Rückforderung von Bank-Kosten und Kosten der Rechtsverfolgung

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MJH Rechtsanwälte, Rechtsanwalt Haas empfiehlt:

Vorsicht bei der (vorschnellen) Beauftragung eines Rechtsanwaltes (auch bei bestehender Rechtsschutzversicherung). Bereits die Kosten einer Erstberatungsgebühr (üblicherweise mindestens 226,10 € (ohne Auslagenpauschale) können aus wirtschaftlichen Gründen eine Rechtsverfolgung dann unsinnig machen, falls der Bankkunde diese Kosten selbst zu tragen hat und die Rückforderung von unzulässiger Weise seitens der Bank abgerechneten Kosten unter den Kosten einer Erstberatung liegt.

(Manche Rechtsanwaltskanzleien bieten insoweit eine kostenfreie Ersteinschätzung an. Dies ist aber nicht der Regelfall und führt ebenso häufig nur zu rechtsförmlichen Hinweisen wie den folgenden, ohne dass eine individuelle Sachbearbeitung erfolgt)

Auch unsere Kanzlei wird im Fall von Anfragen letztendlich auf den vorliegenden Artikel zu verweisen haben, zumal es aus arbeits-organisatorischen Gründen überhaupt nicht möglich ist die große Anzahl von Anfragen individuell kostenfrei in anderer Art und Weise zu beantworten.

Ob eine bestehende Rechtsschutzversicherung eine entsprechende Überprüfung durch einen Rechtsanwalt im gegebenen Fall finanziert, sollte der jeweilige Verbraucher ebenso, so meine gut gemeinte Empfehlung,  selbst bei seiner Rechtsschutzversicherung vor Beauftragung eines Anwalts in Erfahrung bringen. Dies, um sich nicht unliebsamen Kostenanfall ausgesetzt zu sehen, der seinen eigenen Bemühungen um Rückforderung angefallene Kosten entgegensteht.

Der Anlass dieses Hinweises:

Insbesondere Kunden von Postbank und Sparkassen aber auch die Bankkunden der anderen werden derzeit über die durchaus erfreuliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urt. 27.04.2021, Az. XI ZR 26/20) für Bankkunden darauf aufmerksam gemacht, dass möglicherweise unzulässigerweise abgerechnete Kosten für die Kontoführung zurückgefordert werden können.

Die Rückforderung unzulässiger Weise durch die Bank abgerechneter Gebühren soll nach diversen im Internet und in der Presse jedenfalls für die letzten 3 bzw. ggf. sogar 10 Jahre mit hohen Erfolgsaussichten dann betrieben werden können, wenn ein Bankkunde einer Einführung oder Erhöhung der Kosten für die Kontoführung etc. nicht aktiv zugestimmt hat.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband teilt am 02.06.2021 auf der Homepage Vebraucher-zentrale.de noch die Meinung mit, dass die Verjährung erst nach zehn Jahren eintreten sollte, äußert jedoch die Rechtsansicht:

  • Auf jeden Fall können Sie aber die Gebühren der letzten drei Jahre zurückfordern. Sie können also noch bis zum 31. Dezember 2021 Ansprüche bis mindestens einschließlich 2018 geltend machen.

Ob und inwieweit aus Sicht eines Bankkunden Anlass besteht sich gegenüber seiner Bank zu einer Rückforderung von Kontoführungsgebühren zu entscheiden und für welchen Zeitraum ist nach meiner Ansicht eine individuelle Entscheidung eines jeden Bankkunden.

 Zumal durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eindeutig festgelegt wurde, dass einseitige Schreiben einer Bank, die auf eine Einführung oder Erhöhung von Kosten hinauslaufen sollen, rechtsunwirksam sind, falls ein Kunde nicht widerspricht, bringen im Regelfall auch hohe Erfolgsaussichten für möglicherweise notwendige Klageverfahren.

Ob dies der einzelne Bankkunde für 10 oder 3 Jahre rückwirkend versucht ist Geschmackssache.

Ich empfehle im Zweifel jeden betroffenen Bankkunden über 10 Jahre zurück zu rechnen und nicht unbedingt von vorne herein den Zeitraum auf 3 Jahre einzuschränken.

