Recht für jedermann – Ausgleichspflicht unter Abkömmlingen/Erben

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Wer kennt das nicht, dass Kinder zu ihren Eltern kommen und um Unterstützung bitten? Genau dieses Phänomen kommt sehr oft vor – es beginnt, wenn die Kinder noch klein sind und endet, wenn die Kinder erwachsen und die Eltern verstorben sind.

Genau der letzte Aspekt birgt auch einige Fragestellungen: Sofern der Erblasser kein Testament hinterlassen hat, tritt die gesetzliche Erbfolge ein; dabei werden zunächst die Nachlassverbindlichkeiten beglichen, bevor die quotale Aufteilung unter den Erben erfolgt. Allerdings muss man dafür auch die Situation mitbeachten, dass Eltern ihren Kindern sehr gerne finanziell unter die Arme greifen, sei es für die Ausbildung, die Gründung eines Unternehmens bzw. einer unternehmerischen Tätigkeit oder zur Gründung einer Familie – einige Kinder bekommen keine solche Zuwendungen. Doch genau dies führt häufig zu Streitereien unter den Geschwistern, da die Zuwendungen unterschiedlich hoch erfolgten. Wenn jetzt der Erbfall eintritt, wird zu bestimmen versucht, was der jeweils andere zu Lebzeiten des Erblassers bekommen hat.

Diese doch sehr schwierige und komplizierte Situation sollte durch einen Anwalt erfasst werden – auch sollte als Ausgangspunkt die Norm § 2050 BGB zur Beantwortung der auftretenden Fragen herangezogen werden. Dahinter steckt der Gedanke bzw. die gesetzliche Vermutung, dass der Erblasser grundsätzlich sein Vermögen zu gleichen Teilen an seine Abkömmlinge aufteilen möchte.

Es ist zunächst zu fragen, ob ein Erbe (Abkömmling) bereits zu Lebzeiten des Erblassers Vorempfänge erhalten hat und wie diese zu qualifizieren sind. § 2050 BGB normiert hierfür im Wesentlichen zwei verschiedene Ausgleichsmöglichkeiten:

  • Abs. 1 bestimmt, dass Abkömmlinge, die gesetzliche Erben sind, das auszugleichen haben, was sie zu Lebzeiten des Erblassers als Ausstattung erhalten haben.
  • Abs. 3 bestimmt, dass alle „anderen Zuwendungen“ nur auszugleichen sind, wenn eine entsprechende Anordnung durch den Erblasser erfolgte.

Die Zuwendungsart, die am häufigsten getätigt wird, ist die lebzeitige Ausstattung, wie z. B. die Übernahme von Verbindlichkeiten oder die finanzielle Unterstützung bei der unternehmerischen Selbstständigkeit. Auszugleichen ist diese Zuwendung immer dann, wenn der Erblasser bei der Vornahme der Zuwendung nichts anderes angeordnet hat – dies stellt den Regelfall dar, weshalb man in solchen Fällen regelmäßig von einer Ausgleichspflicht sprechen kann.

Auch wiederkehrende Leistungen, wie z. B. Geldzuwendungen mit Unterhaltscharakter zur Unterstützung der Ausbildung, sind ausgleichspflichtig, wenn diese Leistungen über den normalen Vermögensstatus des Erblassers deutlich hinausgehen. Entscheidend hierbei ist jedoch die konkrete Einkommens- und Vermögenssituation des Erblassers zur Zeit der Zuwendung.

Zuwendungen, die nicht unter diese Kategorien einzuordnen sind, fallen unter die sog. „anderen Zuwendungen“ aus Abs. 3. In solchen Fällen besteht nur dann eine Ausgleichspflicht, wenn eine Anordnung durch den Erblasser erfolgte, etwa in einem Testament.

Für die Berechnung des Ausgleichs wird gem. § 2055 BGB der Nachlass um den Wert des ausgleichspflichtigen Vorempfangs erhöht und anschließend unter den Erben aufgeteilt.

Häufig liegt auch die Situation vor, dass die Erben nicht zu gleichen Teilen einen Nachlass erhalten. Dabei sind dann die sog. Ausgleichsgruppen untereinander zu beachten: Ausstattungen unterscheiden sich von freiwilligen Schenkungen dadurch, dass sie von dem Erblasser zu Lebzeiten zur Befolgung einer sittlichen Pflicht getätigt wurden. Die Ausstattung ist für den Empfänger regelmäßig existenzerhaltend, die Schenkung nicht.

Die klassischen Fälle stellen, wie schon zu Beginn erwähnt, dar: die Zuwendungen einer Aussteuer, die Finanzierung einer Ausbildung/eines Studiums, die Übernahme von Verbindlichkeiten oder Zuwendungen in den Weg der Selbstständigkeit. Erhält der Empfänger darüber hinaus jedoch einen sog. Mehrbetrag, ist dieser als Schenkung zu qualifizieren und daher nicht ausgleichspflichtig. Jedoch kann dieser dem Pflichtteilsergänzungsrecht unterliegen.

Sehr oft sind in den jeweiligen notariellen Urkunden andere Formulierungen enthalten, weshalb man immer die genaue Zielrichtung ermitteln muss.

Vorempfänge von Miterben sind ausgleichspflichtig, die Vorempfänge von pflichtteilsberechtigten Nichterben werden hingegen auf deren Pflichtteil angerechnet. Die Anrechnung erfolgt jedoch nur, wenn und soweit der Erblasser dies angeordnet hat, § 2315 Abs. 1 BGB.

Die Berechnung der Pflichtteilsanrechnung erfolgt ähnlich der Berechnung der Erbausgleichung.

Fazit

Eine Streitigkeit über ausgleichspflichtige Zuwendungen kann zu negativen Auswirkungen innerhalb der familiären Beziehungen führen. Es erscheint daher ratsam, einen fachkundigen Rechtsanwalt aufzusuchen, der nach intensiver Erörterung des Sachverhalts eine gemeinsame Lösung mit den Mandanten und Erben entwickelt.

Beste Empfehlungen,

Ihr Rechtsanwalt Andreas Krau

Fachanwalt für Erbrecht

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht


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