Privates Surfen am Arbeitsplatz als Kündigungsgrund?

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Noch schnell eine Weihnachtsbestellung während der Arbeitszeit? Oder die E-Mails checken? Wenn sie auch zu den Arbeitnehmern gehören, die das Internet am Arbeitsplatz zu privaten Zwecken nutzen, sollten sie vorsichtig sein. Der Chef kann die private Nutzung des Internets verbieten und unter Umständen die Internetnutzung mittels technischer Hilfsmittel kontrollieren. In einigen Fällen können Arbeitnehmer abgemahnt oder sogar fristlos gekündigt werden.

Private Surfen am Arbeitsplatz erlaubt?

Das Surfen im Internet während der Arbeitszeit ist grundsätzlich nicht erlaubt und stellt eine Pflichtverletzung durch den Arbeitnehmer dar. Je nach Häufigkeit und Dauer ist die Pflichtverletzung sogar so schwerwiegend, dass der Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt ist. So entschied auch das Landesarbeitsgericht Hamm, wlches die Internetnutzung bei hoher Intensität als Kündigungsgrund gelten ließ (LAG Hamm, Urteil vom 17.06.2016, Az.: 16 Sa 1711/15).

Hier kommt es aber maßgeblich auf das Ausmaß an. Hier muss man Abwägen zwischen der Schwere des Verstoßes und dem zuvor vielleicht jahrelangen ungestörten Arbeitsverhältnis. Der Arbeitgeber hat sich die Frage zu stellen, ob die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unter keinen Umständen mehr zumutbar ist.

Vorherige Abmahnung?

Eine genaue Grenze gibt es hier nicht. In einigen Fällen erfordert die Kündigung eine vorherige Abmahnung. Entbehrlich ist eine vorherige Abmahnung nur, wenn mit einer positiven Verhaltensänderung seitens des Arbeitnehmers nicht mehr zu rechnen ist. Ein Zeichen dafür könnte sein, dass der Mitarbeiter bewusst gegen das Surf-Verbot verstößt. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber erst kürzlich die Arbeitsanweisung gegeben hat, dass der eingerichtete E-Mail-Account nicht privat genutzt werden darf oder während der Arbeitszeit nicht im Internet gesurft werden darf. Wenn der Mitarbeiter dies dann als Anlass nimmt und direkt mit dem Surfen einsteigt, kann dies als explizierter Verstoß gewertet werden.

Auch kann je nach Dauer und Häufigkeit der privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz eine Kündigung gerechtfertigt sein, ohne dass vorher abgemahnt werden muss.

Was ist das für eine Pflichtverletzung?

Arbeitszeit bleibt Arbeitszeit. Für diese wird der Arbeitnehmer vergütet. Welche Aufgaben der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit zu erfüllen hat, obliegt dem Direktionsrecht des Arbeitgebers, § 106 GewO. Nutz der Arbeitnehmer die Arbeitszeit um privaten Dingen nachzugehen, stellt das einen arbeitszeitenbetrug dar. Der Mitarbeiter verletzt damit grob seine Pflichten und zerstört so das Vertrauensverhältnis nachhaltig.

 

Was Wenn der Arbeitgeber die private Nutzung des Internets erlaubt?

Die Erlaubnis des Arbeitgebers ist kein Freifahrtschein für den Arbeitnehmer. Die Erlaubnis kann sich in Betrieben mit Betriebsrat aus entsprechenden Betriebsvereinbarungen ergeben. In anderen Betrieben kann die Erlaubnis durch eine betriebliche Übung, also der dauerhaften Duldung durch den Arbeitgeber, ergeben.

 

Ein Beispiel:

Ein Mitarbeiter, der in einen Zeitraum von 30 Arbeitstagen andauernde und während der Arbeitszeit privat im Internet surft und das einen Umfang von knapp 40 Stunden umfasst, gebraucht den dienstlichen Internetanschluss übermäßig. Die Rechtsprechung ist hier klar auf Seiten des Arbeitgebers. Er ist zur außerordentlichen Kündigung berechtigt.

Auch hier heißt es demnach: Arbeitszeit bleibt Arbeitszeit. Intensives privates Surfen im Internet während der Arbeitszeit stellt demzufolge stets einen Kündigungsgrund dar.

Wie kann das der Arbeitgeber beweisen?

Der Arbeitgeber muss im möglichen Kündigungsschutzprozess den Pflichtverstoß beweisen. Dabei sollte er darauf achten, dass einige Beweise einem Beweisverwertungsverbot unterliegen können. Insbesondere wenn die Überwachung des Arbeitnehmers zu weit in sein Persönlichkeitsrecht eingreift, kann dies verboten sein und die Erkenntnisse aus der Überwachung nicht im Prozess verwendet werden.

Es ist für Arbeitgeber durchaus zulässig, die Chronik des Internetbrowserverlaufs von dem Dienstrechner einzusehen und zu kopieren. Hier muss der betroffene Mitarbeiter auch nicht einwilligen.

Ist die private Internetnutzung von E-Mails verboten, kann der Arbeitgeber sogar stichprobenartig und bei Verdacht das E-Mailpostfach des Mitarbeiters lesen. Auch wenn der Arbeitnehmer länger erkrankt, darf der Arbeitgeber auf die E-Mails des Mitarbeiters zugreifen.

Anders verhält es sich aber mit sog. Keyloggern. Das Bundesarbeitsgericht hat die Verwendung von Spionagesoftware, die jeden Tastenanschlag des Mitarbeiters aufzeichnen, für unzulässig erachtet. Die daraus gezogenen Erkenntnisse dürfen bei Gericht als Beweismittel nicht verwendet werden (BAG, Urteil vom 27.07.2017, Az.: 2 AZR 681/16).

 

Darf der Arbeitgeber mein Handy oder Laptop kontrollieren?

Jein. Der Arbeitgeber darf nur auf dienstliches Eigentum zugreifen. Der Mitarbeiter ist nur sog. Sachdiener. Sein Nutzungsrecht darf jederzeit wieder aufgehoben werden und muss an den Arbeitgeber herausgeben werden.

Nutzt der Arbeitnehmer aber sein privates Telefon oder privaten Laptop zu dienstlichen Zwecken, so kann der Arbeitgeber nichtdarauf zugreifen. Die Kontrolle wäre ein zu gravierender Einschnitt in die Privatsphäre des Mitarbeiters.

 

Sollten Sie Fragen zum Surfen am Arbeitsplatz haben oder von einer Abmahnung oder Kündigung betroffen sein, so helfen wir gerne weiter. Bei erhaltener Kündigung ist die Erstberatung sogar kostenlos.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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