Es ist einfacher von einer ggf. anfänglich zu hohen Forderung zu einem späteren Zeitpunkt, wenn eindeutige Rechtsprechung existiert, Abstriche zu machen, als zu wenig zu verlangen und sich dann aufgrund von ggf. anderen Umständen (Prozess- und Prozesskosten) später genötigt zu sehen von einer kleineren Forderung Abstriche zu machen.

Gleichzeitig ist dem jeweiligen Verbraucher zu empfehlen, sich zunächst tatsächlich selbstständig an seine Bank zuwenden und hierbei Muster-Schreiben zu verwenden, die zum Beispiel die Stiftung Warentest im Internet zum Herunterladen bereithält.

  • Letztendlich sollte nach meiner Meinung der Kunde selbst entweder

die unzulässigerweise berechneten Gebühren der Bank der letzten 10  Jahre oder zumindest der letzten 3 Jahre zusammen zu addieren (soweit er im Besitz entsprechender Kontoauszüge ab 2011 bis 2020  bzw. bei 3 Jahren eben den Zeitraum ab 2018-2020 und das laufende Jahr 2021ist) und um Erstattung innerhalb einer Frist setzen von 14 Tagen bitten, falls er urspr. ein kostenfreies Girokonto besaß. Dann kann er damit rechnen die später von der Bank ggf. in unzulässiger Weise eingeführten und berechneten Gebühren erstattet zu verlangen.

Oder, dies stellt sich mir als weitere zulässige Variante dar:

  • Der Kunde sollte seinen Anspruch auf Auskunft über die unzulässigerweise berechneten Gebühren der letzten

10 Jahre (also Zeitraum ab 2011 bis 2020 und das laufende Jahr 2021, oder

3 Jahre Jahre (also im Zeitraum ab 2018-2020 und für das laufende Jahr 2021)

pro Konto (also Girokonto, Wertpapierhandelsdepot oder Kreditvertrag) gegenüber der Bank unter Fristsetzung (14 Tage bis drei Wochen) geltend zu machen und insoweit ebenso fordern, dass sich der hieraus ergebende Rückforderungsbetrag seinem Girokonto gutgeschrieben werden soll.

Erst wenn die jeweilige Bank auf ein entsprechendes Anschreiben mit Schriftsätzen mit Fristsetzung nicht innerhalb der gesetzten Frist reagiert hat, gerät die Bank nämlich in Schuldnerverzug. Erst dann ist die jeweilige Bank oder Sparkasse gemäß § 286 BGB mit der entsprechenden Verpflichtung zur Auskunftserteilung bzw. Rückzahlung in Schuldnerverzug geraten. Erst wenn die Bank in Schuldnerverzug geraten ist, verstößt sie gegen eine vertragsmäßige Pflicht was zur Folge hat, dass auch im Regelfall etwaige Rechtsverfolgungskosten des Kunden, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts zum Entstehen gelangen gemäß § 249 BGB zu erstatten sind. Eine zu schnelle Beauftragung eines Rechtsanwalts kann also dazu führen, dass der Bankkunde auf seinen Kosten sitzen bleibt.

Was ist zu erwarten, falls ein Verbraucher selbst ein entsprechendes Anspruchs-Schreiben an die Bank versendet?

Die Banken werden, wie dies auch schon in Fällen des Widerrufs von Verbraucherkrediten der Fall gewesen ist, unter Berücksichtigung der zu erwartenden Flut von Anträgen voraussichtlich im Regelfall einer schriftlichen Eingabe um Fristverlängerung bitten und den Eingang entsprechende Anschreiben bestätigen.

Sollte nicht innerhalb der gesetzten Frist regiert werden, ist es empfehlenswert zum Anwalt zu gehen!

Fristabläufe:

Hier ist es wichtig für den Verbraucher zu wissen, dass die ihm zustehenden Ansprüche auf Rückforderung jeden Fall gem. § 195 ff BGB erst innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren ab dem Zeitpunkt der Kenntnis vom Anspruchsgrund und Anspruchsgegner verjähren, sodass nach meiner Ansicht erst mit Veröffentlichung des jetzigen Urteils die übliche Regelverjährungsfrist von 3 Jahren für Ansprüche im Zeitraum 2018-2020 grundsätzlich aufgrund der erst jetzt klarstellenden Rechtsprechung keinen Grund zur Eile besteht. Allerdings sollte der 31.12.2023 als mutmaßlicher Zeitpunkt für den Eintritt der Verjährung (für Rückforderungsansprüche der letzten 10 Kalenderjahre also 2011-2020, aber auch der letzten 3 Jahre2018 bis 2020) in sämtlichen Fällen auf keinen Fall übersehen werden. Ansprüche unzulässiger Kostenberechnung der Bank aus dem Kalenderjahr 2021 verjähren zum 31.12.2024.

