdachts. In anderen Fällen macht es Sinn, gezielt eine Gegendarstellung öffentlich zu machen oder auf entlastende Umstände hinzuweisen. Wenn das nicht ausreicht, stelle ich den Kontakt zu einer auf die Geltendmachung presserechtlicher Ansprüche spezialisierten Kanzlei her. 


In Fällen einer eklatant gegen journalistische Grundsätze verstoßenden Berichterstattung erwägen wir gemeinsam die Einlegung einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, einem Organ der freiwilligen Selbstkontrolle, dem sich die meisten namhaften Medien in Deutschland unterworfen haben. 


Gute Strafverteidigung ist eine Frage der Strategie, Intuition und persönlichen Handschrift. Das gilt in keinem Bereich so sehr wie im Bereich der Verteidigung von Sexualstrafsachen mit einem (potentiellen) Interesse der Medien. Kein Fall ist gleich. 


Gute Verteidigung kennt ihr Handwerkszeug. Sie ist dazu in der Lage, auf der Klaviatur der Strafprozessordnung zu spielen. Sie weiß genau, welche Register wann zu ziehen sind. Bei frühzeitiger und kraftvoller Verteidigung gelingt es mir in den meisten Fällen, das Verfahren noch im Ermittlungsverfahren zur Einstellung zu bringen, sodass die Gefahr einer Stigmatisierung im Rahmen einer öffentlichen Hauptverhandlung gebannt ist. 


Als ausgebildeter Journalist und langjähriger Autor für namhafte Medien in Deutschland und der Schweiz kann ich all diese Grundkenntnisse durch eine wichtige Zusatzqualifikation ergänzen: Kenntnis von den Spielregeln der Medien – und der ihr eigenen Sprache und Kommunikationskultur. So kann ich für Sie als Sprachmittler fungieren zwischen den beiden Welten, die in entscheidenden Punkten unterschiedliche Sprachen sprechen.  


Das setzt eine gewisse Flexibilität voraus sowie die innere Freiheit, im Einzelfalle von den eingetretenen Pfaden abzuweichen und unkonventionelle Wege zu gehen. Im Zentrum steht für mich die hohe Kunst der Kommunikation, nicht nur im Mandatsverhältnis, (soweit es Sinn macht) mit der Justiz, sondern auch mit „den“ Medien. Eine einzige goldene Regel habe ich: Mit der Boulevardpresse spreche ich nicht. 




Zur Person: 


Christoph Grabitz ist Strafverteidiger im Team von H/T Defensio. Er koordiniert die Arbeit und Referendarausbildung der Kanzlei in Nordrhein-Westfalen. Der ausgebildete Journalist ist Pressesprecher der Kanzlei.  


Weitere Infos unter: 

www.grabitz.biz 

Foto(s): https://www.istockphoto.com/de/foto/weibliches-f%C3%BChrungsinterview-mit-journalisten-au%C3%9Ferhalb-gm1350663727-426683536

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