Rechte und Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH

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1. Was haben Geschäftsführer einer GmbH zu beachten?

Die Geschäftsführer einer GmbH müssen beachten:

  • das GmbH-Gesetz (dazu in diesem Rechtstipp);
  • den Gesellschaftsvertrag (siehe hierzu folgenden Rechtstipp);
  • den Anstellungsvertrag (siehe hierzu folgenden Rechtstipp);
  • eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführer (siehe hierzu folgenden Rechtstipp);
  • Weisungen der Gesellschafter (siehe hierzu diesen Rechtstipp); und
  • die gesamte Rechtsordnung, z.B. Arbeitsrecht, Steuerrecht etc.

2. Das GmbH-Gesetz (GmbHG)

Die folgende Darstellung soll einen kurzen Überblick über die Rechte und Pflichten eines Geschäftsführers nach dem GmbHG geben, wobei die Themen aufgrund ihrer Komplexität nur angedeutet werden können.

a. Bestellung und Abberufung

Die Geschäftsführer werden durch Gesellschafterbeschluss bestellt und abberufen. Der Gesellschaftsvertrag kann für die Abberufung einen wichtigen Grund vorschreiben. Der Geschäftsführer kann sein Amt auch selbst niederlegen. 

Bestellung und Abberufung sind zum Handelsregister anzumelden. Die Eintragung ist deklaratorisch.

b. Geschäftsführungsbefugnis

Die Geschäftsführer sind befugt, alle für die Erreichung des Gesellschaftszwecks zweckmäßigen Maßnahmen vorzunehmen, soweit diese nicht Rechte der Gesellschafter betreffen. Maßnahmen gem. § 46 GmbHG, Geschäfte außerhalb des Gesellschaftszwecks und außergewöhnliche Geschäfte sind der Gesellschafterversammlung vorzulegen. 

Grundsätzlich sind Geschäftsführungsentscheidungen einstimmig zu treffen. Es kann jedoch Einzelgeschäftsführungsbefugnis vereinbart werden, wobei dann jeder Geschäftsführer das Recht hat, einer Maßnahme der anderen Geschäftsführer zu widersprechen. Die Gesellschafter können die Geschäftsführungsbefugnis mit Wirkung im Innenverhältnis beschränken.

c. Geschäftsverteilung und Gesamtverantwortung

Die Geschäftsführung kann eine Geschäftsverteilung beschließen, wobei stets alle Geschäftsführer für die Geschäftsführung verantwortlich bleiben. Pflichten im öffentlichen Interesse können nicht delegiert werden und müssen von der Gesamtgeschäftsführung wahrgenommen werden, z.B. Rechnungslegung, Abführung von Steuern und Sozialabgaben etc.

d. Vertretungsbefugnis

Die Geschäftsführer vertreten die GmbH grundsätzlich gemeinsam, soweit die Gesellschafter nicht Einzelvertretungsbefugnis erteilt haben. Zudem ist eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB möglich (sog. In-sich-Geschäfte). 

Beschränkungen der Vertretungsbefugnis binden die Geschäftsführer nur im Innenverhältnis, sie sind jedoch Dritten gegenüber unwirksam (Ausnahme: Missbrauch der Vertretungsmacht).

e. Leitungspflicht

Den Geschäftsführern obliegt die Pflicht zur Leitung des Betriebs innerhalb des in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstands. Die Geschäftsführer haben für den Aufbau und die Durchsetzung einer plausiblen, auf Vermeidung typischer Risiken der Gesellschaft angelegten Organisation zu sorgen. 

Die Geschäftsführer sind zur Planung verpflichtet und sollten zumindest eine Jahresplanung erstellen.

f. Sorgfaltsmaßstab und Haftung

Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Geschäftsführer, welche ihre Pflichten verletzen, haften der Gesellschaft gegenüber solidarisch auf Schadensersatz. 

Den Gesellschaftern und Gläubigern der Gesellschaft gegenüber haften die Geschäftsführer grundsätzlich nicht. Ausnahmen hiervon bestehen vor allem im Bereich deliktischer Handlungen. 

Zur Risikominimierung können Geschäftsführer: (i) risikoreiche Geschäfte der Gesellschafterversammlung vorlegen; (ii) dafür sorgen, dass die Gesellschafterversammlung jährlich ihre Entlastung beschließt; (iii) Haftungserleichterungen mit den Gesellschaftern vereinbaren; (iv) eine D&O-Versicherung abschließen.

g. Unternehmerisches Ermessen

Bei der Leitung des Betriebs steht den Geschäftsführern ein unternehmerischer Handlungsspielraum zu. Diese sog. Business Judgement Rule privilegiert unternehmerisches Ermessen und soll dem Geschäftsführer einen „sicheren Hafen“ für unternehmerische Entscheidungen geben.

Diese Haftungsprivilegierung setzt voraus, dass das unternehmerische Handeln auf einer sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen (Tatsachen, Vor- und Nachteile etc.) beruht und der Geschäftsführer bei seiner unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.

h. Legalitätspflicht

Gesetzliche und gesellschaftsvertragliche Pflichten sind zwingend einzuhalten. Hierfür gilt das Privileg der Business Judgement Rule nicht.

Eine Pflichtverletzung liegt auch dann vor, wenn Geschäftsführer pflichtwidrige Handlungen anderer Geschäftsführer oder Mitarbeiter anregen, nicht dagegen einschreiten oder nach Delegation einer Aufgabe nicht ausreichend überwachen.

i. Compliance

Die Geschäftsführer tragen die Verantwortung für die Einhaltung interner und externer Vorgaben, sie dürfen selbst keine Gesetzesverstöße begehen und müssen organisatorische Maßnahmen treffen, damit von dem Unternehmen insgesamt keine Gesetzesverletzungen ausgehen. 

