RA-Gebühren dürfen nicht mit treuwidrig einbehaltenen Fremdgeldern aufgerechnet werden! KG Berlin 04.10.22

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Ein Berliner Anwalt ließ im Jahre 2016 bei einem Amtsgericht hinterlegte Gelder - ohne Zustimmung der eigenen Mandanten - an sich selbst auszahlen. Darüber hinaus behielt er Zahlungen der Rechtschutzversicherung seiner Mandaten, die eigentlich als Gerichtskosten an ein Gericht gezahlt werden sollten, ebenfalls  für sich. 

Nachdem sich der betroffene Rechtsanwalt im Jahre 2018 mit den eigenen Mandanten wegen zahlreicher anwaltlicher Versäumnisse überworfen hatte, stellte er in etlichen Verfahren Rechnung und verrechnete die einbehaltene Fremdgelder mit den eigenen Gebührenforderungen.  

Die betroffenen Mandanten erhoben Klage vor dem Landgericht Berlin auf Auszahlung der Fremdgelder und gewannen. Der Rechtsanwalt legte Berufung hiergegen ein und verlor.

Das Kammergericht Berlin wies die Berufung des Anwalts und dessen Widerklage mit Beschluss vom 04.10.2022 - 24 U 106/21 zurück.

"Was die treuwidrig einbehaltene Gerichtskostenvorschusszahlung der Rechtsschutzversicherung
in Höhe von 5.544,00 EUR in der Sache OLG Naumburg angeht, hat das Landgericht einer
Aufrechnung des Beklagten mit weiteren Honorarforderungen zu Recht gemäß § 393 BGB den
Erfolg versagt. Dies greift der Beklagte nur pauschal (“unberechtigt“), aber ohne Argument in
der Sache an. Dass der Betrag auf dem Kanzleikonto des Beklagten eingegangen und von diesem
(eigenmächtig) vereinnahmt worden war, hat das Landgericht wiederum als unstreitig festgestellt.

Auch mit den bei Gericht hinterlegten Beträgen durfte der Anwalt nicht mit später - vermeintlich entstandenen - Gebührenforderungen aufrechnen.

"Sie deckt sich im Übrigen auch mit der Darstellung des Beklagten aus der Klageerwiderung vom 08.01.2020 (Bd. I Bl. 15 d.A.), in der dieser nicht bestritten hat, die Auszahlung der hinterlegten Beträge an sich selbst veranlasst zu haben, sondern lediglich, dass dies ohne Rücksprache mit dem Kläger geschehen sei. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass mit diesem Zahlungsweg der Vollstreckungszugriff der Gläubiger des Klägers auf die Zahlungseingänge auf den gepfändeten Konten des Klägers umgangen werden sollte, ändert dies nichts daran, dass der Beklagte aus Auftrags- oder Bereicherungsrecht zur Herausgabe der fremdnützig vereinnahmten Beträge verpflichtet blieb. Wann, wo, in welcher Form und mit welchen näheren Bestimmungen der Beklagte mit dem Kläger eine Verrechnung der unstreitig erhaltenen Zahlung mit offenen Honorarforderungen vereinbart haben will, hat der Beklagte trotz des Bestreitens des Klägers weder erst- noch zweitinstanzlich näher dargelegt. Eine solche Vereinbarung stünde auch mit dem tatsächlichen Verhalten des Beklagten nicht in Übereinstimmung, der keineswegs bereits im Jahr 2016 - dem Jahr der Vereinnahmung der hinterlegten Gelder - eine Verrechnung vornahm, sondern erst mit Schreiben vom 09.07.2018."

Die Linie der Gerichte bleibt daher klar. Fremdgelder sind unverzüglich auszuzahlen. Nachträgliche Aufrechnungen mit eigenen Gebührenforderungen in der Regel nicht zulässig, im Zweifel sogar strafbar.

Im Übrigen erfolgte zum Stand November 2022 nach wie vor keine Zahlung durch den Rechtsanwalt.


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