Auf der anderen Seite sollte der jeweilige Bankkunde, welcher seine Forderungen geltend macht darauf achten, ob tatsächlich eine Regulierungsbereitschaft seiner Bank besteht oder nicht.

Verjährungsunterbrechung:

Ist dies nicht der Fall, ist es ebenso aus Kostengründen demjenigen Verbraucher ratsam, welche nicht über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, die er für den maßgeblichen Zeitraum von Vertragsverletzung abgeschlossen haben sollte, gegebenenfalls ein Ombudsmann-Verfahren, also ein schiedsgerichtliches Verfahren in die Wege zu leiten, um der Sache Nachdruck zu verleihen und eine Verjährungsunterbrechung laufender Verjährungsfristen herbeizuführen dies sollte für Ansprüche der letzten 10 bzw. 3 Jahre vor Ablauf der Verjährungsfrist am 31.12.2023 erledigen. Für Ansprüche aus 2021 bis spätestens zum 31.12.2024.

Auch hier sind mannigfache Erläuterungen im Internet für den jeweiligen Verbraucher über Verbraucherzentralen oder aber die Stiftung Warentest abrufbar.

Rechtschutzversicherung erst jetzt abschließen?

Die insoweit an mich gerichteten Anfrage

-ob der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung heute sinnvoll ist, die gegebenenfalls erst nach sechs Monaten nach dem Abschluss der Rechtschutzversicherung eintritt sinnvoll ist ?

 Beantworte ich wie folgt:

Das künftige Regulierungsverhalten von Rechtsschutzversicherung in Fällen der vorliegenden Art ist noch nicht absehbar. Einige Rechtsschutzversicherungen, die kulant sind, decken im Regelfall bereits die Kosten einer Erstberatung. Andere werden, soweit es um Vertragsverstöße der letzten drei Jahre geht und eine Rechtsschutzversicherung erst heute abgeschlossen wird argumentieren, dass eine Rechtsschutzversicherung nicht rückwirkend für die Vergangenheit abgeschlossen werden kann.

Wieder andere Rechtsschutzversicherungen werden gegebenenfalls argumentieren, dass eine echte Vertragsverletzung des Bankenvertrages und damit ein Rechtsschutzfall erst vorliegt, soweit berechtigten Auskunftsverlangen oder Rückforderungsforderungen des Bankkunden nicht durch die Bank oder Sparkasse Folge geleistet wird.

Da im letztgenannten Fall ein Vertragsverstoß der Bank dann erst in der Zukunft angenommen wird, also wenn der Bankkunde erfolglos versucht hat Rückzahlung oder Auskunft und Rückzahlung zu erhalten, ist es also möglich das der Abschluss einer Rechtschutzversicherung zum Zweck der späteren Rechtsverfolgung sinnvoll ist. Insoweit ist es aber auch in diesen Fällen für Bankkunden wichtig erst die Rechtsschutzversicherung abzuschließen und nach Ablauf der 6 Monatsfrist die Bank (selbst auf Auskunft und Rückzahlung in Anspruch zu nehmen).

Aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung von Versicherungsverträgen und unterschiedlichen Regulierungspraxis der unterschiedlichen Rechtsschutzversicherungen ist auch insoweit eine einheitliche Vorabprognose, welche Verhaltensweise einem Verbraucher garantiert, nicht unliebsame Kosten der Rechtsverfolgung bei Beauftragung eines Anwalts tragen zu müssen, nicht ermöglicht.

Auch aus diesem Grund halten wir im vorliegenden Fall es für die richtige Empfehlung, dass Verbraucher sich zunächst ohne anwaltliche unter Verwendung von Musteranschreiben an ihre jeweilige Bank oder Sparkasse wenden.