Eine pauschale Rechtspflicht zur Einführung von Compliance-Programmen wird von der herrschenden Meinung derzeit verneint. Eine Pflicht zur Einführung besteht jedoch im Einzelfall bei Vorliegen relevanter Risiken.

j. Risikomanagement

Risikomanagement dient dazu, Risiken bewusst und zielorientiert einzugehen und die eingegangenen Risiken zu kontrollieren, zu steuern und zu limitieren. Im GmbH-Recht wurde auf eine gesetzliche Verpflichtung zur Schaffung eines Risikomanagementsystems verzichtet. 

Aufgrund der allgemeinen Leitungs- und Organisationspflicht treffen jedoch größere GmbH‘s Risikomanagementpflichten. Auch bei kleineren Gesellschaften besteht eine allgemeine Pflicht zur Vorsorge gegen alle ernsthaften und drohenden Verlust- und Schadensgefahren.

k. Buchführung

Auf Geschäftsbriefen, Emails etc. sind die Angaben gem. § 35a GmbHG zu machen. 

Die Geschäftsführer sind zur einer ordnungsgemäßen Buchführung verpflichtet (z.B. Buchung von Geschäftsvorfällen, Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen etc.). 

Die Geschäftsführer haben den Jahresabschluss aufzustellen und ggf. prüfen zu lassen. Der Jahresabschlusses ist im Bundesanzeiger offenzulegen. 

Die Geschäftsführer müssen die steuerlichen Pflichten der GmbH erfüllen und Sozialabgaben abführen.

l. Kapitalschutz

Die Geschäftsführer haben bei Gründung und Kapitalerhöhungen für eine ordnungsgemäße Kapitalaufbringung zu sorgen. Sie haben die ausstehenden Einlagen bei den Gesellschaftern anzufordern und gegenüber dem Registergericht zu versichern, dass die Einlagen ordnungsgemäß erbracht wurden und endgültig zur ihrer freien Verfügung stehen. 

Der Grundsatz der Kapitalerhaltung besagt, dass das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden darf. Andernfalls besteht eine Rückzahlungspflicht der Gesellschafter und Schadensersatzpflicht der Geschäftsführer. 

Den Geschäftsführern und Prokuristen darf Kredit nicht aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gewährt werden.

m. Gesellschafterversammlungen

Die Geschäftsführer haben die Pflicht zur Einberufung und Organisation von Gesellschafterversammlungen. In der Regel findet jährlich eine ordentliche Gesellschafterversammlung statt, in der die Gesellschafter insbesondere über die Feststellung des Jahresabschlusses, die Gewinnverwendung und die Entlastung der Geschäftsführer beschließen. 

Die Geschäftsführer sind verpflichtet, die Gesellschafter über alle wichtigen Angelegenheiten zu informieren und außergewöhnliche oder risikoreiche Maßnahmen der Gesellschafterversammlung zur Entscheidung vorzulegen. Die Geschäftsführer sind verpflichtet, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, wenn die Hälfte des Stammkapitals durch Verluste aufgezehrt ist. 

Die Geschäftsführer haben jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten, es sei denn, es liegt ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse vor.

n. Handelsregistereintragungen

Die Geschäftsführer haben bestimmte Maßnahmen, zum Handelsregister anzumelden, z.B.: Wechsel von Geschäftsführern oder Änderung von deren Vertretungsbefugnis; Erteilung und Widerruf von Prokuren (siehe hierzu diesen Rechtstipp); Einreichung und Aktualisierung der Gesellschafterliste bei Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung; Satzungsänderungen; Kapitalerhöhungen etc.

o. Krise und Insolvenz

Die Geschäftsführer sind verpflichtet, einer Krise aktiv gegenzusteuern und sich um eine Überwindung der Krise zu bemühen. Die Geschäftsführer müssen sicherstellen, dass Steuern und Sozialabgaben stets gezahlt werden können. 

Die Geschäftsführer haben eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, wenn die Hälfte des Stammkapitals durch Verluste aufgezehrt ist. 

Die Geschäftsführer sind zur rechtzeitigen Stellung eines Insolvenzantrags bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung verpflichtet. Bei verspäteter Beantragung haftet der Geschäftsführer der Gesellschaft sowie den Gläubigern gegenüber. Die Geschäftsführer dürfen keine Zahlungen an Gesellschafter vornehmen, die zur Zahlungsunfähigkeit der GmbH führen. Die Geschäftsführer haften für Zahlungen nach Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH, es sei denn, die Zahlungen sind mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar.

p. Treuepflicht und Wettbewerbsverbot

Die Geschäftsführer trifft aufgrund ihrer Organstellung eine allgemeine Loyalitäts- und Förderpflicht gegenüber der Gesellschaft (Treuepflicht), der Geschäftsführer darf seine Organstellung nicht zu seinen Gunsten und gegen die Interessen der Gesellschaft ausnutzen. 

Interessenkonflikte sind gegenüber den Gesellschaftern offenzulegen.

Während der Amtszeit besteht ein Wettbewerbsverbot (ein darüber hinausgehendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann im Anstellungsvertrag geregelt werden).

Geschäftschancen der GmbH darf der Geschäftsführer nicht persönlich ausnutzen.

Interna der Gesellschaft, insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, sind geheim zu halten.


Bitte melden Sie sich gerne, wenn Sie Fragen hierzu haben.

Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


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