Finanzielles Risiko bei der Überlassung eines Dienstwagens

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Bei der Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung an Arbeitnehmer waren bisher noch keine überraschenden Rechtsfragen aufgetaucht. 

Überrascht wurde die Fachwelt Ende Mai 2023 von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts mit empfindlichen finanziellen Folgen für einen Arbeitgeber, der einem Arbeitnehmer einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hatte (BAG vom 31.05.2023 - 5 AZR 273/22).


Die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung an Arbeitnehmer ist in vergütungsrechtlicher Hinsicht ein Sachbezug. Der mit der privaten Nutzung des Pkw verbundene geldwerte Vorteil wird fast immer auf Grundlage der Ein-Prozentregelung als Vergütungsbestandteil in die Verdienstabrechnungen eingestellt. Der ermittelte Wert bildet die Basis zur Ermittlung der sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Abzüge.


Gemäß  § 107 Abs. 2 (Satz 5) GewO sind Sachbezüge im Arbeitsverhältnis allerdings nur in begrenztem Umfang zulässig. Zur Sicherung des Lebensstandards soll die Vergütung der Arbeitnehmer vorzugsweise durch Geld erfolgen anstatt durch Sachleistungen. 

Diese Vorschrift in der GewO führte bis zur Entscheidung des BAG ein Schattendasein. § 107 Abs. 2 (5) GewO begrenzt die Höhe der erlaubten Sachbezüge auf den pfändbaren Betrag des jeweiligen Arbeitseinkommens. Die Höhe des pfändbaren Geldbetrages vom Arbeitseinkommen wird individuell ermittelt. Bestimmende Faktoren dafür ist in erster Linie der Nettoverdienst und außerdem der Umfang bestehender Unterhaltsverpflichtungen (Ehegatte, Kinder). 

Der pfändbare Betrag ist also im Arbeitsverhältnis kein statischer Wert. Ebenso wie die die Höhe des Einkommens und die Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen, so ändert sich im Laufe der Zeit auch die Höhe des vom Arbeitseinkommen pfändbaren Teils der Arbeitsvergütung.

Arbeitgeber müssen wissen, dass ihre Haftungsgefahr zunimmt, wenn der Geldbetrag des in der Dienstwagenüberlassung liegenden geldwerten Vorteils den pfändbaren Teil der Arbeitsvergütung übersteigt. 

Dazu kommt insbesondere, wenn folgende Faktoren zusammentreffen: Überlassung eines teuren Dienstwagens zur privaten Nutzung an einen Mitarbeiter mit niedrigem Monatsverdienst und mit vielen Unterhaltsberechtigten. 


Die Folge: 

Die Vergütungsabrede aus dem Arbeitsvertrag wäre gemäß § 107 Abs. 2 (Satz 5) GewO im Hinblick auf die Dienstwagenüberlassung unwirksam. Die entsprechenden Abzüge für den Dienstwagen wegen des geldwerten Vorteils wären ohne Rechtsgrund erfolgt. Das ist die Quintessenz aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts. Deswegen kann der Arbeitnehmer die Erstattung der zu Unrecht abgezogenen Sachbezüge vom Arbeitgeber ersetzt verlangen und dies unter Umständen bis zur Grenze der 3-jährigen Verjährungsfrist. 

Das kommt den Arbeitgeber teuer zu stehen. Der Arbeitgeber könnte dem vom Arbeitnehmer geltend gemachten Erstattungsanspruch zwar den finanziellen Gebrauchsvorteil der Privatnutzung des Pkw entgegenhalten, aber dies würde komplizierte bereicherungsrechtliche Probleme aufwerfen und wäre daher nur selten erfolgversprechend. 


Tipp: 
Arbeitgeber müssen darauf achten, dass der anrechenbare Kaufpreis des zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagens in einer angemessener Relation sowohl zum Nettoeinkommen des jeweiligen Mitarbeiters steht als auch zu den bestehenden Unterhaltsverpflichtungen. Diese beiden Faktoren bestimmen die Höhe des individuellen Pfändungsfreibetrages.

Das bedeutet die Abkehr von der früher erprobten Praxis "Überlassung eines großen Dienstwagens anstelle einer Gehaltserhöhung".

Bei Überlassung eines überdimensionierten Dienstwagens zur privaten Nutzung sollte man in den Dienstwagenüberlassungsvertrag als "Notbremse" immer einen Widerrufsvorbehalt aufnehmen für den Fall, dass der geldwerte Vorteil den pfändbaren Betrag überschreiten sollte.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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