Rückforderung der Höhe nach:

Im Internet wird suggeriert, dass jeder Bankkunde immer alle Kosten zurückerstattet bekommt. Tatsächlich wird dies aber nur dann gegeben sein, wenn tatsächlich ein kostenfreies Konto geführt wurde und dann unzulässiger Weise sämtliche Kosten durch einseitige Schreiben der Bank eingeführt worden waren.

In anderen Fällen, in denen bereits ein Girokonto kostenpflichtig von vorneherein geführt wurde werden aber voraussichtlich lediglich nachfolgende unzulässige Gebührenerhöhungen zurückgefordert werden können. Denn wenn zu Beginn des Kontovertrages Gebühren vereinbart worden waren, wird diese zu bezahlen haben. In diesen Fällen und auch hier kommt es auf den Einzelfall an werden ggf. nur die einseitig nachträglich dem Bankkunden mitgeteilten Erhöhungen, die gelten sollten, wenn er nicht widerspricht zurückgefordert werden können.  Auch aus diesem Grunde empfehle ich betroffenen Kunden ein Auskunftsverlangen gegenüber der Bank über die unzulässig berechneten Gebühren im Zeitraum der letzten 10 Jahre zukommen zu lassen.

Schlusswort:

Für Banken und Sparkassen kommt die Entscheidung des Bundesgerichtshofes gegebenenfalls unerwartet. Tatsächlich hatten Banken und Sparkassen jahrzehntelang eine Praxis ähnlich wie Versicherungen, dass durch einseitige Anschreiben Vertragsänderungen durchgeführt wurden. Soweit dies im versicherungsvertragsrechtlichen Bereich grundsätzlich gesetzlich zulässig von der Rechtsprechung betrachtet wurde (Ausnahme hier: unzulässig die Erhöhung von privateb Krankenversicherungsbeiträgen soweit nicht ausreichend erläutert (vgl.: BGH, Urteile vom 16. Dezember 2020 – IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19, IV ZR 36/20).) hatten Banken gegebenenfalls auf eine weniger verbraucherfreundliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehofft.

Das also das Schweigen auf angekündigte Erhöhung der Entgelte für Kontoführungskosten etc. nicht wirksam zu einer rechtlichen Änderung führt und die Banken berechtigt dann die eingeführten oder erhöhten Kosten zu berechnen, kam ggf. unerwartet.

Unter Berücksichtigung der großen Anzahl von Fällen sollte sich somit auch der Verbraucher, der seine Rechte gegenüber seiner Bank geltend macht, welche sich nun mit einer Flut von Rückforderungs-Forderungen ausgesetzt sehen wird, klar sein, dass gegebenenfalls auch durchaus berechtigte Forderungen nicht so zeitnah zu Rückzahlungen führen würden, wie dies vom jeweiligen Verbraucher gewünscht wird.

Wir erteilen nach alledem in Fällen der vorliegenden Art keinen über die im vorliegenden Aufsatz erteilten Hinweise hinausgehenden Rechtsrat im Rahmen einer kostenfreien Ersteinschätzung-online.

Wir wünschen den Verbrauchern viel Erfolg und stehen selbst verständlich gerne dann für eine rechtliche Interessenvertretung zur Verfügung, soweit

  • Sie um rechtliche Vertretung bitten und die Bereitschaft besitzen die Kosten einer Erstberatung in Höhe von 226,10 € aufzuwenden, oder

aber

  • erfolgreich bei Ihrer Rechtsschutzversicherung eine Deckungsanfrage eingeholt haben.

Gerne können sich auch Kunden der Postbank oder Sparkasse an unsere Kanzlei, wenn

  • sie bereits selbst erfolglos versucht hatten, ihre Ansprüche auf Rückzahlung oder Auskunft geltend zu machen.

Da in diesem Fall die Gegenseite verpflichtet ist zum Entstehen gelangten Anwaltskosten gemäß § 286 BGB zu übernehmen, ist gerade in Fällen, in welchen die Rückforderung gegebenenfalls nur wenige 100 € beträgt voraussichtlich wirtschaftlich sinnvoller, als wenn der Mandant auf den Kosten , die er ohnehin mit Beauftragung dem Anwalt zu bezahlen hat droht  “sitzen zu bleiben“.


Foto(s): Martin Josef Haas

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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