Rechtswidrige Einziehung von Tieren während stationärem Klinikaufenthalt

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Wiesbaden, 11.10.2010: Das Amtsgericht Wiesbaden hatte wegen einer psychischen Krankheit die vorläufige Unterbringung einer Dame in einer geschlossenen Krankenabteilung beschlossen. Von der zuständigen Behörde wurde die Frau dann abgeholt.

Die Betroffene ist Halterin eines Hundes und dreier Katzen. Die Tiere musste sie am Tag ihrer Unterbringung bei ihrer Tochter zurücklassen, die in den 6 Wochen des Klinikaufenthaltes allein mit den Tieren in der Wohnung verblieb. Die Halterin hatte aufgrund des Aufenthalts in der geschlossenen Krankenabteilung keinerlei Möglichkeit, sich um ihre Tiere oder ihre Tochter zu kümmern.

Unmittelbar bevor die Dame aus dem Krankenhaus entlassen wurde, stellte das Veterinäramt Wiesbaden den Hund und zwei der Katzen sicher und brachte sie ins Tierheim. Als die Halterin aus dem Krankenhaus kam, fand sie nur eine der Katzen vor, die ihr die Behörde belassen hatte. Im Einziehungsbescheid wurde ihr vom Veterinäramt vorgeworfen, es unterlassen zu haben, die Tiere ihrer Art und Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren und zu pflegen. Die Tochter sei überfordert gewesen.

Gleichzeitig wurde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen der Frau eingeleitet, denn sie habe den Tieren ohne vernünftigen Grund erhebliche, vermeidbare Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt, indem sie es unterlassen habe, während ihrer krankheitsbedingten sechswöchigen Abwesenheit einen Hund und drei Katzen ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren und zu pflegen.

Gegen den Einziehungsbescheid wurde form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt.

Das Amtsgericht Wiesbaden setzte dem Spuk nun mit Beschluss vom 11.10.2010 (Az.: 73 OWi -5521 Js 30434/10) ein Ende, nachdem die Tiere schon seit dem 05.07.2010 (!) im Tierheim sind.

Das AG hob den Einziehungbescheid auf, denn es sah die Voraussetzungen einer Einziehung als nicht gegeben an. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde eingestellt. Dies ist auch richtig so, denn jemandem, der durch die öffentliche Hand in eine geschlossene Klinik eingewiesen wird, ist es de facto unmöglich, sich um seine Tiere zu kümmern.

Das Gericht stellte anhand der Aktenlage darüber hinaus fest, dass der Hund weder von seinem äußeren Erscheinungsbild noch von seinem Verhalten her auffällig war, weshalb er auch keinem Tierarzt vorgestellt wurde. Eine Katze sei zu dünn gewesen und ihr Fell „etwas verfilzt". Eine weitere Katze habe an einem Ohr einen Polyp, am anderen Ohr Otitis gehabt.

Laut Gericht seien vom Veterinäramt keinerlei Feststellungen darüber getroffen und dargelegt worden, dass dieser Allgemeinzustand der Tiere (also betreffend zwei der Katzen) bereits vor der Einweisung der Halterin vorgelegen habe.

Das Gericht führt hierzu aus: „Ist aber der festgestellte Allgemeinzustand der Tiere allein auf die unzureichende Versorgung durch die Einziehungsbeteiligte während ihrer Erkrankung und ihrer stationären Unterbringung zurück zu führen, fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass sie, aus der Klinik entlassen, die Tiere auch künftig unzureichend versorgen wird. Da ihr eine Katze belassen wurde, wird ihr auch behördlicherseits nicht grundsätzlich die Befähigung abgesprochen, sich ausreichend um ihre Tiere zu kümmern."

Der behandelnde Facharzt hat ärztlich bescheinigt, dass die betroffene Dame psychisch stabilisiert ist.


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