Schadensersatz bei Spam-E-Mail

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Immer wieder gelangen Werbemails im Posteingang. Meist werden diese zwar ignoriert. Doch mittlerweile gibt es auch Gerichte, die dem Empfänger einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Spam-E-Mails zu sprechen.

AG Diez

Das AG Diez (Urt. v. 07.11.2018, Az. 8 C 130/18) befasste sich als erstes Gericht mit dieser Frage. Zwar äußerte es sich nicht genau dazu, wie schwer ein Verstoß gegen die DSGVO sein muss, damit ein Anspruch auf Schmerzensgeld besteht. Doch es führte aus, dass einerseits keine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung erforderlich sei, andererseits aber keine bloßen Bagatellverstöße genügen.

AG Hamburg-Bergedorf:

Kein Schaden bei Spam-E-Mail

Das AG Hamburg Bergedorf (Urt. v. 07.12.2020, Az. 410d 197/20) dagegen verneinte einen konkreten Schaden bei einer Werbemail an einen Rechtsanwalt. Zwar bestehe ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 S. 1 DSGVO. Art. 82 DSGVO erfordere einen materiellen oder aber immateriellen Schaden. Bei immateriellen Schäden seien die bei § 253 BGB entwickelten Grundsätze zu beachten. Das AG Hamburg-Bergedorf formuliert, es „reicht nicht bereits der Verstoß gegen die DSGVO selbst zur Begründung eines Schmerzensgeldanspruches (LG Hamburg, Urteil vom 04.09.2020 - 324 S 9/19)“. „Dabei sind bei der Bemessung des Schmerzens die Kriterien des Art. 83 Abs. 2 DSGVO heranzuziehen, also insbesondere die Art, Schwere und Dauer des Verstoßes (BeckOK DatenschutzR/Quaas, 34. Ed. 1.11.2020, DS-GVO Art. 82 Rn. 31). Es muss also eine objektiv benennbare Beeinträchtigung des Geschädigten vorliegen, die über den bloßen Ärger oder die individuell empfundene Unannehmlichkeit des Verstoßes hinausgeht, welche dann durch die Zahlung von Schmerzensgeld ausgeglichen werden muss (AG Frankfurt a. M. Urt. v. 10.7.2020 - 385 C 155/19 (70); LG Hamburg, Urteil vom 04.09.2020 - 324 S 9/19AG Hannover, Urteil vom 09.03.2020 - 531 C 10952/19LG Frankfurt/M., Urteil vom 18.09.2020 - 2-27 O 100/20LG Köln , Urteil vom 07.10.2020 - 28 O 71 /20)“.

Auch das AG Goslar (Urteil vom 27.07.2019, Az. 28 C 7/19) verneinte einen Schaden und damit auch den Schmerzensgeldanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO.

AG Pfaffenhofen a.d. Ilm: Schmerzensgeld i.H.v. 300€ wegen Spam-E-Mail

Das AG Pfaffenhofen a.d. Ilm (Az. 2 C 133/21) nahm einen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen einer Spam-Mail in Höhe von 300€ an. Das Gericht entschied, dass eine Datenschutzverletzung gegeben sei. Die Verwendung und Speicherung der Daten des Klägers sei ein Verstoß gegen die Rechtmäßigkeit der Datenerhebung.

Eine nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO und § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG erforderliche Einwilligung zur Datenverarbeitung wurde nicht erteilt. § 7 Abs. 1 UWG verbiete eine unzumutbare Belästigung von Marktteilnehmern durch Direktmarketing. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG regele die Fälle einer unzumutbaren Belästigung. Dies sei auch bei Werbung ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung der Fall. Eine Ausnahme nach § 7 Abs. 3 UWG sei nicht gegeben. Zudem wird eine Interessenabwägung durchgeführt und Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit.f) DSGVO als Rechtsgrundlage geprüft. Da der Kläger bisher in keiner Beziehung zum Beklagten stand überwiegen die Interessen des Klägers nach Ansicht des Gerichts. Auch die Informations- und Auskunftspflichten wurden nicht hinreichend erfüllt, Art. 14, 15 DSGVO. Der Kläger habe einen Anspruch aus Art. 82 DSGVO.

Schadensbegriff

Die europäische Auslegung hat einen weiten Schadensbegriff zugrunde gelegt, vgl. Erwägungsgrund 146. Das AG Pfaffenhofen bejahte einen Schaden aufgrund des „unguten Gefühls“. Es formulierte außerdem „unbefugte Datenverarbeitungen können zu einem Gefühl des Beobachtetwerdens und der Hilfslosigkeit führen, was die betroffenen Personen letztlich zu einem reinen Objekt der Datenverarbeitung degradiert.“ Zudem stuft Erwägungsgrund 75 einen persönlichen Kontrollverlust als Schaden ein.

Schadensersatz - Schadenshöhe

Das AG formulierte zudem, dass die Schadenshöhe nicht willkürlich festgelegt werden darf. Vielmehr seien Schwere und Dauer der Rechtsverletzung mit zu berücksichtigen. In die Bemessung der Schadenshöhe wurde vorliegend aber lediglich die erste Mail einbezogen.

Auf eine Erheblichkeitsschwelle komme es nicht an. Eine solche sei nicht in der DSGVO genannt. Die bisherige Rechtsprechung dagegen verlangte für einen Schadensersatzanspruch im Datenschutzrecht eine Überschreitung einer Erheblichkeitsschwelle.

Schadensersatz bejahende Urteile

Auch das LG Heidelberg (Urteil vom 16.3.2022, Az. 4 S 1/21) nahm einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 25€ an.

Das AG Bonn (Az. 109 C 142/17) hat am 09.11.2017 einen Anspruch auf Kostenerstattung von 480,20€ angenommen. Der Empfänger der Mail habe einen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren. Das sah auch das AG Ludwigshafen (Urteil vom 17.02.2006, Az. 2b C 509/05) so.

Das OLG Hamm (Urteil vom 25.11.2016, Az. 9 U 66/15) verurteilte den Absender nach Abgabe einer Unterlassungserklärung und dem weiteren Absenden einer Werbemail zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 3.000€.

Bundesverfassungsgericht 

Das BVerfG (Beschl. v. 14.01.2021, Az. 1 BVR 2853/19) hat entschieden, dass ein Gericht, dass einen Schadensersatzanspruch wegen Erheblichkeit ablehnt, eine Pflicht vor Vorlage vor dem EuGH hat.

Aussicht in die Zukunft

Die Rechtsprechung ist beim Thema Schadensersatz wegen einer Spam-E-Mail uneinheitlich. Hoffentlich wird der EuGH sich auch zum Thema Schadensersatzanspruch für immaterielle Schäden bei Datenschutzverletzungen äußern.

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